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Die Wanderhure

Titel: Die Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Ziegenhirt war jedoch damit zufrieden.
    Während Hiltruds Blick nachdenklich umherwanderte, richtete er sich auf und betrachtete ihre Brüste, die trotz ihrer Größe noch fest waren. »Du bist wunderschön.«
    »Marie ist schön«, widersprach Hiltrud. »Ich bin gerade mal annehmbar.«
    »Du stellst dein Licht unter den Scheffel«, tadelte Thomas sie sanft. »Für mich bist du die schönste Frau der Welt, und ich werde sehr traurig sein, wenn du mich verlässt.«
    »Ich bin keine Frau, in die ein Mann wie du sich verlieben sollte.Selbst jetzt nehme ich es mit der Treue nicht allzu genau, wie du weißt.«
    »Du gehst nur deinem Broterwerb nach, genauso, wie ich die Ziegen hüten muss.«
    Thomas’ Stimme streichelte sie sanft wie ein Frühlingswind, und Hiltrud musste daran denken, wie schön sie es hier haben könnte, wenn ihre Sorgen wegen Marie nicht wären. Der Ziegenhirt schien ihre Gedanken zu spüren, denn er zog die Decke über sie und strich ihr über die Wange.
    »Was bedrückt dich eigentlich so?«
    »Ach, es ist nur Marie. Warum kann sie nicht mit dem Augenblick zufrieden sein, so wie wir beide? Sie denkt immer nur an den Mann, der ihr Leben zerstört hat, und wie sie sich an ihm rächen kann. Dabei könnte sie genauso gut eine Hand voll Schnee in die Sonne werfen, um sie zum Erlöschen zu bringen.«
    Thomas lächelte versonnen. »Manchmal reicht eine Hand voll Schnee, um ein Feuer zu ersticken.«
    Hiltrud schüttelte empört den Kopf. »Rede du ihr bei ihren Dummheiten nicht auch noch zu.«
    »Ich werde nichts dergleichen tun. Aber du solltest sie warnen. Die Leute reden schon darüber, dass sie sich jedes Mal in den großen Saal schleicht, wenn die Herren dort zusammensitzen. Falls das Frau Mechthild zu Ohren kommt, wird man deine Freundin für eine Spionin halten und im Turmverlies einsperren. Versprich mir, dass du auf sie Acht gibst. Sie hat in ihrem Leben schon zu viel Leid ertragen müssen.«
    Hiltrud sah ihn verblüfft an. »Woher weißt du das? Ich habe dir doch nichts über sie erzählt.«
    »Ich habe durch ihre Augen geblickt und den Schmerz in ihrer Seele gesehen«, sagte Thomas schlicht.
    »Ich werde auf sie aufpassen«, versprach Hiltrud und kuschelte sich enger an ihn.
    Als sie einige Zeit später Thomas’ Kammer verließ, war sie festentschlossen, Marie gründlich den Kopf zu waschen. Aber dann sah sie, dass die Gäste und ihr Gefolge sich zum Aufbruch bereitmachten, und atmete erleichtert auf. Jetzt brauchte sie keine Angst mehr um ihre Freundin zu haben.
    Obwohl die Herren sich lärmend und scheinbar herzlich von Ritter Dietmar verabschiedeten, wirkten ihre Gesichter verkniffen. Die Gräben zwischen den Nachbarn schienen trotz der Gefahr, in der sie alle schwebten, noch tiefer geworden zu sein. Hiltrud blickte den Reitern nach, bis sie den inneren Zwinger verlassen hatten, und schickte ihnen innerlich drei Kreuze hinterher. Das Gesinde, das dem Abzug der Gäste zugesehen hatte, schien ebenso erleichtert zu sein, denn sie flüsterten sich boshafte Abschiedsgrüße zu, die sie einigen der Herren zu gern lauthals nachgerufen hätten.
    Frau Mechthild, die in einem grünen Gewand unter der Tür zum Wohnturm stand, lachte wie befreit auf. Sie hatte in diesen Tagen alle Hände voll zu tun gehabt, ihren Gatten und seine hitzköpfigen Freunde von Taten abzuhalten, die mit Sicherheit zu einem bösen Ende geführt hätten. Mit roher Gewalt, wie Hartmut von Treilenburg und Rumold von Bürggen es vorgeschlagen hatten, war eine Fehde mit dem Keilburger nicht zu gewinnen. Damit hätten sie nur die Burgherren in der Umgebung gegen sich aufgebracht, denn Kämpfe störten den Handel und verringerten die Einnahmen.
    Mechthild winkte lächelnd ihrem Gatten zu, der seinen Gästen ein Stück das Geleit gegeben hatte und nun missmutig zurückkehrte.
    Als er abstieg, eilte sie ihm entgegen und drückte seine Hand gegen ihre Wange. »Ich weiß ja, dass Verbündete wichtig sind, und doch bin ich froh, unsere Burg jetzt wieder für uns zu haben. Auf die Dauer waren unsere Nachbarn doch ein wenig anstrengend.« Dietmar entzog ihr die Hand und warf einem Stallknecht die Zügel zu. Dann starrte er sie mit einer Mischung aus Wut undVerzweiflung an. »In deren Augen bin ich ein Feigling, weil ich mir mein Recht nicht mit blanker Faust holen will.«
    »Ein Recht, das man sich mit der Faust holt, ist Faustrecht«, tadelte Frau Mechthild ihn sanft. »Gegen den Keilburger Grafen haben wir nur dann eine Chance, wenn wir

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