Die Washington-Akte
und um seine Mundwinkel sah man die unverhüllte Erleichterung.
Nicht schlecht, dachte Knox.
Gar nicht schlecht.
51
Hale betrachtete die beiden restlichen Gläser. Sie standen in einem Abstand von fünfzehn Zentimetern auf dem glänzenden Holztisch.
In einem befand sich der Tod.
»Das reicht jetzt«, sagte Cogburn. »Ihr habt beide das bewiesen, worum es euch ging. Okay. Ihr seid Männer, ihr haltet was aus. Hört jetzt damit auf.«
Bolton schüttelte den Kopf. »Kommt nicht in Frage. Er ist an der Reihe.«
»Und wenn ich das falsche Glas wähle, bist du mich los«, sagte Hale.
»Du hast mich herausgefordert. Wir hören nicht auf. Wähle ein Glas, verdammt noch mal.«
Hale blickte nach unten. Die mit der bernsteinfarbenen Flüssigkeit gefüllten Gefäße waren still wie zwei Teiche. Er hob ein Glas und schwenkte es.
Dann das andere.
Bolton beobachtete ihn mit einem durchdringenden, starren Blick.
Hale griff nach einem Glas. »Das hier.«
Er setzte es an die Lippen.
Alle drei Kapitäne und Knox starrten ihn an. Er hielt die Augen auf ihre Gesichter geheftet. Sie sollten wissen, dass er wahren Mut besaß. Er kippte die Flüssigkeit in den Mund, spülte damit sein Zahnfleisch und schluckte sie hinunter.
Seine Augen weiteten sich, und sein Atem ging flach.
Er würgte, und die Muskeln in seinem Gesicht verzerrten sich.
Er griff sich an die Brust.
Dann stürzte er zu Boden.
Wyatt wartete, während der Hubschrauber auf dem Landebereich niedersetzte. Die Walze lag wieder in der Nylontasche. Unmittelbar nach seinem Abschluss am College hatte er begonnen, für den Geheimdienst zu arbeiten; man hatte ihn angeworben, als er beim Militär war. Er war weder liberal noch konservativ, weder Republikaner noch Demokrat. Er war einfach ein Amerikaner, der seinem Land gedient hatte, bis man ihm vorwarf, zu rücksichtslos zu sein, um weiter vom Staat bezahlt zu werden. Er hatte an einigen der gefährlichsten Orten der Welt seinen Beitrag zum Sammeln von Geheimdienstinformationen geleistet. Er hatte entscheidend dazu beigetragen, zwei in die CIA eingeschleuste feindliche Agenten zu enttarnen. Beide waren als Spione vor Gericht gestellt und verurteilt worden. Außerdem hatte er einen Doppelagenten beseitigt, da er einen Geheimbefehl ausgeführt hatte, diesen Mann zu töten, obgleich Amerika offiziell niemanden ermordete.
Kein einziges Mal hatte er einen Befehl verweigert.
Nicht einmal an jenem Tag mit Malone, als zwei Männer gestorben waren. Aber jetzt war er durch keinerlei ethische Regeln mehr gebunden.
Er konnte tun, was ihm gefiel.
Was noch ein Grund war, warum er diesen Kampf weitergeführt hatte.
Er stieg aus dem Hubschrauber, der sofort vom Boden aufstieg und wegflog. Wahrscheinlich würde er bald sicher vor neugierigen Blicken in einem Hangar stehen.
Carbonell erwartete ihn allein. Im SUV saß kein Fahrer.
»Wie ich sehe, waren Sie erfolgreich«, sagte sie.
Sie hatte sich umgezogen und trug jetzt einen kurzen marineblauen Rock und eine weiße Jacke, die ihre Kurven eng umschloss. An den Füßen saßen Sandalen mit mittelhohen Absätzen. Er stand ein paar Schritte entfernt, die eingepackte Walze in der Hand. Seine Pistole steckte hinter dem Rücken verborgen in seinem Gürtel.
»Und jetzt?«, fragte er sie.
Sie zeigte auf eines der Fahrzeuge. »Der Schlüssel steckt. Fahren Sie damit, wohin Sie wollen.«
Er tat so, als interessiere er sich für den SUV . »Kann ich ihn behalten?«
Sie kicherte. »Wenn es Sie glücklich macht. Mir ist das scheißegal.«
Er sah sie an.
»Sie haben die Walze eingesetzt und wissen, wo die Papiere sich befinden, nicht wahr?«, fragte sie.
»Ja.«
»Können Sie die beiden fehlenden Seiten beschaffen?«
»Ich bin der einzige Mensch auf der Welt, der das kann.«
Er begriff, in welch einzigartiger Situation er sich derzeit befand. Hier stand er und hielt den einzigen Gegenstand auf der Welt in der Hand, den diese Frau mehr als alles andere brauchte. Damit konnte sie die beiden fehlenden Seiten aus den Protokollbüchern des Kongresses finden und den Plan vollenden, den sie sich ausgedacht hatte, wie auch immer der aussah. Ohne die Papiere war sie nicht besser dran als jeder andere.
Er schmetterte die Nylontasche auf den Asphalt und hörte, wie die zweihundert Jahre alten Holzscheiben zerbrachen.
»Sie können sie wieder zusammenkleben. Das dürfte eine Woche oder so in Anspruch nehmen. Viel Glück.«
Damit ging er zum SUV .
Knox heftete den Blick auf die Leiche von
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