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Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karolina Halbach
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Misstrauen obsiegte. Der Ritter entschloss sich, Arigunds wahre Identität für sich zu behalten. Wenn er sie aus den Fängen der Räuber befreit hatte, sollte sie selbst entscheiden, wie sie es mit ihrem Onkel halten wollte. Heinrich griff nach seinem Becher, nahm einen Schluck und ließ ihn genießerisch im Gaumen kreisen.
    »Ein ganz vorzüglicher Tropfen, den Ihr da kredenzt, Herr DeCapella.«
    Ebenso langsam, wie er den Becher ergriffen hatte, stellte Heinrich das Gefäß zurück auf den mit feinem Leinen eingedeckten Tisch.
    »Auf meiner Reise nach Prag begleitete mich neben dem Sohn meines Freundes Fugger auch ein …, ein Spielmann«, log der Ritter, »den Vaclav gewaltsam mit sich nahm.«
    »Ein Spielmann?«, echote DeCapella erstaunt. »Was will er denn mit dem?«
    »Dasselbe wie mit Eurer Tochter: Er möchte Lösegeld erpressen.«
    »Und seine Familie wäre in der Lage, dieses zu zahlen?«
    »Gewiss.« Heinrich lächelte vielsagend. »Der junge Mann, Venezianer übrigens, stammt aus einer vornehmen Familie und ist in der Tat außergewöhnlich.«
    »Venezianer?«, wiederholte DeCapella aufmerksam. »Sollte ich die Familie kennen?«
    »Schon möglich«, wich Heinrich der Neugierde des Hausherrn aus.
    »Wie lautet denn sein Name?«
    »Tassilo dal Monte.«
    »Dal Monte?«, echote DeCapella. »Ein weit verzweigtes Geschlecht in Venedig, aber an einen Tassilo kann ich mich gar nicht erinnern.«
    Heinrich fluchte innerlich, dass er den Namen ins Spiel gebracht hatte. Wie ungeschickt! Natürlich kannte der Handelsherren die großen venezianischen Familien, stammte er doch selbst aus einer. Doch nun war es zu spät.
    »Nun, ähm, er ist auch fast noch ein Kind. Wahrscheinlich ist er deshalb Eurer geschätzten Aufmerksamkeit entgangen«, versuchte Heinrich zu retten, was noch zu retten war.
    »Ein junger Adelsherr aus Venedig also, der sich in Eurer Obhut befand«, bestätigte DeCapella mit viel zu teilnahmslosem Gesicht. Heinrich nickte, obwohl ihm gar nicht wohl in seiner Haut war. DeCapella war kein Dummkopf. In seinem Kopf tickte es, und er ging vermutlich alle Möglichkeiten durch, was es mit dem vermeintlichen Spielmann so auf sich haben könnte.
    »So könnte man es ausdrücken«, bestätigte Heinrich deshalb mit belegter Stimme.
    »Und nun seid Ihr in einer prekären Lage, hm«, brummelte Arigunds Onkel, scheinbar gewillt, es bei Heinrichs Version der Geschichte bewenden zu lassen.
    »Eine Frage der Ehre«, versicherte der Ritter. Der Kaufmann nickte verständig.
    »Und seine Entführung?«
    »Erfolgte in nicht weniger dreister Art und Weise als die Eurer Tochter. Wir haben also gemeinsame Interessen, denn ich bin nicht willens, diesen Kerl entkommen zu lassen. Zudem hoffe ich, Tassilo lebend aus seinen Händen befreien zu können.«
    Heinrich schlug sich gegen die Brust. Der Kaufmann nickte so energisch, dass sein Doppelkinn in Schwingung geriet. Heinrichs Auftritt schien ganz nach seinem Gusto.
    »Ich sehe, wir sind vom gleichen Schlag.«
    DeCapella prostete seinem Gegenüber zu. Auch Heinrich nahm erneut einen tiefen Schluck. Er stellte sich vor, wie es wohl wäre, so etwas jeden Tag haben zu können, ohne auf die Gunst eines anderen angewiesen zu sein.
    »Wie also wollen wir vorgehen, um die Sache ein für alle Mal aus der Welt zu schaffen?«
    »Wenn Ihr mein Ohr und mein Auge seid, so könnte ich Euer Schwertarm sein«, schlug Heinrich vor.
    »Das klingt gut. Ich bin einverstanden.«
    Ein weiteres Stückchen Brot landete in der Milchschüssel und wurde sorgfältig gekaut. Heinrich lehnte sich erleichtert zurück. Er hatte seinen Verbündeten und einen diskreten noch dazu.
    »Nun, täusche ich mich, oder habt Ihr nicht bereits Erkundigungen eingezogen?«
    Es war ein Versuch, doch ein breites Grinsen zog über DeCapellas Gesicht. »Ihr vermutet richtig, doch mir fehlte bislang eine treffende Beschreibung. Wenn Ihr mir damit aushelfen könntet, sollten wir, sagen wir, spätestens zur Vesper wissen, wo sich dieser Vaclav aufhält.«
    DeCapella griff nach Pergament und Tinte und verfasste ganz nebenbei ein paar Zeilen.
    »Vorausgesetzt, er verlässt nicht die Stadt«, merkte Heinrich an.
    »Er müsste an den Torwachen vorbei, und die kennen das Interesse meines Hauses. Sie müssten eben nur wissen, nach wem sie Ausschau halten sollen.«
    »Vaclav selbst fällt nicht weiter auf. Er ist groß und kräftig, hat braune Augen und ist rücksichtslos in seinem Vorgehen. Er hat einen Helfer bei sich, einen dürren,

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