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Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karolina Halbach
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es einem Selbstmord gleichkam, sich heute Nacht davonstehlen zu wollen. Dankbar für das bisschen Wärme, kuschelte sich Arigund an Friedels Seite. Sie war einfach zu erschöpft und durchfroren, um über Anstand und Sitte nachzudenken. Friedl fiel sofort in den Schlaf. Sein leiser Atem kitzelte die junge Frau in den Haaren. Vaclav dagegen schnaufte unruhig. Dann erhob er sich unvermittelt, stieg über Friedl und legte sich neben sie. Arigund tat zunächst einfach so, als schliefe sie, dann aber fühlte sie seine Hand an ihren Schenkeln. Im ersten Augenblick war sie starr vor Schrecken. Danach öffnete sie ihren Mund zu einem Schrei. Vaclavs Hand erstickte ihn, und seine grimmige Stimme zischte in ihr Ohr.
    »Jetzt wieder so prüde, kleine Nachtigall? Hast doch mit dem feinen Herrn Ritter auch turteln können und ihm gewiss gegeben, wonach es einem Manne gelüstet.«
    Dabei drückte er sie mit seinem Gewicht zu Boden und zwang ihre Beine mit seinen Knien auseinander. Heftig begann er seine Lenden an ihrem Gesäß zu reiben. Arigund versuchte, sich seinem Griff zu entwinden, und strampelte dabei Friedl die Decke weg. Der Taschendieb schlug die Augen auf und starrte die beiden an.
    »Was glotzt du so?«, blaffte Vaclav.
    Friedl zuckte zusammen und rückte von ihnen ab. Vaclav begann nach Arigunds Gürtel zu tasten. Dazu musste er die Hand von ihrem Mund nehmen. Gierig sog sie die Luft in die Lungen und ächzte: »Nein, Vaclav, nein! Hör auf!«
    »Ich denke gar nicht daran«, erwiderte er, wobei er es endlich schaffte, den Strick in die Finger zu bekommen und den Knoten zu öffnen. »Jetzt bin ich mal dran. Hast mich lange genug warten lassen.«
    Grob packte er ihr Gesäß.
    »Wenn ich schwanger werde, siehst du keinen Pfennig«, versuchte Arigund zu argumentieren.
    »Was schert’s mich«, keuchte er in ihren Rücken. Jetzt hielt er sie nur noch mit einer Hand. Mit der anderen öffnete er seine Hose.
    Endlich konnte Arigund sich ihm entwinden, kroch zu Friedl und zog an seinem Hemd. »Und du? Willst du das Geld auch nicht mehr?«
    Der Taschendieb musterte sie mit glühenden Augen. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis er die Decke nahm und sie über Arigund warf. »Nn …, nn … nicht kaputt machen«, stotterte er und sah Vaclav an. Der kniete mit entblößtem Unterleib über Arigund.
    »Was?«, zischte er. Aber diesmal senkte Friedl nicht den Blick, sondern ballte sogar die Fäuste.
    »Nn … nicht kaputt machen«, wiederholte der Bursche.
    Langsam richtete sich Vaclav auf. »Hat dich der Teufel geritten, du kleine Ratte?«
    Friedl wich ein wenig zurück, doch das half ihm nichts. Vaclavs Faust traf ihn mitten ins Gesicht. Ein Tritt mit dem Stiefel, und der schmächtige Taschendieb ging zu Boden. Nun versuchte Arigund, Friedl zu helfen, der benommen unter den Zweigen lag, doch Vaclav schüttelte sie ab wie eine lästige Fliege und band sie einfach an den Stamm. Dann tat er dem Jungen das an, was er eigentlich mit Arigund vorgehabt hatte. Das Schluchzen und Stöhnen verfolgten Arigund bis weit in die Nacht hinein. Als Vaclav endlich schwer atmend von Friedl abließ, starrte er Arigund an, als dächte er darüber nach, ob er nicht auch noch über sie herfallen sollte. Dann aber sagte er bloß: »Morgen werden wir Prag erreichen.«
    Kurz darauf hörte Arigund sein Schnarchen. Irgendwann musste auch sie eingeschlafen sein, denn sie erwachte in den frühen Morgenstunden, schweißgebadet und schwer atmend, durch das Stampfen der Pferde. Ihr war ungewöhnlich heiß, und sie hatte großen Durst. Vorsichtig versuchte sie, an die Wasserflasche zu kommen, die nur wenige Ellen von ihr entfernt lag, doch der Strick um ihren Hals zog sich unerbittlich zu, wenn sie die Hand danach ausstreckte. Friedl lag am selben Platz, wo Vaclav ihn zurückgelassen hatte, die Decke fest um sich geschlungen, die Augen geschlossen, und atmete in tiefen Zügen. Ihn wollte Arigund keinesfalls aus dem Schlaf reißen. Einen Moment überlegte sie, Vaclav zu wecken, doch draußen heulte immer noch der Sturm – und was, wenn der Räuber beschloss, sogleich weiterzuziehen? Dann lieber nichts trinken und noch ein wenig ausruhen.

*
    Es schneite noch immer, als Heinrich am nächsten Tag sein Pferd sattelte und sich wieder auf den Weg machte. Zumindest hatte der Sturm nachgelassen. Geradezu friedlich fielen die dicken Flocken vom Himmel herab und sanken geräuschlos auf das weiße Polster. Heinrichs Hengst schüttelte sich, dass der Sattel knarzte, um die

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