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Die Wanderhure

Titel: Die Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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hübscheste Frauenzimmer, das mir je begegnet ist.«
    »Ich lasse mich nicht mit jedem ein!« Marie versuchte, sich ihm zu entwinden, doch Michel ließ sie nicht los.
    »Stell dich nicht so an. Siehst du nicht, dass die Leute bereits gaffen?« Dabei lächelte er breit. »Du wirst mich jetzt auf deine Kammer mitnehmen, oder ich gehe schnurstracks zu Mombert und erzähle ihm von unserer Begegnung.«
    Marie hob die Nase und reckte das Kinn, um möglichst hochmütig auszusehen. »Pfui Teufel! Du bist ein elender Erpresser geworden. Und so etwas trägt die Offiziersuniform des Pfälzers! Also gut, du kannst mit mir kommen. Doch ich schwöre dir, ein Holzklotz wird dir mehr Leidenschaft zeigen als ich.«
    Michel gab ihr einen Klaps. »Das glaube ich nicht, denn ich gelte im Allgemeinen als guter Liebhaber.«
    Da er keine Anstalten machte, sie loszulassen, führte Marie ihn zu dem Haus am Ziegelgraben. Michel sah sich das Gebäude von außen an und steckte auch seine Nase in die unteren Räume, eheer sich von Marie in die Dachkammer führen ließ. Nachdem er die Einrichtung der Kammer begutachtet hatte, nickte er zufrieden. »Hier gefällt es mir. Ich glaube, ich werde öfter vorbeikommen.«
    »Was bildest du dir eigentlich ein? Ich werde dich nicht willkommen heißen.« Marie hätte ihn am liebsten hinausgeworfen, doch seine Drohung, ihren Onkel zu informieren, hielt sie zurück.
    Innerlich wand sie sich wie ein getretener Wurm. Verstand der Mann nicht, dass sie ihre Vergangenheit hinter sich gelassen hatte und seine Anwesenheit nur die Wunden ihrer Seele zum Bluten brachte? Oder legte er es darauf an, ihr zu zeigen, dass er jetzt der gesellschaftlich Höherstehende war und sie nur noch eine käufliche Ware? So sehr konnte sie ihn damals doch nicht beleidigt haben.
    Den Wirtsjungen Michel hatte sie recht gern gehabt, und sie erinnerte sich noch daran, wie traurig sie gewesen war, als ihr Vater ihr verboten hatte, mit ihm durch die Felder zu streifen. Wina hatte sie damals wochenlang im Haus eingesperrt und ihr erklärt, der Umgang mit einem solchen Jungen würde ihrem Ruf schaden und ihre Heiratsaussichten verringern. Daher hatte sie ihm niemals sagen können, warum sie sich nicht mehr mit ihm getroffen hatte, und jetzt war es dafür zu spät. Sie würde ihn bald abschütteln müssen, denn weder er noch ihre Verwandten durften das Ziel gefährden, für das sie die letzten fünf Jahre gelebt hatte: ihre Rache. Für einen flüchtigen Augenblick überlegte sie, ob Michel ihr einen Meuchelmörder besorgen konnte, aber nach einem Blick auf sein Gesicht verwarf sie diesen Gedanken sofort wieder. Michel war noch der gleiche ehrliche Tropf wie damals, und wenn sie ihn einweihte, würde er ihr höchstens in den Rücken fallen und alles tun, um sie vor sich selbst zu schützen.
    Kurz entschlossen zog sie ihr Kleid über den Kopf und legte sich nackt auf die Bettstatt. »Mach schnell. Ich habe nicht alle Zeit der Welt.«
    Michel hatte sich eigentlich nur mit Marie unterhalten und erfahren wollen, wie es ihr in den letzten fünf Jahren ergangen war. Aber als er sie vor sich liegen sah, konnte er der Versuchung nicht widerstehen. Er zog sich aus und legte sich zu ihr. Zu seiner Enttäuschung zog sie sich bei seiner zärtlichen Berührung in sich selbst zurück wie eine Schnecke in ihr Haus und ballte die Fäuste. Jetzt ärgerte er sich doch über sie. Die Frau hatte gewiss mit mehr Männern geschlafen, als das Heer des Pfälzers Köpfe zählte. Warum machte sie jetzt bei ihm so ein Theater?
    Er wälzte sich auf sie, spürte, wie sie gehorsam die Beine spreizte, und strich mit den Innenflächen seiner Hände über ihre Brustwarzen. Die rosigen Knospen richteten sich auf, doch Maries Gesicht blieb eine Maske aus Stein.
    »Na, dann halt nicht. Wenn du dich wie eine Hure benehmen willst, dann behandele ich dich auch so.«
    Michel wartete einen Augenblick, ob die Drohung wirkte. Als junger Bursche hatte er nachts von ihr geträumt und alles dafür tun wollen, sie zu seiner Frau zu machen. Doch er hatte nicht die geringsten Aussichten gehabt, die Tochter eines angesehenen Handelsherrn freien zu dürfen. Nach ihrer Vertreibung aus Konstanz hatte er gehofft, sich seinen Traum erfüllen zu können, und überall, wo er hinkam, nach ihr Ausschau gehalten. Nach drei Jahren hatte er enttäuscht aufgegeben und nur noch selten an sie gedacht. Erst die Begegnung mit Hedwig hatte ihn wieder an sie erinnert, und jetzt lag sie unter ihm, so bereitwillig,

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