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Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karolina Halbach
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nirgendwohin. Hältst du mich für blöd, oder was? Machst hier eine auf Heilerin, um dich dann davonzuschleichen.«
    Überrascht sah ihn Arigund an.
    »Was für ein misstrauischer Mensch du doch bist, Vaclav«, meinte sie lediglich. »Aber ganz wie du willst. Lassen wir es. Gibt es wenigstens halbwegs sauberes Leinen zum Verbinden?«
    Er wies mit dem Kinn zu der Lagerstatt seines getöteten Kameraden. »Da drüben ist ein altes Hemd. Das reiß in Streifen. Sollte für einen Verband genügen.«
    Genervt stand die junge Frau auf. Was sie fand, war ein alter, von Schweiß und Dreck triefender Lappen. Wenn sie den benutzte, würde sich die Wunde entzünden, das war so sicher wie das Amen in der Kirche. Wütend sah Arigund zu Vaclav. Der starrte mürrisch zurück. Grimmig dachte die junge Frau: Soll der Kerl doch seinen Willen haben und daran verrecken!
    Sie griff danach und begann es mit dem Messer in Streifen zu schneiden. Plötzlich glitt ihr Messer von etwas Hartem ab. Sie holte es heraus. Eine kleine gläserne Flasche, für den Räuber bestimmt ein Vermögen wert. Sie war halb mit einer bräunlichen Flüssigkeit gefüllt. Arigund roch daran. Branntwein! Was hatte sie anderes erwartet? Sie erinnerte sich, in einem Buch gelesen zu haben, dass die heilkundigen Schwestern zuweilen Tücher in heißem Wein badeten, bevor sie einen Verband anlegten. Branntwein war ja so etwas Ähnliches wie Wein. Entschlossen zog sie mit den Zähnen den Verschluss ab. »Ah, das Fräulein verschmäht auch keinen guten Tropfen«, rief Vaclav von seinem Lager aus. »Komm, lass uns teilen. Mich dürstet ebenfalls nach einem ordentlichen Schluck.«
    Arigund musste grinsen. Dem würde sein Spott gleich vergehen. Sie kannte die Wirkung von Weinbrand auf offene Wunden. »Das ist alles nur für dich, mein Freund«, ließ sie ihn wissen und ging schnurstracks auf ihn zu. Ohne zu zögern, goss sie einen großen Schwall über sein Bein. Zunächst war Vaclav lediglich erstaunt, dann verzog sich sein Gesicht vor Schmerzen. »Teufelsweib, was hast du getan!«, brüllte er und krümmte sich. »Willst du mir das Fleisch von den Knochen sengen?«
    Seelenruhig tränkte Arigund die Leinenstreifen in den Branntwein. »Ganz im Gegenteil, das würde passieren, wenn wir es so gemacht hätten, wie du es gesagt hast. Keine zwei Tage, und der Wundbrand hätte dich dahingerafft. Glaub mir, Vaclav. Auf der Burg haben wir mehr solcher Verletzungen behandelt, als du sie in deinem Leben davontragen wirst.« Das war natürlich gelogen, aber es verfehlte seine Wirkung nicht.
    Noch einmal musste Vaclav die Zähne zusammenbeißen, als Arigund die Wunde verband. Er ließ sie gewähren, kommentierte ihre Bemühungen aber mit den wüstesten Beschimpfungen. Es kostete sie ihre letzte Kraft, den Zorn über diesen undankbaren Rüpel zurückzuhalten. Sollte er beim nächsten Mal doch selber sehen, wo er bliebe. Erschöpft kehrte sie in ihre Ecke zurück, wo sie in sich zusammensackte. Sie rollte sich zusammen, umklammerte ihre Beine mit den Armen. Alle Versuche, dem Schlaf zu widerstehen, waren vergebens. Die Augen wollten einfach nicht mehr offen bleiben. Sie glaubte, sie nur für einen winzigen Moment geschlossen zu haben, als sie von aufgeregtem Flüstern erwachte. Friedl war zurückgekehrt. Er berichtete lebhaft und offenbar wild gestikulierend. Mittlerweile war es stockdunkel und unangenehm kalt. Also mussten viele Stunden vergangen sein. Niemand hatte daran gedacht, ein Feuer zu entzünden. Arigund tastete nach ihrem Messer. Es war noch immer an ihrer Seite. Als die beiden sahen, dass sie wach war, kamen sie zu ihr herüber.
    »Du hast Recht gehabt«, meinte Vaclav schlicht. »Man sucht bereits nach uns. Der Truchsess hat sein Wort gebrochen.«
    Stumm nickte die junge Frau. Vaclav starrte sie erneut an, unschlüssig, was er nun tun sollte. Er beschloss, erst einmal seiner Wut Luft zu geben, und kickte mit dem unverletzten Bein den einfachen, dreibeinigen Hocker um, auf dem Arigund ihn verbunden hatte.
    »Was für ein Mistkerl!«, schimpfte Vaclav laut. »Unbehelligt wollte er uns ziehen lassen, und jetzt hat er sogar ein Kopfgeld auf uns ausgesetzt.«
    Friedl nickte. Er war als Späher ausgeschickt worden. Vaclav humpelte zu seinem Lager, kramte einen Brotkanten hervor und reichte ihn Arigund. Hungrig begann die junge Frau daran zu nagen. Der Räuber beobachtete sie wortlos.
    »Du bist also tatsächlich des Truchsess’ Weib.«
    Es war eine Feststellung, keine Frage. Trotzdem

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