Die Washington-Akte
erschossen werden.«
»Dann sollten Sie meine Fragen besser beantworten, denn sonst werden Sie herausfinden, wie eine Schusswunde sich anfühlt.«
Malone schwamm aus der Höhle in die Mahone Bay. Das Meer war kalt. Er schüttelte sich das Wasser aus den Augen und sah zum Fort Dominion hinauf. Der Stollen, durch den er geflohen war, hatte in eine Felsspalte geführt. Er fragte sich, wie es um Wyatt stand, denn von dem hatte er nichts mehr gehört oder gesehen. Der Weg, den Wyatt gewählt hatte, endete offensichtlich in einer anderen Höhle. Falls Wyatt es nach draußen geschafft hatte, sollte er jetzt hier irgendwo herumschwimmen, aber Malone, der selbst im Wasser trieb, konnte nicht viel sehen. Er sollte eigentlich viel wütender auf Wyatt sein. Aber eines war klar: Wenn Wyatt ihn nicht in die Sache hineingezogen hätte, wäre er nicht in der Lage, Stephanie zu helfen.
Sonderbar, aber dafür war er ihm dankbar.
Er musste aus dem Wasser raus, und so schwamm er zu einem flachen Teil der Insel südlich des Forts. Er fand einen kleinen Strand und watete an Land. Die Nachtluft war eiskalt. Seine Jacke lag noch in der unterirdischen Kammer. Genau wie Wyatt hatte er sie zurückgelassen, da sie ihn beim Schwimmen behindert hätte. Zum Glück war er vorbereitet und hatte Kleider zum Wechseln dabei.
Der Gestank der Vögel meldete sich wieder, als er sich landeinwärts wandte, zurück zu der Stelle, wo er sein Boot am Strand vertäut hatte. Er erinnerte sich an ein Nylontau, mit dessen Hilfe er noch einmal in die unterirdische Kammer vordringen konnte. Er würde auf die Ebbe warten, und dann hätte er ein paar Stunden, um die Räume unter dem Fort sicher zu erkunden. Gewiss hatte Andrew Jackson über Fort Dominion und den Vorfall Bescheid gewusst, der sich dort während des Unabhängigkeitskriegs ereignet hatte. Warum sonst sollte er einen so abgelegenen Ort gewählt haben? Vielleicht weil die Natur auch dann noch Wache stehen würde, wenn der Code entschlüsselt und die Chiffrierwalze gefunden wäre. Sie würde allen außer den klügsten Suchern einen Strich durch die Rechnung machen.
Er schob sich durch das verbliebene Gezweig und fand sein Boot. Eilig riss er sich das nasse Hemd vom Leib. Vor dem Kleiderwechsel überprüfte er sein Handy. Edwin Davis hatte viermal angerufen. Er drückte auf Rückruf.
»Wie läuft es bei Ihnen?«, fragte Davis.
Er schilderte das Desaster, aber auch seinen Erfolg.
»Wir haben hier ein Problem«, sagte Davis.
Malone ließ sich berichten, was Cassiopeia unternommen hatte, und sagte dann: »Und Sie haben sie gehen lassen?«
»Es schien der einzige gangbare Weg. Das Unwetter bietet ausgezeichnete Deckung. Offensichtlich sind wir aber nicht die Einzigen, die das denken.«
»Ich komme dorthin.«
»Sollten Sie nicht diese Seiten holen?«
»Ich hocke hier nicht faul rum und warte auf die Ebbe, während inzwischen Stephanie und Cassiopeia in Schwierigkeiten stecken.«
»Das wissen Sie doch gar nicht. Cassiopeia kann auf sich selbst aufpassen.«
»Da kann einfach zu viel schieflaufen. Ich kontaktiere Sie aus der Luft. Halten Sie mich auf dem Laufenden.«
Er beendete das Gespräch, zog die restlichen nassen Sachen aus und ersetzte sie durch trockene Kleidung aus dem Boot. Bevor er vom Strand ablegte, rief er die Piloten des Secret Service an und trug ihnen auf, sich zum Abflug bereitzuhalten. Er sei auf dem Weg.
Wyatt fand sein Boot am Nordufer der Insel. Ihm war eiskalt in seinen nassen Klamotten. Er hatte damit gerechnet, die Nacht auf der Insel zu verbringen, und da er nicht wusste, was ihn erwartete, hatte er Ersatzhemd und -hose dabei. Außerdem hatte er einen Rucksack mit Vorräten gepackt. Darunter waren auch Streichhölzer, und mit diesen entzündete er ein Stück weg vom Strand ein kleines Feuerchen aus getrocknetem Treibholz.
Was war mit Malone geschehen?
Er hatte keine Ahnung, da er im kabbeligen Wasser der Bucht nichts gehört oder gesehen hatte. Nachdem er voll bekleidet geschwommen war, war er erschöpft. Seine Muskeln waren an eine solche Anstrengung nicht gewöhnt. Er kauerte sich dicht bei den Flammen nieder und heizte mit weiteren Zweigen und Ästen ein. Hoffentlich war es Knox gelungen, aufs Festland zurückzukehren und den Kapitänen seine Nachricht zu überbringen. Aber Wyatt hatte keineswegs vor, ihnen die fehlenden zwei Seiten zu verkaufen.
Ihn interessierte nur eines.
Andrea Carbonell zu töten.
Er schlüpfte in seine Ersatzkleidung und wünschte, er hätte
Weitere Kostenlose Bücher