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Die Wanderhure

Titel: Die Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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nahm es ihr ab und strich mit der Daumenkuppe über die Schneide. Sie spürte die Scharten, die sie hineingebracht hatte,weil sie manchmal statt des Holzes einen Stein getroffen hatte, und nahm sich vor, sie so bald wie möglich zu schärfen.
    Gerlind warf einen besorgten Blick auf den Busch, hinter dem Berta mit dem Fuhrknecht verschwunden war. »Die beiden könnten langsam fertig werden. Nicht, dass der Kerl ihr etwas angetan hat. Ich sehe besser mal nach.«
    Sie kam jedoch nicht dazu, denn das Tor der Herberge schwang erneut auf. Im Schein einer Laterne waren zwei Männer zu erkennen, die zögernd auf die Frauen zukamen. Seiner Kleidung nach musste der Ältere ein wohlhabender Kaufmann sein, denn er trug einen pelzbesetzten Mantel und eine Mütze aus Biberfell. Sein Begleiter war ein schmales Bürschchen, das eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Älteren aufwies und sich wie ein verängstigtes Kind an ihn klammerte.
    Der Kaufmann hob die Laterne und leuchtete den Frauen ins Gesicht. »Ein ganzes Nest voll Hübschlerinnen. Genau das, was ich brauche.«
    Gerlind nickte gleichmütig und wollte etwas sagen, aber der Mann verzog sofort das Gesicht.
    »Du nicht, Alte. Ich will eine junge Vollblutstute, die meinem Sohn das beibringt, was er in seiner Hochzeitsnacht können muss.«
    Auf einen Wink Gerlinds stand Fita auf. »Ich wäre dazu bereit. Wenn Ihr ein paar Augenblicke warten wollt, schlage ich mein Zelt auf …«
    »In so einer lauen Nacht wie heute wird der Bengel sich schon nicht den Hintern verkühlen«, spottete der Mann und stieß seinen Sohn auf Fita zu. »Gib dir Mühe, Hure. Er soll merken, wie gut es tut, verheiratet zu sein. Sonst macht er sich auch noch vor seiner Zukünftigen zum Narren.«
    Es war nicht zu erkennen, wer unglücklicher aussah, Fita oder der Junge, der kaum siebzehn Jahre zählen konnte. Fita nahm ihn bei der Hand und redete leise auf ihn ein, während sie ihn zwischentief hängenden Tannenzweigen hindurchschob. Einen Augenblick sah es so aus, als wollte der Vater ihnen folgen, doch dann blieb sein Auge auf Marie haften.
    »Meinen Lenden könnte ich auch ein wenig Entspannung gönnen. Komm mit, Hure!«
    Marie wich zurück und machte sich ganz klein. Der Mann schnaubte zornig und trat einen Schritt auf sie zu, als wolle er sie auf die Beine zerren.
    Hiltrud hielt ihn auf. »Meine Freundin kann zurzeit nicht arbeiten. Sie ist krank.«
    Der Mann wich zurück und blickte besorgt zu den Bäumen hinüber, hinter denen Fita mit seinem Sohn verschwunden war.
    Hiltrud beruhigte den Kaufherrn. »Keine Sorge, es ist nichts Ansteckendes. Meine Freundin hat sich nur verletzt. Vielleicht nimmt der Herr mit meinen Diensten vorlieb.« Sie beugte sich dabei vor und ließ ihn einen tiefen Blick in ihre Bluse tun.
    Der Mann besann sich einen Augenblick, zog dann seinen Mantel aus, faltete ihn pedantisch zusammen und hängte ihn über einen starken Ast. »Komm, Hure. Meine Hose ist zum Bersten gefüllt.«
    Hiltrud antwortete etwas, das ihn zum Lachen reizte. Dann verschwand auch das dritte Paar in den Büschen.
    Gerlind sah ihnen nach und spuckte ins Feuer. »Was für ein unangenehmer Mensch. Als wohlhabender Bürger glaubt er, mit uns umgehen zu dürfen, wie es ihm beliebt.«
    Marie nickte bedrückt. »Er benimmt sich, als wären wir sein Eigentum.«
    »Wäre es so, würde er uns achtsam behandeln. Aber er nimmt unsere Gegenwart nur wahr, wenn sein Hosenlatz ihm zu eng wird. Ansonsten rümpft er angewidert die Nase und gibt vor, so etwas wie uns nicht zu kennen.« Gerlind ahmte den Tonfall des Mannes so treffend nach, dass Marie trotz der bitteren Aussage ihrer Worte lachen musste.
    »Ich hoffe, er zahlt wenigstens gut.« Noch während sie es sagte, schämte Marie sich vor sich selbst. Sie redete ja schon so vulgär wie Berta. Wenn sie noch lange bei diesen Frauen blieb, würde sie bald ebenso geldgierig und verdorben sein wie die dickliche Hure.
    Kurz darauf kam Berta zum Feuer zurück. Sie wirkte atemlos und sah zerzaust aus. Als sie in den Schein des Lagerfeuers trat und in ihre Hand blicke, fuhr sie wütend auf. »So ein Lumpenhund! Rammelt wie ein verrückt gewordenes Kaninchen auf mir herum und betrügt mich um den vereinbarten Preis.«
    Gerlind sagte trocken: »Du hättest dir das Geld vorher geben lassen sollen.«
    »Er hat mir die Münzen ja gezeigt. Aber in der Dunkelheit konnte ich nicht sehen, dass er mir statt der ausgehandelten Regensburger Pfennige minderwertige Haller untergejubelt

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