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Die Wanderhure

Titel: Die Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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doch noch einen kleinen Scherz erlauben dürfen!«
    Der Blick, mit dem er den Fremden beim Weggehen streifte, zeigte jedoch, dass dieser ihm nicht in einer dunklen Gasse begegnen sollte. Die drei übrigen Söldner folgten murrend ihrem Anführer.
    Hedwig klopfte sich den Schmutz von ihrem Rock und sah neugierig zu ihrem Retter auf. Er konnte höchstens fünfundzwanzig Jahre alt sein und hatte ein kantiges, aber sympathisches Gesicht mit einer scharf geschnittenen Nase und hellblauen Augen, die sie immer noch erstaunt und zweifelnd musterten. Hedwig merkte, dass sie ihn anstarrte, und besann sich auf ihr gutes Benehmen.
    »Ich danke Euch, Herr. Ihr habt mich aus einer sehr üblen Lage befreit.«
    Er streckte die Hand aus und fasste vorsichtig nach einem ihrer schweren Zöpfe. »Es war dumm von dir, Mädchen, allein hier draußen herumzulaufen.«
    Hedwig senkte den Kopf und starrte hilflos auf ihre Fußspitzen. »Da habt Ihr Recht. Aber ich konnte nicht auf dem direkten Weg in die Stadt zurückkehren, weil der fette Abt wieder hinter mir her war. Diesmal ist er mir bis zum Grab meiner Base gefolgt und hätte mir bestimmt Gewalt angetan, wenn ich nicht schnell genug weggerannt wäre.«
    Der Mann schnaubte verächtlich, während sein Blick unverwandtauf Hedwigs Gesicht ruhte. »Es treibt sich viel zu viel Gesindel in dieser Stadt herum. Ein Abt, sagst du?«
    »Ja, Hugo von Waldkron, der Abt des Klosters Waldkron …«
    Hedwig bemerkte, dass ihr Gegenüber mit den Gedanken ganz woanders war. Er hielt immer noch ihren Zopf fest, rieb sich mit seiner Rechten über die Stirn und schüttelte ein paarmal den Kopf. »Du bist einfach zu jung. Nein, du kannst nicht Marie sein. Aber du siehst ihr sehr ähnlich.«
    Hedwig sah überrascht auf. »Du kennst meine Base?«
    Die Augen des Fremden wurden groß. »Marie Schärerin ist deine Base? Dann wärst du ja Meister Momberts kleine Hedwig.«
    »Ja, ich bin Mombert Flühis Tochter.« Hedwig staunte nicht wenig, dass ein Wildfremder sie und ihre Familienverhältnisse kannte, und schämte sich gleichzeitig. Der Offizier musste sie für ein leichtfertiges Frauenzimmer halten.
    »Ich bin nicht unbedacht herumgelaufen, sondern wollte an Maries Grab auf dem Armenfriedhof beten. Heute ist doch ihr Geburts- und Tauftag.«
    Das Gesicht des Mannes verdüsterte sich. »Marie ist tot? Oh mein Gott!«
    Hedwig hob unsicher die Hände. »Wir wissen es nicht genau. Es handelt sich um das Grab ihres Vaters, der dort von unserem Feind heimlich beerdigt worden ist. Mein Vater hat später erfahren, dass sein Schwager dort ruht, und seitdem beten wir dort auch für das Seelenheil meiner verschollenen Base.«
    Der Blick des Mannes wurde so böse, dass Hedwig sich vor ihm zu fürchten begann. »Meister Matthis ist tot? Das war sicher auch die Schuld dieses Lumpenhunds von einem … Wann ist er gestorben?«
    »Das wissen wir nicht. Er ist direkt nach Maries Vertreibung verschwunden.«
    »Er hat also sein Unglück und die Schande seiner Tochter nichtüberlebt. Ich hoffe für seine Seele, dass er nicht Hand an sich selbst gelegt hat.« Es klang wie eine Frage.
    »Nein, gewiss nicht. Mein Vater ist der Ansicht, dass jemand nachgeholfen hat. Das dürfen wir zwar nicht laut sagen, aber …«
    Hedwig brach ab. Sie kannte den Mann nicht, und sie wusste, dass sie bestimmte Dinge keinem Fremden anvertrauen durfte. Im schlechtesten Fall war der Offizier ein Vertrauter von Magister Ruppertus, und wenn dem zu Ohren kam, was sie hier erzählte, würde es ihrem Vater übel ergehen.
    »Ich rede zu viel«, sagte sie. »Bitte lasst mich gehen, Herr. Zu Hause wird man mich schon vermissen.«
    Der Mann reichte ihr den Arm. »Ich begleite dich bis vor die Tür. Sonst kommen womöglich noch andere Kerle auf den Gedanken, die Situation auszunützen.«
    »Woher weiß ich, ob ich Euch vertrauen kann?«, fragte Hedwig. Der Mann lachte. »In meiner Begleitung bist du sicher. Schließlich habe ich dir schon als Kind die Nase geputzt.«
    Hedwig stemmte ihre kleinen Fäuste in die Hüften und funkelte ihn zornig an. »Du sagst die ganze Zeit, dass du mich und meinen Vater kennst, verrätst aber nicht, wer du bist.«
    »Ich bin Michel, der Sohn des Bierschenks Guntram Adler aus der Katzgasse.«
    Hedwig schob die Unterlippe nach vorne. »Das ist falsch. Der Bierschenk in der Katzgasse heißt Bruno Adler.«
    »Das ist mein älterer Bruder. Also lebt auch mein Vater nicht mehr.« Michel seufzte und horchte in sein Inneres, aber da kam keine

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