Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wanifen

Die Wanifen

Titel: Die Wanifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Anour
Vom Netzwerk:
das ich mit Kauket in Verbindung brachte.
    Kauket lief zu einem der beiden Felsen auf der Lichtung hinüber und stieg mit einem Fuß darauf.
    »Auf jedem Kraftplatz wirst du zwei solcher Felsen vorfinden – immer an den gegenüberliegenden Enden des Kraftplatzes. Wir nennen sie Wechselsteine. Sie machen das Wandeln in die Geisterwelt erst möglich.«
    Mit Schaudern erinnerte ich mich, wie der Streuner mir auf dem anderen Kraftplatz gegenübergestanden hatte. Jeder von uns neben einem dieser … Wechselsteine.
    »Wird der Percht mich suchen, sobald wir dort sind?«, fragte ich unsicher.
    »Das hoffe ich«, antwortete Kauket.
    »Großartig«, murmelte ich halbherzig.
    Kauket stieg vom Wechselstein herunter. Das hieß wahrscheinlich, dass es gleich losging. Nun, ich könnte immer noch wegrennen …
    »Wir werden uns jetzt zwar noch nicht vom Kraftplatz entfernen, aber solltest du später einem fremden Geist begegnen, sei immer vorsichtig. Er ist mit dir durch kein Band verbunden. Wenn ihm danach ist, wird er dich angreifen.«
    »Toll.«
    »Also«, Kauket machte eine auffordernde Handbewegung in Richtung des anderen Wechselsteins. »Ich denke, du erinnerst dich, wie es funktioniert: Ein Schlag auf den Wechselstein lässt dich hinüberwandeln. Willst du wieder zurück, tust du genau das Gleiche. Du kannst nur an Kraftplätzen in die Geisterwelt wandeln – und sie wieder verlassen. Kraftplätze gehören zu beiden Welten, sie verbinden sie. Deshalb sind wir dort so stark.«
    Er hob seinen Stab.
    »Ich erwarte dich drüben!« Er ließ den Stab mit einem kräftigen Schlag auf den Wechselstein hinuntersausen und verschwand.
    In Ordnung … diesmal würde ich zumindest nicht allein sein. Kauket würde mich begleiten und er kannte die Geisterwelt. Er wusste, wie man sich dort schützte.
    Ich ging zum zweiten Wechselstein hinüber und wog meinen Stab nachdenklich in der Hand. In den vergangenen Wochen war er fast so etwas wie ein verlängerter Arm für mich geworden und ich hatte eine Art Zuneigung für meinen rötlichen Eibenstab mit der angenehm glatten Oberfläche entwickelt.
    Ich sollte Kauket wohl nicht zu lange warten lassen. Mit einer schwungvollen Bewegung schlug ich mit dem Stab auf den Wechselstein.
    Ein kühler Hauch auf meinem Gesicht, mehr spürte ich nicht. Der Kraftplatz um mich herum hatte sich nicht das kleinste bisschen verändert.
    Ich sah mich um. Obwohl Kauket mir versprochen hatte, auf mich zu warten, befand ich mich noch immer allein auf der Lichtung.
    Entweder war ich nicht gewandelt oder …
    »Da bist du ja endlich.«
    Ich zuckte zusammen und blies gleich darauf verärgert die Luft aus. »War das notwendig?«, zischte ich, und wandte mich langsam zu Kauket um.
    »Das gehört zu deiner Ausbildung«, sagte er ernst. »Du musst ein feineres Gespür entwickeln, besonders hier.«
    »In Ordnung«, brummte ich und schluckte meine Wut hinunter. »Was tun wir jetzt?«
    »Immer mit der Ruhe. Bevor wir irgendetwas tun, möchte ich, dass du dich entspannst und diesen Ort mit all deinen Sinnen wahrnimmst.«
    Ich atmete tief durch. Es war still, nur der leise Warnruf einer Blaumeise war zu hören. Es roch nach Moos und ein bisschen nach Pilzen. Ein kleiner Bach wand sich zwischen Adlerfarnen hindurch Richtung See.
    »Gut.« Ich seufzte. »Ich habe diesen Ort mit all meinen Sinnen wahrgenommen.«
    »Irgendetwas Ungewöhnliches?«
    »Nein.«
    Jetzt seufzte er. »Du musst noch viel lernen.«
    Ein leises Rascheln im Unterholz ließ mich erneut zusammenfahren. Der Percht? Oder vielleicht einer der anderen Geister, von denen Kauket mir erzählt hatte?
    Kauket blieb völlig entspannt. Er blickte in die gleiche Richtung wie ich.
    »Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt«, murmelte er. »Halte Abstand, aber bleib in der Nähe.«
    »Ich habe bestimmt nicht vor, hier allein herumzulaufen«, erwiderte ich verwirrt.
    Kauket antwortete nicht. Ich war nicht sicher, ob er überhaupt mit mir gesprochen hatte.
    »Was war das gerade?«
    »Sphincos«, sagte Kauket, den Blick noch immer auf eine Stelle im Unterholz gerichtet. »Sie ist neugierig auf dich. Du wirst sie ein anderes Mal kennenlernen.«
    »Heißt das, das war …?«, ich starrte ehrfürchtig ins Unterholz und versuchte fieberhaft, etwas zu erkennen. »Heißt das, das war mein Seelengeist?«
    Er schüttelte unmerklich den Kopf.
    »Sphincos gehört zu mir.«
    Ich hielt den Atem an. Kaukets Seelengeist! Bisher hatte er ihn mir gegenüber mit keinem Wort erwähnt. Was

Weitere Kostenlose Bücher