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Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karolina Halbach
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die Jungstuten, auf der zuletzt die Schafe der Burgherrin gegrast hatten. Vier schwarze zottige Hunde hatten ihr Kommen lautstark angekündigt. Mit klopfendem Herzen war Annelies stehen geblieben, bis ein schmächtiges Mädchen, das noch keine acht Lenze gesehen haben konnte, die Köter zurückrief. Wortlos führte das Kind die Zofe zur Hütte. Die Hunde schnupperten an den Eingangspfosten, doch dann trollten sie sich. Aus dem türlosen Eingang quoll beißender Rauch. Annelies bückte sich unter dem Türstock durch und versuchte, irgendetwas zu erkennen. Der Qualm biss in den Augen, als hätte jemand Salz hineingegeben. Offenbar bestand die Hütte nur aus einem einzigen Raum, in dessen Mitte ein von Blättern und Fichtenzapfen genährtes Feuer glomm. Darüber hatten ein paar ungeübte Hände ein Holzgestell montiert, in das man den Kochtopf hängen konnte. Der allerdings befand sich gerade in den Händen von vier ärmlich gekleideten Kindern, die, ohne sich durch die Zofe stören zu lassen, eifrig mit blanken Fingern die Reste eines klebrigen Getreidebreis zusammenkratzten und in ihren schmutzigen Mündern verschwinden ließen. Die Zofe erkannte einen der Buben erst, als er aufsprang, um sie zu begrüßen. »Jungfer Annelies, wie schön, dass du gekommen bist.«
    Das Mädchen zerzauste ihm die Haare. »Na, Lukki, hat’s geschmeckt?«, fragte sie freundlich.
    »Und wie!«, bestätigte der Kleine. »Die Resl hat uns vom Gerstenbrei abgegeben, den sie für Matthias gekocht hat. Der schmeckte vielleicht gut!«
    »Dann ist’s ja recht«, lobte die Zofe. »Ich habe auch was dabei, vom Koch, eine ganze Schweineschwarte, aus der man prima Schmalz auslassen kann.«
    Lukas bekam große Augen, und seine drei Geschwister klatschten begeistert.
    »Wo ist denn die Mama?«, fragte Annelies.
    »Die gibt’s schon seit ein paar Jahren nicht mehr«, erklärte Resl. »Ist im Kindbett geblieben. Der Schorsch, ihra Mo, hat mi einfach zu spät geholt, der Saubär, der elendige! Wollt sich des Hebammengeld sparen. Alter Knauserer.«
    Sie hatte mit gebeugtem Rücken in der anderen Ecke des Raumes gehockt, wo auf einem Strohlager gebettet Matthias lag. »Und die Schweineschwarte gibst schön mir. Die brauch i für a Arnikasalb’n, damit mir der Bursch net no unter der Hand wegstirbt.«
    Die Kinder machten enttäuschte Gesichter. Um an das begehrte Schmalz zu kommen, hätten sie den Knecht, ohne mit der Wimper zu zucken, sterben lassen.
    »Es wird für euch schon was übrig bleiben«, tröstete sie die Zofe. Dann wandte sie sich an die Kräuterfrau. »Steht es so schlimm um ihn, Resl?«
    Die Alte wiegte bedächtig den Kopf. »Wirst bet’n müssen, Derndl. Der junge Herr hat aufzünd’n lass’n, als müssert er am Ochsen des Fell gerben.«
    »Eines Tages wird er dafür in der Hölle schmoren.«
    »Na, sei auf der Hut, wenn’st solche Sach’n sagst über’d Herrschaft, Derndl!«, mahnte die Alte. »Jetzt kimm und hock di nieder. I koch derweil die Salbe.«
    Entschlossen nahm sie den Kindern den Kochtopf aus der Hand und drängte sich an Annelies vorbei. Lukki nahm das Mädchen an der Hand und führte es zu Matthias. Der ehemalige Knecht lag schwer atmend auf dem Bauch. Sein Rücken sah fürchterlich aus. Fliegen hatten während der langen Stunden am Schandpfahl bereits Eier in die offenen Wunden gelegt. Nun waren sie entzündet und begannen zu schwären. Es würden furchtbare Narben zurückbleiben. Matthias würde gezeichnet sein fürs Leben.
    »Wo sind denn die anderen?«, wandte sich die Zofe an den kleinen Lukas.
    »Die Männer san bei die Rösser im Wald«, klärte sie der Junge auf.
    »Kommen sie nachts nicht nach Hause?«
    Lukki schüttelte energisch den Kopf. »Erst nach dem Aanfest.«
    »Wann ist das?«
    Der Junge schien angestrengt nachzudenken. »Kurz bevor sich die Blätter verfärben.«
    »Und wer kümmert sich so lange um euch?«
    Lukki schlug sich auf die Brust und zeigte auf das Mädchen, das Annelies empfangen hatte. »I bin der Mann im Haus, und’s Nannerl sorgt fürs Essen.«
    »Bist du nicht noch etwas zu jung dafür?«, erkundigte sich die Zofe, doch dann fiel ihr ein, dass sie kaum älter gewesen war, als sie ihren Dienst im Haus DeCapella angetreten hatte.
    Lukki warf ihr einen empörten Blick zu. »Aufs Jahr geh i mit in Wald, und ’s Nannerl is auch scho a richtig’s Weib, sagt da Vater.«
    Annelies schauderte. Das also war das vom Truchsess gewollte Schicksal für Matthias: den Sommer fernab im Wald, um des

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