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Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karolina Halbach
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diesen Satz, als hinge ihr Leben davon ab.
    »Nicht?«, flüsterte Arigund. »Aber sind wir nicht vor Gott und dem Gesetz unseren Eltern zum Gehorsam verpflichtet?«
    »Gewiss, mein Kind, aber es gibt noch ein höheres Gebot.«
    »Und das wäre?«
    »Erforsche dein Gewissen, Kind. Warum hast du dich hierher in die Kirche geflüchtet?«
    »Ich habe Trost gesucht«, erklärte Arigund.
    »Und hast du ihn bekommen?«
    »Ein wenig.«
    Der Priester nickte zustimmend und fuhr fort. »Denn es ist der Herr, bei dem wir Trost und Mut finden. Höre in dich hinein. Wäre es möglich, dass jemand anders nach dir ruft und sich deshalb dein Innerstes gegen die Ehe mit Herrn Wirtho sträubt?«
    »Gewiss ist das so«, bestätigte Arigund und dachte dabei an Reimar.
    »Und ist es nicht unsere allerheiligste Pflicht, unserem Herrn Jesus zu folgen, wenn er seine Hand nach uns ausstreckt?«
    Fragend sah Arigund auf. Hatte sie den Pater richtig verstanden? Eröffnete er ihr als Ausweg, den Schleier zu nehmen? Tatsächlich hatte Arigund bereits davon gehört, dass es Klosterschwestern gab, die – um einer Heirat zu entgehen – das getan hatten.
    »Vielleicht bist du nicht für die Ehe bestimmt, Arigund?«, flötete der Priester.
    »Aber, Pater Anselm …«
    »Was könnte einen Vater mehr ehren, als dass seine Tochter zur Braut Christi berufen wird? Es wäre ein ehrenhafter Ausweg.«
    »Ein Leben hinter Klostermauern?«, versicherte sich Arigund.
    »Ein Leben in Frieden statt an der Seite eines Mannes, der dich aus tiefster Seele hasst. Er wird dich ins Verderben reißen!«
    »Und wohin?«, fragte Arigund vorsichtig. Sie sah sich um, denn es war ihr, als hätte sie ein Geräusch an der Eingangstür gehört. Doch als ihr Blick prüfend zur Pforte ging, war dort niemand. Der Priester schien nichts bemerkt zu haben. Er nickte eifrig.
    »Aber wie …, ich meine, die Hochzeitsvorbereitungen sind bereits so gut wie abgeschlossen. Pater David ist extra aus Regensburg angereist. Es ist zu spät.«
    »Zu spät ist es erst, wenn der Herr seinen Segen gegeben hat und der Ehevertrag geschlossen wurde.«
    »Ich kann mich doch nicht einfach davonschleichen«, merkte das Mädchen an. Bei dem Gedanken, ihren Vater zu hintergehen, war ihr nicht wohl.
    »Ich könnte dir helfen«, bot der Priester an. »Wenn du jetzt mir gegenüber den innigen Wunsch äußerst, dein Leben Gott zu weihen, könnte ich bei der Trauung Einspruch erheben. Ich würde dafür sorgen, dass du noch in derselben Stunde nach Eichstätt gebracht wirst. Die Schwestern erwarten bereits deine Ankunft.«
    Die letzten Worte hatte der Priester in aller Hast und so leise gesprochen, dass selbst Arigund sie kaum verstehen konnte. Lange dachte Arigund über das Angebot nach. Ein Leben mit Wirtho war einfach nicht vorstellbar, und wenn sie nicht Reimar haben konnte, wollte sie gar keinen Gatten. Dann eben das Kloster. Zögernd nickte sie. Der Priester drückte lange und innig ihre Hand.

*
    Kunigund von Brennberg war noch nie in ihrem Leben so erbost gewesen wie an jenem Abend, an dem ihr Gatte ohne jegliche Rücksprache mit ihr die Verlobung von Wirtho und Arigund verkündet hatte. Zunächst war ihr diese Entscheidung auch vollkommen fremd. Doch dann hatte der Truchsess ihr alles gebeichtet. Im Grunde war ihm kaum eine andere Wahl geblieben, als sich mit der Verlobung einverstanden zu erklären, denn der schlaue Venezianer hatte ihm buchstäblich den Geldhahn zugedreht. Im Falle einer Hochzeit hatte Antonio DeCapella dem Truchsess nicht nur einen weitreichenden Schuldenerlass als »Mitgift« in Aussicht gestellt, sondern auch das lang ersehnte Schlagrecht für die zum Lehen gehörenden Wälder durch den Fürstbischof. Ein entsprechendes Schreiben hatte der Kaufmann in der Tasche gehabt. Nach dieser Eröffnung durch ihren Gatten hatte die Burgherrin sich erst einmal setzen müssen. Gemeinsam hatten sie dann beschlossen, dem Handelshaus eine Nachricht zukommen zu lassen, in der sie die Ehe mit Reimar statt mit Wirtho vorschlugen. Erwartungsgemäß hatte DeCapella abgelehnt. Er wollte zu der Burg, die ihm faktisch bereits gehörte, den Titel des Truchsess für seine Enkel.
    Nachdem sie die Unumstößlichkeit der Entscheidung eingesehen hatte, überlegte Frau Kunigund, wie sie nun damit umgehen könnte. Je länger sie darüber nachdachte, umso mehr freundete sie sich mit dem Gedanken an, Arigund als ihre Nachfolgerin zu sehen. Schließlich hatte das Mädchen im letzten Sommer gezeigt, dass sie

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