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Die Wanderhure

Titel: Die Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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genug, nachzufragen. »Gab es für dieses Rheinsobern denn keinen Erben, der Anspruch darauf erheben konnte?«
    »Die Grafen Keilburg haben viele Ländereien mit Gewalt zusammengeräubert und selbst oder mit Hilfe des Bastards Ruppert und seiner Spießgesellen dafür gesorgt, dass es keine Erben mehr gab, die ihm den Besitz streitig machen konnten. Wir hatten bisher noch Glück gehabt, aber ohne den Schutz des Grafen von Württemberg wären wir früher oder später ebenfalls der Gier des Keilburgers zum Opfer gefallen. Graf Eberhard hat übrigens die Keilburg mit all ihren Liegenschaften zugesprochen bekommen, Bernhard von Baden erhielt drei Dörfer im Schwarzwald und ein Städtchen am Rhein. Selbst der Kaiser hat drei Herrschaften beansprucht, um treue Gefolgsleute belehnen zu können.«
    Frau Mechthild begann zu kichern. »Der Einzige, der leer ausging, war Friedrich von Tirol, aus Strafe für seine Empörung gegen den Kaiser. Eberhard von Württemberg und Bernhard von Baden vermochten Herrn Sigismund davon zu überzeugen, dass der Einfluss der Habsburger in dieser Gegend andernfalls so groß geworden wäre. Man hätte ihnen den Herzoghut von Schwaben nicht mehr verweigern können. Da die Habsburgersippe dem Kaiser bereits zu mächtig geworden ist, hat er Friedrich als nachträgliche Strafe von der Verteilung der Keilburger Ländereien ausgeschlossen.«
    Frau Mechthild berichtete Marie, dass Konrad von Keilburg bereits verurteilt und durch das Schwert hingerichtet worden sei,ebenso Hugo von Waldkron, dessen Todesurteil einige Kirchenfürsten lieber in Klosterhaft umgewandelt hätten. Aber der Kaiser war wegen der Verbindung des Abtes zu den Keilburgern hart geblieben. Dann zählte sie auf, wer noch von dem Nachlass Konrads von Keilburg profitiert hatte und wie die Ländereien, die Abt Hugo von Waldkron an sich gerissen hatte, verteilt worden waren. Marie verlor bald das Interesse daran, wem nun welche Burg und wem dieser und jener Ort zugesprochen worden war. Sie blickte versonnen zum Kutschenfenster hinaus und fragte sich, wie sich ihr Leben an Michels Seite gestalten würde. Sie kam jedoch nicht dazu, den Gedanken auszuspinnen, denn der Wagen fuhr gerade über die Marktstätte und bog in die schmale Gasse unter den Säulen ein, die zum Obermarkt führte.
    »Wo bringt Ihr mich hin, Frau Mechthild?«
    Die Burgherrin von Arnstein lächelte ihr begütigend zu. »Ich denke, du freust dich, deine Verwandten wiederzusehen.«
    Marie fiel jetzt erst auf, dass sie über der Ausführung ihrer Pläne und der Wut, eingesperrt und von dem Prozess ausgeschlossen worden zu sein, kein einziges Mal mehr an ihren Onkel gedacht hatte. Wie es aussah, war es ihr mit der Anklage gegen Ruppert auch gelungen, ihn und seine Frau vor einer Verurteilung wegen Mordes zu bewahren. Plötzlich stiegen ihr Tränen der Erleichterung in die Augen, und sie konnte es kaum erwarten, bis der Wagen an der Einmündung der Hundsgasse hielt. Frau Mechthild sah lächelnd zu, wie sie aus der Kutsche sprang, die Gasse hinunterrannte und das Tor zu Momberts Hof öffnete.
    Nur wenige Herzschläge später trat Marie atemlos in die gute Stube und fand dort ihre Verwandten versammelt. Wie es aussah, hatte man Mombert und dessen Frau erst an diesem Tag freigelassen, denn sie schienen die überraschende Wendung ihres Schicksals noch nicht begreifen zu können. Beide wirkten blass und waren stark abgemagert. Unter dem Marienbild hielt die alte Wina Hedwig fest umschlugen, so als wolle siedas Mädchen nie mehr loslassen. Wilmar stand neben der Tür, trat von einem Fuß auf den anderen und starrte seinen Meister ängstlich an. Als Marie ihm aufmunternd zunickte, atmete er tief durch.
    Mombert stand auf und kam seiner Nichte entgegen. Er versuchte zu sprechen, bekam jedoch einen Weinkrampf, der, seinen geröteten Augen nach zu urteilen, nicht der erste an diesem Tag war. Schließlich klammerte er sich an Marie fest und barg sein Gesicht wie ein Kind an ihrer Schulter.
    »Was für eine Freude, dich zu sehen.« Er war kaum zu verstehen. »Gott hat dich uns geschickt, Marie. Ohne dich wären mein armes Weib und ich zu Tode geschunden und meine Hedwig die Sklavin eines perversen Schuftes geworden. Du hast uns alle gerettet.«
    Marie warf einen kurzen Blick zu Wilmar und schüttelte lächelnd den Kopf. »Du solltest dich nicht allein bei mir bedanken, Onkel Mombert, sondern auch bei Wilmar. Hätte er Hedwig nicht befreit und Melcher nicht gefunden, hätte ich nicht viel

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