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Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karolina Halbach
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ganz und gar auf dessen Verhandlungsgeschick.
    »Zunächst müssen wir hier weg. Ins Böhmische, gen Prag würde ich vorschlagen. Dort hat mein Vater eine Niederlassung. Er wird euch jeden Preis für mich zahlen, und ich werde eure Gesichter einfach vergessen.«
    »Ins Böhmische?«, widerholte der Räuber skeptisch.
    »Hier ist keiner von uns sicher.«
    »Aber das ist ziemlich weit«, wandte der Mann ein und sah auf sein Bein.
    »Wir haben Pferde, und wir haben einen Wagen.«
    »Und wir werden gesucht …«
    »Ich fälsche einen Geleitbrief. Ich kann schreiben.«
    »Man wird es uns nicht glauben, so wie wir aussehen, und Geld haben wir auch keines.«
    »Wir können das Ross des Ritters verkaufen. Wir müssen nur erst aus dem Einflussgebiet der Brennberger heraus.«
    Die beiden warfen sich unschlüssige Blicke zu, schienen aber zumindest bereit, von ihrem ursprünglichen Plan erst einmal abzusehen.
    »Wir sollten den Baumstamm beiseiteschaffen«, stellte der verletzte Mann fest.
    »Vielleicht sollte ich dich erst einmal verbinden?«, versuchte Arigund ihn freundlich zu stimmen. Doch der Mann schüttelte unwirsch den Kopf.
    »Das hat Zeit. Wenn es so ist, wie Ihr sagt, dann sollten wir die Beine in die Hand nehmen und so schnell wie möglich verschwinden. Also steckt das Messer weg, und helft uns. Mein Name ist übrigens Vaclav, Vaclav Barski, und das ist der Friedl.«
    Arigund nickte, ließ das Messer aber griffbereit an ihrer Seite. Sie versuchte, nicht in die leeren Augen des Ritters zu starren, als sie den Ort des Überfalls erreichten. Die Räuber hatten ganze Arbeit geleistet und den alten Mann mit mehreren Knüppelhieben erschlagen. Sein Pferd scharrte aufgebracht mit den Hufen und versuchte sich loszureißen, als die Männer sich ihm näherten. Die beiden Kutschgäule dagegen, mager und von minderer Qualität, standen gelassen da und vertilgten das Laub der Bäume. Vaclav und Friedl waren offenbar erfahrene Wegelagerer. Das Hindernis sah zwar stabil aus, bei genauerem Hinsehen bestand der Baum jedoch aus zwei Hälften. Zu dritt war es eine Sache von wenigen Minuten, die leichtere Krone zur Seite zu ziehen.
    »Reit du den Gaul, Friedl«, wies Vaclav seinen Kumpan an. »Ich fahr den Wagen. Die Dame kann neben mir sitzen.«
    Der maulfaule Friedl tat widerspruchslos, wie man ihm aufgetragen hatte. Mit erstaunlichem Geschick zog er sich in den Sattel des Streitrosses und trieb es mit den Fersen vorwärts.
    Arigund nahm neben Vaclav Platz. Sie war zum Umfallen müde, hatte aber große Angst davor, einzuschlafen. Kein Zweifel, dass die beiden ihr das Messer wegnehmen würden, sobald sie Gelegenheit dazu bekamen, und wer weiß, ob sie ihren ursprünglichen Plan, sie loszuwerden, dann nicht doch noch in die Tat umsetzten. Ihr Leben hing nach wie vor an einem seidenen Faden.
    Energisch schwang der Vaclav die Peitsche über den Köpfen der beiden Kutschpferde. Schnaubend setzten sich die Tiere in Bewegung. Auf dem weiteren Weg warf ihr der Räuber immer wieder bedeutungsschwere Blicke zu. An der Weggabelung, wo es talwärts gen Werth, bergaufwärts aber Richtung Falkenstein ging, hielt er an.
    »Warum fahren wir eigentlich nicht direkt nach Regensburg«, wollte der Mann wissen. »Du stammst doch von dort, oder?«
    »Weil Wirtho genau das erwartet.«
    Nachdenklich kratzte sich der Räuber seine verfilzten Haare. »Woher kann ich wissen, dass du wirklich diese Arigund bist.«
    »Tja, hättest du den Ritter am Leben gelassen, dann könnte er es bestätigen. So aber wirst du dich auf mein Wort verlassen müssen.«
    Verächtlich spuckte der Mann auf den Boden. »Das Wort einer Ehebrecherin.«
    »Gegen das Wort eines gedungenen Mörders«, rutschte es Arigund heraus. Unerwartet lachte der Vaclav los. Doch dann wurde er wieder ernst. »Ich bin nicht immer ein Gesetzloser gewesen«, erklärte er. »Du und deinesgleichen lasst uns ja keine Wahl. Verhungern oder stehlen heißt es für uns.«
    Arigund antwortete nicht.
    »Im Grunde seid ihr keine anderen Leut’ wie wir: Diebe und Söhne von Dieben. Nur haltet ihr das für euer Recht.«
    »Mein Vater führt ein Handelshaus«, empörte sich Arigund.
    »Sag ich doch: ein Dieb.«
    Dann lenkte er die beiden Gäule bergaufwärts.

*
    Am späteren Nachmittag kam Falkenstein in Sicht. Zu Arigunds Erstaunen bog Vaclav auf einen Feldweg nach rechts ab. Rasch verlor sich der holprige Pfad im Wald. Mit dem Wagen ging es hier nicht weiter.
    »Aussteigen!«, befahl Vaclav und begann die Pferde

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