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Die Washington-Akte

Die Washington-Akte

Titel: Die Washington-Akte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Berry
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zu töten. Sie hatte gar nicht die Absicht gehabt, ihn in den Genuss ihres Geldes kommen zu lassen.
    »Wo liegt das Problem?«, fragte er sie. »Sie dürfen nicht zulassen, dass ich mit irgendjemandem rede? Ich weiß zu viel?«
    »Ich bezweifle, dass Sie irgendetwas verraten würden. Aber es zahlt sich aus, hundertprozentig sicherzugehen. Haben Sie diese Seiten wirklich gefunden?«
    »Ja.« Das stimmte zwar nicht ganz, kam der Wahrheit aber doch nahe.
    »Und warum sollte ich Ihnen glauben?«
    »Mir fällt kein Grund dazu ein.«
    Er wusste, dass sie die Absicht hatte, ihn zum Weiterreden zu veranlassen, damit ihre Leute ihn aufs Korn nehmen und erledigen konnten.
    »Ihre Feindseligkeit gegen mich ist ganz unnötig.«
    »Dann kommen Sie hervor und sehen Sie mir in die Augen.«
    Er setzte sein Nachtsichtgerät ab.
    Knox war in der Nähe, und er war bewaffnet. Wyatt konnte ihn spüren. Knox würde hoffentlich nur zuhören und nicht schießen. Schließlich wollte der Pirat das, was Andrew Jackson hier versteckt hatte, ebenfalls haben.
    Cassiopeia konnte nichts tun. Zwei Crewmitglieder hatten eine schreiende Shirley Kaiser aus der Zelle geschleppt, während drei weitere Cassiopeia und Stephanie mit Pistolen bedrohten. Shirley wurde zwei Zellen weiter geschleift. Sie war durch die Gitterstäbe deutlich zu sehen. Ihre Handgelenke und Fußknöchel wurden mit Klebeband an einen schweren Eichenstuhl gefesselt und ihr Mund geknebelt. Sie warf protestierend den Kopf hin und her.
    Die Männer mit den Pistolen hatten sich aus Cassiopeias Zelle zurückgezogen.
    Sie und Stephanie standen allein da.
    »Was sollen wir tun?«, flüsterte Stephanie.
    »Wenn ich nicht anrufe, kommt die Kavallerie zu unserer Rettung.«
    »Aber man kann unmöglich sagen, was Hale mit Shirley anstellen wird. Wie viel Zeit bleibt noch?«
    »Noch etwa eine Stunde bis zur Morgendämmerung.«
    Ein weiterer Mann tauchte auf. Er trug eine schwarze Ledertasche.
    »Dies hier ist der Arzt der Gesellschaft«, sagte Hale. »Er kümmert sich um unsere Wunden.«
    Der Arzt war ein kräftiger Mann mit höflichem Gesicht und kurz geschnittenem Haar. Seine Kleidung war klatschnass. Er legte die Tasche auf einen Holztisch vor Shirley. Dann zog er eine Knochenschere aus Edelstahl heraus.
    »Der Arzt ist ein wichtiges Mitglied jeder Crew«, erklärte Hale. »Er hat früher zwar nicht gekämpft oder das Schiff verteidigt, aber er erhielt immer einen größeren Anteil der Beute als ein normales Crewmitglied, und jeder bezahlte das gerne. Das trifft bis heute zu.«
    Der Arzt stand neben Shirley, das Schneidewerkzeug in der Hand.
    »Miss Vitt? Miss Nelle?«, sagte Hale. »Meine Geduld ist am Ende. Den ewigen Kampf gegen Verrat habe ich endgültig satt. Ich möchte meine Ruhe haben, aber die US-Regierung lässt nicht von mir ab. Jetzt bin ich bei mir zu Hause angegriffen worden …«
    Die Sperrholzplatte, die die Gefängnistür ersetzte, ging krachend auf, und drei Männer traten ein und schüttelten den Regen von ihren Mänteln.
    Sie waren ungefähr in Hales Alter.
    »Die anderen Kapitäne«, flüsterte Stephanie.
    Knox schob sich näher an die Stelle heran, wo Wyatt und Carbonell einander herausforderten. Er fragte sich, ob Carbonell begriff, dass Wyatt sie in seine Nähe lockte und sie dabei in dem Glauben wiegte, sie hätte die Oberhand. Er hörte Bruchstücke ihrer Unterredung, während er sich zu einer Stelle unmittelbar über ihnen vorarbeitete. Felsen und Trümmer behinderten ihn beim Vorankommen, und die Vögel erschwerten ihm die Sache noch zusätzlich, da er darauf achten musste, sie nicht aufzuscheuchen. Eine Veränderung ihres rhythmischen Gurrens hätte seine Anwesenheit verraten.
    Wyatt hatte behauptet, die Seiten gefunden zu haben. Ob das stimmte? Und spielte es überhaupt noch eine Rolle?
    Vielleicht schon.
    Wenn Wyatt und Carbonell bei Knox’ Rückkehr nach Bath tot wären und er die beiden fehlenden Seiten in Händen hielte, würde das seinen Wert in den Augen der Kapitäne beträchtlich steigern. Nicht nur würde das Gesetz die Kaperfahrer künftig schützen, er hätte sie auch alle gerettet.
    Die Aussicht war reizvoll.
    Er hielt seine Pistole fest umklammert.
    Seine Zielobjekte befanden sich nun unmittelbar unter ihm.
    »In Ordnung, Jonathan«, hörte er Carbonell sagen. »Von Angesicht zu Angesicht.«
    Hale nahm die Unterbrechung durch seine Kollegen übel. Was machten sie hier? Die Sache ging sie nichts an. Sein Haus, nicht das ihre, war angegriffen worden,

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