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Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karolina Halbach
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Kopf. »Es ist zu gefährlich«, meinte er bloß.
    Annelies seufzte. Was war nur mit ihrem Mann los? Sah er das Unglück nicht kommen, oder verschloss er absichtlich die Augen davor? Seit der Zeit im Turm war er ein anderer geworden. Wie ein geprügelter Hund zog er den Kopf ein und leckte seinen Peinigern noch demütig die Hand.

*
    Fröhlich pfeifend und reichlich angetrunken machte sich Wirtho auf den Weg zum Nachtmahl. Das war ein Spaß gewesen. Natürlich hatte er das Spiel um die Magd gewonnen. Wie war es auch anders zu erwarten gewesen. Heute war einfach sein Glückstag. Sigurd und Waldemar waren jetzt die Gelackmeierten und mussten ihm die Magd besorgen. Wirtho gluckste. Vor allem Sigurd hatte ganz schön dämlich geguckt, als sein Herr ganz zum Schluss drei Sechser aufdeckte. Dieses lange Gesicht würde er sein Lebtag nicht vergessen! Zwar hatte ihm der Ritter später noch eine Menge Geld abgeknöpft, doch es war ihm anzusehen, dass es ihm im Vergleich zu der Magd wenig wert war. Sogar einen Tausch hatte ihm Sigurd angeboten, doch Wirtho hatte ihn ausgelacht, das Haar zerzaust und belehrt: »Spielschulden sind Ehrenschulden, mein Freund. Nach dem Nachtmahl will ich das Weib in meiner Kammer sehen.«
    Mit zusammengebissenen Zähnen hatten die beiden Ritter genickt und Wirthos höhnisches Grinsen geschluckt. Der rieb sich die Hände. Die beiden Gockel würden heute kein Auge zubekommen. Wirtho hatte Sigurd den Auftrag erteilt, vor seiner Kemenate Schmiere zu stehen, während sein Herr mit dem Weib seinen Spaß hatte. So wie Wirtho seinen Kumpan kannte, würde der Bursche lange Ohren machen und vor Eifersucht platzen. Der zukünftige Burgherr lachte erneut. Was für ein Tag! Jetzt galt es, sich für die nächtlichen Abenteuer zu stärken. Mit weiten Schritten eilte der zukünftige Truchsess zur großen Halle.
    »Wo treibst du dich denn die ganze Zeit herum!«, zischte ihm seine Mutter zu, die plötzlich an seiner Seite erschien. Die Wachknechte öffneten ihnen die Tür zum Saal.
    »Dein Vater lässt schon seit Stunden nach dir suchen«, fuhr die Burgherrin missbilligend fort.
    Wirtho schluckte den aufkommenden Ärger herunter. Heute war er viel zu gut gelaunt, als dass er sich von den Nörgeleien die Stimmung verderben ließe. »Die jungen Pferde, Mutter, sie machen sehr viel Arbeit«, log er. Dann sah er sich um. »Wird der Truchsess denn nicht zum Nachtmahl erscheinen?«
    »Ihm ist nicht wohl«, erklärte Frau Kunigund. »Der Zahn.«
    »Hat der Bader ihn nicht entfernt?«, fragte Wirtho mit gespielter Besorgnis.
    »Das schon, aber es war eine Tortur.«
    »Dann ist es wohl besser, wenn er sich ein wenig Ruhe gönnt.«
    »Ich wünschte, du würdest dich mehr um ihn kümmern, statt mit den Rittern zu würfeln, Wirtho. Er hat doch jetzt nur noch dich.«
    Wirtho hasste diesen vorwurfsvollen Ton. Er war ihm regelrecht zuwider. Was konnte er dafür, dass Reimar nach seiner Schwertleite abgehauen war wie ein Fahnenflüchtiger, nur weil er es nicht ertragen konnte, dass sein Bruder ihm die Frau wegschnappte? Zudem war es gute Sitte, dass der Zweitgeborene sein Glück als fahrender Ritter suchen musste. Wenn er es nicht schaffte, sich ein eigenes Lehen zu erwerben, dann war das sein Problem. Trotzdem ließ Wirtho sich herab, Interesse zu heucheln: »Noch immer keine Nachricht von Reimar?«
    Die Burgherrin schüttelte den Kopf. »An den Höfen in der Nähe scheint er nicht zu sein, doch in den nächsten Tagen erwarte ich einen Minneritter aus Passau. Vielleicht bringt der Neuigkeiten. – Ach da kommt ja Arigund.«
    Auf dem Gesicht der Burgherrin erschien ein strahlendes Lächeln, während sich Wirthos Miene noch mehr verdunkelte. Seine Mutter hatte wahrhaft einen Narren an der Krämerstochter gefressen und, was noch schlimmer war, auch der Truchsess selbst, seit sie den dicken Bauch vor sich herschwenkte wie eine Jagdtrophäe. Wirtho verabscheute das Weibsbild und das Balg. Es hatte kein Recht, zu leben und sich später einmal Truchsess von Brennberg zu nennen. Es war nicht mehr wert als das irgendeiner Magd.
    »Mein liebes Kind, wie schön, dass du dich kräftig genug fühlst, uns Gesellschaft zu leisten«, begrüßte Kunigund ihre Schwiegertochter überschwänglich. Wirtho knurrte und wollte sich den Rittern zuwenden. Doch die Frau des Truchsess zog Arigund an ihre Seite und nahm Wirtho am Arm: »Stell dir nur vor, mein Sohn, was deine Frau heute herausgefunden hat: Wir haben einen ganz gerissenen Betrüger auf der

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