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Die Wanifen

Die Wanifen

Titel: Die Wanifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Anour
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das Tal, wandle sofort zurück, wenn Ata auftauchen sollte und …«
    »Du hast gesagt: keine Regeln«, erinnerte ich ihn.
    Er schien etwas erwidern zu wollen, hielt aber inne.
    »Richtig.«
    »Außerdem … ich wüsste ja nicht einmal, wie Ata aussieht. Ist er so riesig wie ein Percht?«
    Kauket starrte mich aus großen Augen an, dann lachte er laut auf. Es war ein rauer Laut – wie der Ruf eines Kolkraben. Er wischte sich japsend eine Träne aus dem Auge und blickte verlegen zur Seite, als hätte er gerade etwas sehr Peinliches getan.
    Erst jetzt wurde mir bewusst, dass es in meiner ganzen Zeit im Wanifenhaus das erste Mal war, dass ich ihn lachen hörte.
    Kauket räusperte sich und rang sichtlich um Fassung.
    »Du würdest seine Anwesenheit bemerken«, sagte er in seiner üblichen, reservierten Art, doch ich bemerkte das verräterische Beben seiner Mundwinkel.
    »Aha«, meinte ich grinsend.
    »Worauf wartest du noch? Geh, bevor ich es mir anders überlege. Ich warte hier auf dich.«
     
    Wenn man alle Möglichkeiten dieser Welt hat, braucht man eine Zeit lang, um herauszufinden, was man eigentlich will. So ging es mir, als ich nach dem Gespräch mit Kauket in die Geisterwelt wandelte. Meine plötzliche Freiheit führte dazu, dass ich keine Ahnung hatte, was ich zuerst unternehmen wollte. Auf jeden Fall hatte ich keine Lust, meine kostbare Zeit in der Geisterwelt, am langweiligen Kraftplatz zu verplempern, also begann ich einfach zu gehen, ohne dabei großartig auf die Richtung zu achten.
    Ich atmete tief durch und füllte meine Lungen mit kühler Waldluft. Ich wusste nicht, ob ich es mir nur einbildete, aber immer wenn ich in die Geisterwelt wandelte, nahm ich die Gerüche und die Geräusche des Waldes viel intensiver wahr als normalerweise. Vielleicht lag das aber auch nur daran, dass ich hier mehr auf meine Umgebung achtete. In dieser Welt konnte es sogar passieren, dass mich das Fallen eines Blatts zusammenzucken ließ oder das Fiepen einer Haselmaus. Nach einer Weile vernahm ich ein leises Rascheln dicht neben mir.
    »Du kannst herauskommen, wenn du willst.« Ich blieb stehen.
    Der Percht sprang mit einem gewaltigen Satz aus dem Gebüsch hervor und stolperte die letzten paar Schritte auf mich zu.
    Sein Moschusgeruch traf mich wie ein Schlag, und als er vor mir zum Stehen kam, musste ich den Kopf in den Nacken legen, um ihm in die Augen zu sehen.
    »Gorrral«, knurrte der Percht.
    »Auch schön, dich zu sehen«, erwiderte ich. Der Percht legte den Kopf schräg und streckte mir seine überlange Zunge entgegen.
    »Du weißt, dass ich das nicht mag.« Der Percht kniff die Augen zusammen und stieß ein paar abgehackte Knurrlaute aus.
    »Du findest das also komisch?«, fragte ich mit hochgezogenen Augenbrauen und streckte ihm ebenfalls die Zunge hinaus.
    Sein dumpfes Lachen wurde noch lauter.
    Ich stieß ihm mit der flachen Hand auf die Brust, auch wenn ich mir sicher war, dass mein Stoß nicht mal seinen verfilzten Pelz durchdrang. Der Percht stieß einen amüsierten Grunzlaut aus und schubste mich zurück. Für ihn war es nur ein spielerischer Schubs, aber ich wurde zurückgeschleudert und landete schmerzhaft auf meinem Allerwertesten.
    »Danke«, meinte ich mit vorwurfsvollem Blick. Mein Steißbein tat höllisch weh, aber trotzdem konnte ich mir das Grinsen nicht verkneifen.
    Die Sympathie des Perchts für mich war nicht einseitig. In den vergangenen Tagen hatte ich begonnen, diesen pelzigen Teufel richtig gern zu haben.
    »Weißt du, du …«
    Ich hielt inne, als ich bemerkte, dass der Percht mich nicht wahrzunehmen schien. Sein Blick war starr auf eine Böschung hinter mir gerichtet. Leises Knurren drang aus seiner Kehle.
    Ich wandte mich ruckartig um und hob meinen Stab schützend vor den Körper. Für den Bruchteil eines Augenblicks sah ich eine helle Silhouette davonflitzen.
    Beunruhigt spähte ich den Rand der Böschung entlang. Hatte ich mir das gerade nur eingebildet?
    Plötzlich vernahm ich ein leises Kichern. Wieder fuhr ich herum. Hinter dem Stamm einer herbstlich goldenen Lärche sah ich etwas Helles hervorblitzen.
    »Ganz ruhig«, murmelte ich. Die Worte galten wohl eher mir als dem Percht. »Was immer das ist, es hat keinen Grund uns anzugreifen.«
    Eine blasse Hand legte sich auf den Stamm der Lärche und kurz darauf tauchte ein Gesicht dahinter auf. Ein Paar große, fliederfarbene Augen starrten mir entgegen.
    Das Gesicht einer Frau, doch als die Gestalt etwas weiter hinter dem Baumstamm

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