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Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karolina Halbach
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Schafe prächtig, nicht wahr, Frau Kunigund«, plapperte Berta munter. Die Burgherrin nickte höflich, wandte sich dann aber ab.
    Berta richtete sich nun an die Schwestern und prahlte: »Das ganze Land hier gehört meinem Vater. Wir haben nicht nur diese Schafe, sondern auch eine stattliche Herde mit Kühen, und die hörigen Bauern können auf ihren Feldern Weizen anbauen. Wir ernten so viel, dass wir ihn sogar nach Regensburg verkaufen.«
    Der letzte Satz war an Arigund gerichtet, doch die hatte gar nicht zugehört. Die Erlebnisse der Nacht gingen ihr einfach nicht aus dem Kopf und machten sie einsilbig. Nicht einmal Reimars Anblick, der scheinbar zufällig die Sänfte passierte und sie vom Pferd herab anlächelte, konnte sie auf andere Gedanken bringen. Erst als die Zeltlager in Sicht kamen, war es Arigund, als kehrte sie ins Leben zurück. Vor ihr lag eine kleine, quirlige Stadt, in der es geschäftig wie auf einem Markt zuging. Bunte Fahnen flatterten vor den Unterkünften, das Hämmern der Schmiede und geschäftige Rufen der Händler erfüllte die Luft. Pferde in vornehmen Geschirren mit nagelneuen Schabracken und Lederriemen standen angebunden vor den Zelten und schnaubten aufgeregt. Eustancia gab winzige Schreie des Entzückens von sich, wenn sie ein bekanntes Banner erspäht hatte oder einen besonders angesehenen Gast zu erkennen glaubte. Zahlreiche Gaukler, Feuerspucker, Akrobaten und Spielleute tummelten sich auf den Freiflächen zwischen den Zelten. Arigund entdeckte sogar eine Bühne, auf der Schauspieler in bunten Kostümen die Umstehenden belustigten. Die Heilsburg, ein mächtiges Gebäude aus grauem Granitstein, ragte hoch über der Auwiese, die man zum Turnierplatz erkoren hatte, auf. Sie thronte wie ein Habichtshorst auf einem Felsen und erlaubte gewiss einen spektakulären Blick über die dazugehörigen Ländereien.
    Herr Reimar ließ anhalten und entsandte Boten, die ihre Ankunft ankündigten. Arigund wusste von Magdalena, dass der Brennberger davon ausging, als Gast auf der Burg untergebracht zu werden. Die Mädchen nutzten die Wartezeit, um sich die Beine zu vertreten. Als die Boten schließlich zurückkehrten, wurden nur Berta und Frau Kunigund mit der Sänfte zur Burg geschickt. Die restliche Reisegesellschaft sollte – wie die anderen – auf der Wiese ihr Lager aufschlagen. Es habe sich »hoher Besuch« angekündigt, dem Vernehmen nach ein Verwandter des Herzogs, dem man die wenigen Gemächer auf der Burg zur Verfügung stellen müsse. Aber es sollte dem Nachbarn zum Ausgleich ein bevorzugter Platz in der Zeltstadt zugewiesen werden. Ein Ritter des Herrn von Eckmühl würde ihnen die Örtlichkeit zeigen. Arigund war eigentlich erleichtert, nicht schon wieder hinter Burgmauern eingesperrt zu werden, und die Zeltstadt war ja fast wie eine richtige Stadt. Im Grunde fehlten nur die Mauern. Die Kaufmannstochter sah sich um. Das gesamte Lager brodelte vor Leben. Ihre Augen begannen zu leuchten. Das war ja fast wie in Regensburg. Jemand brüllte ihr zu, sie solle den Weg für irgendeinen Ritter freimachen. Rasch hüpfte sie zur Seite und rettete sich zwischen den Pfützen auf eine trockene Stelle. Zwei Reiter in voller Rüstung sprengten an ihr vorüber. Die Hufe ihrer Pferde klatschten durch die riesigen Pfützen, und das Wasser stieb in weitem Bogen. Eines der Pferde kam ins Rutschen. Der Reiter machte wilde Verrenkungen, um nicht herunterzustürzen. Arigund lachte herzlich. Unvermutet war Reimar an ihrer Seite und hauchte ihr einen heimlichen Kuss auf den Nacken. Ein heißer Schauer jagte über Arigunds Rücken.
    »Nun, ich sehe, meine Rose«, flüsterte er von hinten in ihr Ohr, »das bunte Treiben muntert dich auf.«
    »In der Tat«, bestätigte das Mädchen. »Das Spektakel und die Sonne vertreiben alle dunklen Gedanken. Ich bin froh, dass du mich überredet hast mitzukommen.«
    »Würdest du gerne in meiner Begleitung ein wenig durchs Lager streifen?«
    Reimar reichte ihr würdevoll seinen Arm. Arigund zögerte. War das schicklich?
    »Ich werde ritterlich sämtliche Ungeheuer von dir fernhalten, falls eines die Dreistigkeit besitzt, dich erschrecken zu wollen, fliegende, kriechende, krabbelnde, ganz egal.«
    Reimars Augen blitzten schelmisch. Er hatte also von Arigunds Abenteuer erfahren. Vermutlich amüsierte sich bereits die gesamte Reisegesellschaft darüber. Was soll’s! Sie würde sich das Fest davon nicht verderben lassen. Launig legte sie ihre Hand auf Reimars Arm und erwiderte:

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