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Die Wanderhure

Titel: Die Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Boden bedeckten, nur fühlen und riechen.
    Oswald von Wolkenstein schien das alles nicht zu stören, denn seine Hände glitten über ihren Körper, und er zog ihr mit scheinbar oft geübten Bewegungen das Kleid aus. Dann riss er mit einem Griff die Ölhaut aus dem Fenster und legte Marie so hin, dass ihr Kopf und ihre Brust von einigen fahlen Sonnenstrahlen umspielt wurden. Er warf sich nicht sofort auf sie, wie es die meisten Freier taten, sondern setzte sich neben sie und hob das hängende Lid mit der Rechten, um sie mit beiden Augen bewundern zu können.
    »Du bist wunderschön, Frau. Ich glaube nicht, dass es unter all den Huren, die den Weg nach Konstanz gefunden haben, auch nur eine gibt, die dich an Anmut übertrifft. Wäre ich ein reicher Mann, würde ich dich in meinem eigenen Haus einquartieren und dich zu meiner Mätresse machen.«
    Marie berührte die goldenen Stickereien an seinem Wams. »Für einen armen Mann steckt Ihr in einer prächtigen Hülle.«
    »Wer am Hofe des Kaisers etwas gelten will, darf bei der Kleidung nicht geizen«, antwortete Wolkenstein lachend.
    Er zog sein Wams aus, öffnete das Hemd und rückte näher, um sie zu streicheln. Mit den Fingern zog er die Formen ihres Körpers nach und begann, in kurzen, gefühlvollen Versen den Schwung ihrer Hüften, die festen Brüste mit ihren rosigen Spitzen und das kleine, blond gelockte Dreieck zwischen ihrenSchenkeln zu preisen. Es war, als berausche er sich mehr an seinen Worten als an der Vorfreude, sie besitzen zu können. Erst nach einer Weile zog er sich ganz aus und legte sich langsam und mit sichtlichem Genuss auf Marie. Dann überkam ihn die Leidenschaft, und für eine kurze Zeit benahm er sich nicht anders als andere Männer. Als er fertig war, stand er jedoch nicht sofort auf, sondern blieb eng an sie gepresst liegen und flüsterte ihr gezierte Verse über die Liebe ins Ohr.
    Im Allgemeinen mochten Huren Männer nicht besonders, die nach vollbrachtem Akt wie Kletten an ihnen hängen blieben und so ihren Verdienst schmälerten. An diesem Tag war Marie jedoch nicht an weiteren Kunden interessiert, sondern genoss die in Verse gefasste Anbetung ihrer Schönheit. Sie fragte sich, ob die Männer in der Ehe ähnliche Worte fanden, um ihren Frauen für die Freuden der Nacht zu danken.

VI.
    I n den nächsten zwei Tagen verwandelten die rührigen Hände der drei Frauen das kleine Haus in ein gemütliches Heim. Sie trugen den Schmutz und die alten Binsen schaufelweise hinaus, verbrannten die alten Strohsäcke und behandelten die Holzfußböden mit Seife und Bimsstein, bis sie glänzten.
    Da es in Konstanz alles zu kaufen gab, was zu einem Hausstand gehörte, besorgten sie sich zu horrenden Preisen auch einfache, aber stabile Bettgestelle, in die sie mit Haferstroh gefüllte Leinensäcke legten. Drei verschließbare Truhen, ein Tisch mit drei Hockern und neues Koch- und Essgeschirr ergänzten die Einrichtung. Zuletzt schmückten sie die Wände mit wollenen Tüchern und breiteten frische Binsen auf den Böden aus, die sie mit duftenden Blütenblättern und Kräutern vermischt hatten. Als sie fertig waren, sahen sich die dreizufrieden an und beglückwünschten sich zu ihrem neuen Zuhause.
    Marie ließ sich auf Kordulas Bett fallen. »Hier werden sich auch die ganz hohen Herren so wohl fühlen, dass sie gerne wiederkommen.«
    Kordula ließ die Schultern sinken. »Das ist auch notwendig. Wegen der Schulden, die ich bei euch habe, werde ich Madeleines Preise wohl verdoppeln müssen.«
    Marie winkte lachend ab. »Wir konnten dich ja schlecht auf dem Fußboden schlafen lassen.«
    Hiltrud verstand Kordula besser als Marie. »Darüber haben wir doch schon gesprochen. Bei einem Bordellwirt hättest du einen höheren Einstand zahlen müssen und könntest lange nicht so viel einnehmen wie auf eigene Rechnung. Also wirst du uns das Geld bald zurückgezahlt haben. Hörst du? Da klopft schon wieder ein Kunde.«
    Zu Kordulas Enttäuschung war es Oswald von Wolkenstein, der Marie sofort in ihr Dachstübchen entführte und seufzend den verlangten Preis zahlte. Er revanchierte sich dafür mit einem Spottlied auf die in Konstanz versammelten Huren und seinen nicht weniger gierigen Herbergswirt, der für einen Krug Wein mehr Geld verlangte als anderswo ein Winzer für ein ganzes Fass, mit dem er bereits den Kaiser und andere hohe Herren erfreut hatte. Auch diesmal blieb er nach dem Akt wieder neben ihr liegen und machte weitere Verse, in denen er die höheren Kreise

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