Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)
Familie zu adeln, und ich habe dir diese Chance verschafft.«
»Dann gib mir Reimar«, flehte das Mädchen. »Bitte! Wirtho hasst mich. Er wird mich eher umbringen als heiraten.«
Die Festgesellschaft begann sich zu erheben, und erste Gratulanten schlenderten zu den beiden Regensburgern herüber. Auch Arigunds Vater stand auf, doch noch einmal flüsterte er ihr zu: »Ein DeCapella steht zu seinem Wort. Du bist meine Tochter und wirst dich fügen.«
Dann lächelte er in die Menge, während er Arigund am Arm mit sich zog. Wirtho kam mit hochrotem Gesicht zu ihnen herüber. Sein Vater stürzte hinterher. Arigund duckte sich mehr, als dass sie knickste. Wirtho packte sie am Arm und zerrte sie mit sich.
»Schlange!«, zischte er in ihr Ohr. »Glaubst du, du könntest dich so in mein Bett hineinschleichen! Du wirst niemals Herrin von Brennberg. Das lass dir gesagt sein!«
K APITEL 17
M AI 1269
»Wie schön Ihr seid!«, lobte die Zofe. Es war nicht Annelies, die Arigund das Hochzeitsgewand anlegte. Da heute auch deren Vermählung mit Matthias stattfand, hatte der Herr DeCapella ihr freigegeben. Stattdessen hatte Frau Kunigund ihre eigene Zofe geschickt, eine erfahrene Frau, die schon viele Jahre bei den Brennbergern diente. Trotzdem sah Arigund sie heute zum ersten Mal. Ohne Freude ließ sich das Mädchen zurechtmachen, so freudlos, wie auch die Tage seit dem Turnier verstrichen waren.
Sie war nach dem Ritterfest nicht nach Brennberg zurückgekehrt. Ihr Vater war der Meinung gewesen, es zieme sich nicht, dass die jungen Leute sich während der Verlobungszeit im selben Hause aufhielten. Das führe nur zu Gerede. Zudem könne Pater David Arigund auf diese Weise noch auf ihre zukünftige Aufgabe als Burgherrin vorbereiten. Auch für Annelies’ Ruf wäre das besser, argumentierte der Herr DeCapella. Der habe schon mehr als genug gelitten und es sei nicht Art des Hauses, eine unverheiratete Zofe mit dickem Bauch in Diensten zu haben. Annelies war bei dieser Bemerkung dunkelrot geworden, erwiderte aber nichts. So fügten sich beide Mädchen Was half es schon zu rebellieren? Es fragte sie ja doch niemand nach ihrer Meinung. Zu Hause hieß sie – abgesehen von Magda, dem Küchenmädchen – niemand wirklich willkommen. Der neuen Hausherrin war es inzwischen gelungen, fast das gesamte Gesinde auszutauschen. Selbst die Köchin hatte die Stellung wechseln müssen. Sie schwang nun im Hause Zandt den Kochlöffel. Magda wirkte so eingeschüchtert, dass sie sich – wenn überhaupt – nur flüsternd äußerte und Annelies sogar anflehte, sie mit nach Brennberg zu nehmen. Die aber schüttelte nur traurig den Kopf.
Arigund und Annelies ertrugen gemeinsam die Sticheleien der Thundorferin und träumten von besseren Tagen, während sie bang dem Mai entgegensahen, der ihre Leben für immer umkrempeln würde. Viel lachten die beiden nicht mehr miteinander. Nur ein einziges Mal war es aus ihnen herausgebrochen, nämlich, als Arigunds Stiefmutter den Versuch unternahm, ihre Stieftochter auf die Ereignisse in der Hochzeitsnacht vorzubereiten. Katharina war der Mund offen stehen geblieben, als das Mädchen lediglich sagte, sie habe auf Burg Brennberg oft genug zugesehen, wie die Stuten zum Hengst gebracht wurden, und so groß könne der Unterschied ja kaum sein. Sie erwarte allerdings nicht, dass Wirthos Gemächt dem seines Hengstes entspräche. Die Thundorferin war mit hochrotem Kopf und schwankendem Schwangerschaftsbauch abgezogen. Gemeinsam mit Annelies hatte Arigund später herzlich gelacht.
Auch Annelies war eher nachdenklich als glücklich. Zwar hatte der Herr DeCapella dem Mädchen mitgeteilt, ihrer Hochzeit mit Matthias stehe nichts mehr im Wege und der Bann über ihren zukünftigen Gatten wäre aufgehoben, doch die Zofe hatte lediglich gefragt: »Wird er ein freier Mann sein?«
Der Kaufmann hatte den Kopf geschüttelt und geantwortet: »Er nicht und auch eure Kinder nicht. Du selbst aber darfst deinen Stand behalten.«
Die Zofe hatte genickt. Arigund kannte sie gut genug, um zu wissen, dass diese Lösung sie nicht zufriedenstellte. Annelies würde an ihrem Plan festhalten, mit dem Knecht in die Stadt zu fliehen und dort auszuharren, bis die Ansprüche seines Herrn verwirkt waren. Als würde er so etwas ahnen, zeigte sich der Kaufmann nicht bereit, Annelies aus den Diensten zu entlassen. Seiner Meinung nach war es für das Mädchen besser, weiterhin als Arigunds Zofe zu arbeiten. Er willigte jedoch ein, ihr zur Hochzeit eine
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