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Die Washington-Akte

Die Washington-Akte

Titel: Die Washington-Akte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Berry
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sie die erforderlichen Waren zum richtigen Preis liefern konnten. Viele amerikanische Häfen wurden zu Piratennestern. Bath war das bekannteste und erfolgreichste unter ihnen. Schließlich wechselten durch den Unabhängigkeitskrieg die Loyalitäten, und das Commonwealth wurde gegründet.
    Seit damals waren die vier Familien miteinander verbunden.
    Als Zeichen unserer Einheit und zur Stärkung unserer gemeinsamen Ziele darf jeder Mann bei wichtigen Angelegenheiten mit abstimmen; jeder hat das gleiche Anrecht auf frischen Proviant oder starke Getränke, wann auch immer sie erbeutet werden, und darf sie nach Belieben genießen. Kein Mann ist besser als ein anderer, und jeder soll dem anderen zur Seite stehen.
    Worte aus den Artikeln, die er sich zu Herzen nahm.
    Er stellte den Wagen vor einem weiteren Gebäude des Anwesens ab. Es hatte ein Walmdach, Giebel, Dachgauben und auf der einen Seite einen Turm. Das Gebäude war zweigeschossig mit einer freitragenden Treppe davor. Das ansprechende Äußere verhüllte die Tatsache, dass es als Gefängnis diente.
    Er gab einen Code für die schwere Eichenholztür ein und öffnete das Schloss. Ursprünglich hatte man die Wände nur aus Backsteinen und Holzbalken erbaut. Inzwischen aber waren sie nach dem neuesten Stand der Technik schalldicht isoliert worden. Drinnen lagen acht Zellen. Es war kein grauenhaftes Gefängnis, aber eben doch ein Gefängnis. Und es erwies sich oft als praktisch.
    Wie zum Beispiel vor ein paar Tagen, als Knox das Zielobjekt gefangen genommen hatte.
    Hale stieg in den ersten Stock hinauf und trat zu den stählernen Gitterstäben. Die Gefangene auf der anderen Seite erhob sich von einer Holzbank und trat ihm gegenüber.
    »Haben Sie es bequem?«, fragte er. Die Zelle maß drei mal drei Meter, was durchaus geräumig war, wenn man bedachte, was seine Vorfahren hatten erdulden müssen. »Brauchen Sie irgendwas?«
    »Den Schlüssel zur Tür.«
    Er lächelte. »Selbst wenn Sie den hätten, könnten Sie nirgendwohin.«
    »Man hat sich nicht in Ihnen geirrt. Sie sind kein Patriot, sondern ein gemeiner Pirat.«
    »So nennt man mich heute schon zum zweiten Mal.«
    Die Gefangene trat dicht an die Gitterstäbe heran. Hale stand genau auf der anderen Seite, keinen halben Meter entfernt. Er bemerkte die schmuddelige Kleidung und das erschöpfte Gesicht. Man hatte ihm gesagt, dass seine Gefangene in den vergangenen drei Tagen wenig gegessen habe.
    »Niemand schert sich darum, dass Sie mich haben«, erklärte sie.
    »Da bin ich mir nicht so sicher. Bisher hat noch keiner begriffen, in welcher Gefahr Sie sich befinden.«
    »Ich bin entbehrlich.«
    »Cäsar wurde einmal von sizilianischen Piraten gefangen genommen«, erzählte er. »Sie verlangten ein Lösegeld von fünfundzwanzig Goldtalenten. Er dachte von sich selbst, dass er mehr wert sei, und forderte sie auf, das Lösegeld auf fünfzig Talente hochzusetzen. Die wurden dann auch gezahlt. Nach seiner Freilassung brachte er die Piraten zur Strecke und metzelte sie bis auf den letzten Mann nieder.« Er hielt inne. »Wie viel sind wohl Sie Ihrer Meinung nach wert?«
    Speichel flog zwischen den Gitterstäben hindurch und klatschte in sein Gesicht.
    Er schloss die Augen, zog langsam ein Taschentuch aus der Hosentasche und wischte sich ab.
    »Stecken Sie sich das in den Arsch«, sagte seine Gefangene zu ihm.
    Er griff in seine andere Hosentasche und holte ein Feuerzeug hervor. Es war mit Neusilber beschlagen, und sein Name war darin eingraviert. Seine Kinder hatten es ihm Weihnachten vor zwei Jahren geschenkt. Er zündete das Taschentuch an und warf es brennend zwischen den Gitterstäben hindurch auf die Gefangene.
    Stephanie Nelle sprang zurück, ließ das brennende Bündel zu Boden fallen und trat es mit dem Schuh aus. Dabei ließ sie ihn nicht aus den Augen.
    Er hatte sie gefangen genommen, um jemand anders einen Gefallen zu tun, aber in den letzten Tagen hatte er darüber nachgedacht, wie er sie für seine eigenen Zwecke benutzen könnte. Vielleicht wurde sie sogar entbehrlich, wenn Knox’ Nachricht aus New York – dass der Code vielleicht entschlüsselt sei – sich als wahr erwies.
    In Anbetracht des Vorfalls von eben hoffte er, dass das der Fall war.
    »Ich versichere Ihnen«, sagte er. »Sie werden noch bereuen, was Sie gerade getan haben.«

ZWEITER TEIL

16
    Malone blieb auf seinem Stuhl sitzen, als die Air Force One von der Rollbahn abhob und südwärts nach Washington, D.C. zurückflog. Alle waren im

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