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Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karolina Halbach
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drängte. Bei einem Gemetzel konnte viel passieren, und am Ende würde die Klinge womöglich noch die unschuldige Geisel treffen. Vielleicht war es besser, bei DeCapella nicht gleich mit der Tür ins Haus zu fallen, sondern erst einmal vorsichtig zu erkunden, wie weit man den Onkel ins Vertrauen ziehen konnte.
    Stöhnend richtete sich der Sänger auf, als er ein leises Klopfen vernahm. Heinrich angelte nach seiner verstreuten Kleidung, bis er entdeckte, dass ein Domestik bereits frische für ihn bereitgelegt hatte. Brummig zog er sich wieder aus und griff nach dem Hemd aus feinem, nach Kräutern duftendem Leinen. Das Klopfen wollte nicht aufhören.
    »Ja doch, gleich«, knurrte Heinrich zur Tür.
    Heinrich blickte sich nach seinem Schwert um und fand es wie stets griffbereit neben seinem Bett. Er nahm es an sich und rief laut: »Tretet ein, wer immer an der Tür ist.«
    Geräuschlos schwang die Tür auf. Nicolaus verneigte sich demütig und berichtete, es warte schon seit geraumer Zeit ein Bote für den Herrn von Meißen.
    »Bringt ihn zu mir!«, befahl Heinrich.
    »Der Mann führt ein Schreiben mit sich. Soll ich den Skriptor dazubitten, der Euch schon gestern zu Diensten war?«
    Heinrich schüttelte den Kopf. Er wusste selbst die Feder zu führen und brauchte auch niemanden, der ihm vorlas. Gestern hatte er nur deshalb die Dienste des Priesters in Anspruch genommen, weil es bei Hofe üblich war. Nicolaus zog los, den Boten zu holen, und Heinrich nutzte die Gelegenheit, sich salonfähig zu machen.
    Der Mann trug auf seinem Mantel ein wohlbekanntes Wappen: die gekreuzten Schlüssel Regensburgs und eine Gondel mit dem Löwenkopf am Bug. Kein Zweifel, wer ihn geschickt hatte. Heinrich überraschte der überschwängliche Dank des Handelsherrn für die Rettung seiner Tochter nicht und ebenso wenig dessen höfliche Einladung zum Frühstück am heutigen Tag. Einen winzigen Augenblick lang fühlte sich Heinrich geneigt, DeCapella noch eine Weile zappeln zu lassen, aber Arigunds Angelegenheiten duldeten keinen Aufschub. Also schickte der Ritter den Boten mit einem positiven Bescheid zurück.

*
    Das Haus des Handelsherrn war innen noch prächtiger als außen. Der Raum, in den man Heinrich brachte, lag im ersten Stock des Wohnturmes. Man erreichte ihn über eine breite Treppe aus fremdländischem, dunklem Holz. Der Lauf des Geländers war so glatt wie die Haut eines Säuglings und glänzte speckig. Sein Ende war als Löwenkopf geformt. Zwei Domestiken ließen für den Ritter die breite Flügeltür aufschwingen und gaben den Blick frei auf eine opulente Tafel, gedeckt mit Speisen, deren Erlesenheit sich durchaus mit der am königlichen Hof messen konnte. Knusprig gebratene Gänse lagen auf silbernen Platten, eingelegte Eier wurden in irdenen Schalen gereicht, und das Brot duftete so frisch, als sei es erst am Morgen gebacken worden. Sergio DeCapella empfing Heinrich wie einen guten alten Freund erst mit knapper Verbeugung, dann mit weit ausgebreiteten Armen.
    »Herr Ritter, welche Freude Euch in meinem Haus begrüßen zu dürfen.«
    »Der Ruf Eurer Gastfreundschaft, Herr DeCapella, ist weit über die Grenzen Prags hinaus bekannt«, antwortete Heinrich höflich. »Wer könnte da schon widerstehen?«
    Der Kaufmann gab dem Diener ein Zeichen, woraufhin der ein Tablett mit zwei Bechern dunkelroten Weins kredenzte. Sie nahmen Seite an Seite unter einem fein gearbeiteten Wandteppich Platz. Der Diener legte noch einmal Holz im Kamin nach und zog sich dann zurück. DeCapella wollte ungestört mit dem Ritter sprechen.
    »Greift zu, und lasst uns ein wenig plaudern«, forderte der Kaufmann den Ritter auf. Heinrich griff erfreut zu, half ein opulentes Frühstück seiner Erfahrung nach doch am allerbesten gegen einen schweren Kopf.
    »Nun, zunächst muss ich Euch noch einmal von Herzen danken, dass Ihr meine Tochter aus den Händen dieses Unholds befreit habt«, begann der Handelsherr ohne große Umschweife. »Ich stehe tief in Eurer Schuld.«
    Heinrich machte erneut eine höfliche Verbeugung und meinte großzügig: »Wie ich gestern schon sagte: Verpflichtet seid Ihr nur Gott und dem König. Was ich getan habe, hätte jeder Mann von Stand getan.«
    DeCapella lächelte selbstgefällig, und Heinrich hatte das Gefühl, dass die Liste nicht vollständig war. Vielleicht hätte er sagen sollen, Gott, dem König und dem Hause DeCapella. Doch der Handelsherr fesselte Heinrichs Aufmerksamkeit bereits wieder.
    »Wie ich hörte, wart ihr eher

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