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Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karolina Halbach
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Die Bauersleute versorgten das Ross bereitwillig und erzählten auch, dass die Hunde des Nachts angeschlagen hätten. Mehr wussten sie aber nicht zu berichten. Auf seine Frage, ob sie ein frisches Pferd für ihn hätten oder eines besorgen könnten, schüttelte das Ehepaar lediglich den Kopf. So ein Tier könnten sie sich nicht leisten, nicht einmal ein Ochse ließe sich auf ihrem bisschen Grund durchfüttern. Zur Bestätigung öffneten sie die Tür zu dem Verschlag, der sich gleich neben der Wohnstube befand. Dem Ritter schlug ein so übler Gestank entgegen, dass er sogar auf den angebotenen Becher Milch verzichtete. Notgedrungen stieg er wieder auf seinen Braunen, der trotz der Rast kaum mehr die Beine aus dem Schnee bekam.
    Der Tag brach grau an, und der Himmel hing voller Wolken. Heinrich war mindestens so müde wie sein Pferd. Die Augen wollten ihm zufallen, und sein Rücken schmerzte von der gebückten Haltung, die er einnehmen musste, um nicht von den Spuren abzukommen. Am nächsten Gehöft bekam er zum ersten Mal seine Vermutung bestätigt, dass Vaclav den Weg nach Prag eingeschlagen hatte. Der Pächter, ein breitschultriger Mann, der allerdings kein Deutsch sprach, deutete ihm an, ein dürrer, wortkarger Mann habe bei ihm drei Pferde getränkt und einen Scheffel Getreide gekauft. Die anderen beiden habe er nicht gesehen, aber die Pferde hätten deutlich die Spuren von Sätteln getragen.
    Vaclav ist schlau!, dachte Heinrich. Er hat seinen Kumpan mit den Pferden zum Bauern geschickt, während er sich selbst mit Arigund versteckt hielt.
    Für einen kurzen Moment überlegte er, ob es Sinn machte, seine Vermutung zu überprüfen, indem er das Versteck suchte, doch dann würden die drei nur einen noch größeren Vorsprung bekommen. Also bedankte er sich lediglich kurz und ritt weiter. Gegen Mittag erreichte er schließlich ein Wirtshaus. Sosehr er sich auch bemühte, er schien den drei Flüchtigen nicht näher gekommen zu sein, denn auch hier erinnerte man sich wohl an eine recht merkwürdige Reisegesellschaft aus drei Männern, doch die waren trotz der Warnungen des Wirtes, dass man in Kürze mit heftigem Schneefall rechnen müsse, schon nach kurzer Rast wieder weitergezogen. Inzwischen musste auch Heinrich einsehen, dass der Wirt mit seiner Wettervorhersage Recht behalten hatte. Heftiges Schneegestöber pfiff um das Wirtshaus, sodass dem Ritter keine andere Wahl blieb, als Quartier zu machen. Zudem hätte sein Hengst auch keinen weiteren Gewaltritt überstanden. Das Tier war definitiv am Ende seiner Kräfte. Obwohl er selbst zum Umfallen müde war, rieb der Sänger sein Pferd eigenhändig ab und passte auf, dass ihm nur das beste Heu und unverdorbenes Futter vorgelegt wurde. Erst dann ging er in die Wirtsstube, machte sich hungrig über den Rübeneintopf her, zahlte die Zeche und zog sich in die mit frischem Stroh aufgefüllte Schlafstube zurück. Er schnallte lediglich den Schwertgurt ab und fiel dann sofort in einen unruhigen Schlaf.

*
    Die Gedanken wirbelten durch Arigunds Kopf wie die Schneeflocken um ihre Nase. Früher hätte sie vielleicht die tollkühnen Männer bewundert, die es wagten, des Nachts einem solchen Unwetter zu trotzen. Heute schaffte sie es nicht einmal mehr, Vaclav für verrückt zu erklären. Schon längst war jedes Gefühl aus ihren Händen und Füßen gewichen. Man sah die Hand nicht mehr vor Augen, geschweige denn den Weg vor den Füßen. Dass sie sich noch auf der Straße befanden, war nur daran zu erkennen, dass hier keine Bäume wuchsen. Ihre Pferde waren die letze Strecke nur noch gestolpert und verweigerten schließlich endgültig den Gehorsam. Friedl versuchte es mit gutem Zureden, Vaclav mit Schlägen, doch die Tiere waren nicht mehr bereit, gegen den Sturm anzulaufen. Sie drehten die Kruppen gegen den Wind und verharrten regungslos.
    Missmutig schickte Vaclav Friedl los, einen geschützteren Platz zu suchen. Der kam schon nach kurzer Zeit wieder und berichtete von einer großen Tanne, unter deren tief hängenden Ästen sie wohl ein wenig Schutz finden konnten. Schwerfällig folgten ihnen die ermatteten Pferde, die wohl ahnten, dass sie im offenen Gelände erfrieren würden. Vaclav band sie an und schlüpfte schließlich zu den anderen beiden unter den Baum. Zu dritt krochen sie unter die alte Wolldecke, die Friedl irgendwo aufgetrieben hatte. Vaclav schlang wieder einen Gürtel um Arigunds Hals und band das andere Ende um sein Handgelenk, obwohl auch ihm klar sein musste, dass

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