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Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karolina Halbach
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holen und begann Arigunds Plan mit den Münzen in die Tat umzusetzen.

*
    Müde und hungrig kehrte Annelies in die Kammer zurück, die der Truchsess ihr und ihrem Mann bis zur Geburt des Kindes zur Verfügung gestellt hatte. Ihre Finger schmerzten und hatten Risse. Der Rücken schien sich gar nicht mehr aufrichten lassen zu wollen. Den ganzen Nachmittag hatte sie unter den strengen Augen der Burgherrin Kreuze auf Münzen geritzt. Wozu das Ganze dienen sollte, hatte man ihr nicht gesagt, aber sie war nicht dumm. Die Geldstücke wurden markiert. So etwas hatte sie schon einmal erlebt, im Hause der DeCapellas. Damals hatte ein Buchhalter Geld aus der Kasse gestohlen, und der Herr hatte ihn schließlich anhand der gekennzeichneten Münzen überführt. Vermutlich stammte der Plan also von Arigund. Annelies hatte ein flaues Gefühl im Magen bei der Sache. Sie wusste, die Herrschaften suchten nur allzu gerne einen Sündenbock bei den Domestiken. Schon der geringste Verdacht genügte und man galt als Dieb. Es half wenig, seine Unschuld zu beteuern. Bei den kleinen Leuten gab’s keine große Untersuchung. Die wurden so rasch abgeurteilt, wie sie bezichtigt wurden. Nervös öffnete die Zofe die Tür zu ihrer Kammer. Sie war allein. Sorgfältig schob sie hinter sich den Riegel zu und hastete zu ihrer Lagerstatt. Energisch warf sie die Decken und das Stroh zur Seite und scharrte im festgestampfen Lehm. Ihre Finger fanden, wonach sie suchte. Der Lederbeutel war noch da und auch sein gesamter Inhalt. Ängstlich sah sich die junge Frau um. Wenn man sie jetzt erwischte, war alles aus. Die Zofe barg das Säckchen an ihrem Busen und huschte aus dem Zimmer. Sie würde ein neues Versteck benötigen, und sie wusste auch schon wo.
    Es war bereits stockdunkle Nacht, als Matthias die Tür zur Kammer öffnete. Er humpelte stark. Annelies sah zu ihm hoch. Sie hatte Brot und kaltes Fleisch aus der Küche mitgebracht und freute sich auf die wenigen Stunden, die sie nach getaner Arbeit für sich haben würden. »Was ist geschehen?«, fragte sie sofort. »Hat der Bader dich getreten, statt den Zahn zu ziehen?«
    Ächzend kam der Knecht heran, nahm seine Frau liebevoll am Kinn und gab ihr einen Kuss. »Keine Zeit gehabt.«
    Seine Frau runzelte die Stirn. »Ihr Männer seid doch alle gleich, die wildesten Gäule reiten, aber Angst vorm Bader.«
    »So ist es, meine Liebe«, gab Matthias verschmitzt zurück. »Doch glaub mir, heute wäre ich dreimal lieber dem Quacksalber unter die Finger geraten, als diesen narrischen Gaul besteigen zu müssen.«
    »Du bist wieder geritten?«, hakte Annelies nach. »Aber der Truchsess …«
    »Wirtho selbst hat’s angeordnet, und, glaube mir, es war die pure Bosheit. Dieser Rappe hat den Teufel im Leib. Kaum spürte er mich im Rücken, warf er sich gegen die Mauer. Um ein Haar hätte er mich erdrückt.«
    »Der junge Herr will, dass du dir das Genick brichst«, stellte die Zofe unumwunden fest. »Er wird uns nie in Ruhe lassen.«
    Matthias erwiderte nichts, sondern griff nach dem Essen. Eine Weile schwiegen beide. Annelies streichelte unbewusst über ihren Bauch. »Bewegt es sich wieder?«, wollte der Rotbart wissen.
    »Nein, es ist nur …« Annelies biss sich auf die Lippen. »Weißt du noch, worüber wir in unserer Hochzeitsnacht gesprochen haben?«
    Der Knecht nickte stumm.
    »Matthias, der Winter ist vorbei. Wenn wir es jetzt wagen, könnten wir über den Sommer bis nach Landshut kommen.«
    Wortlos kaute ihr Mann weiter.
    »Wir sind hier nicht sicher. Wirtho wird nicht ruhen, bis er dich unter der Erde und mich zu seiner Dirne gemacht hat. Das wissen wir doch beide.«
    »Der Truchsess hält seine Hand über uns.«
    »Er kann uns nicht immer beschützen. Zudem ist Blut dicker als Wasser. Der Truchsess wird sich nie gegen seinen Sohn stellen, schon gar nicht für einen Leibeigenen …«
    »Er hat es schon einmal getan, damals bei unserer Hochzeit.«
    »Du weißt genau, dass er lediglich seine Rechte geltend gemacht hat. Doch diesmal? Was glaubst du, wird der Truchsess antworten, wenn du zu ihm gehst und sagst, Wirtho gäbe dir ein besessenes Pferd, damit es dich geradewegs in die Hölle katapultiert?«
    Matthias schwieg.
    »Wir müssen von hier weg, und zwar so bald wie möglich. Solange ich noch reisen kann.«
    »Was, wenn unterwegs das Kind kommt. Wo sollen wir eine Hebamme hernehmen?«
    »Hast du nicht schon so mancher Stute geholfen, so wirst du’s auch bei mir können.«
    Doch Matthias schüttelte den

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