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Die Washington-Akte

Die Washington-Akte

Titel: Die Washington-Akte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Berry
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über eine Geschichte nachgedacht, die mir einmal jemand erzählt hat. Zwei Stiere standen auf einem Hügel und schauten auf eine Herde schöner Kühe hinunter. Der jüngere sagte: ›Ich renne jetzt da runter und nehme mir eine dieser Schönen.‹ Der alte Stier schluckte den Köder nicht. Er blieb einfach stehen. Der junge Stier stachelte ihn an, zweifelte seine Potenz an und sagte erneut: ›Lass uns da runterrennen und eine von denen vernaschen.‹ Schließlich legte der alte Stier den Kopf schief und erklärte seinem jungen Freund: ›Wie wäre es, wenn wir einfach langsam da runtergehen und sie alle nehmen?‹«
    Malone lächelte. Er konnte sich in diesen Jungbullen hineinversetzen.
    Auf dem Fernsehbildschirm sah man jetzt eine verschwommene, ferne Aufnahme des Flugzeugs und zweier Autos, die sich der ins Flugzeug führenden Gangway näherten. Drei Beamte stiegen aus den Wagen. Sie trugen FBI -Jacketts wie das, das er selbst noch anhatte, und dazu Kappen.
    Einer von ihnen ging die Gangway hinauf.
    Er spürte, dass der Präsident auf etwas wartete, aber die Geschichte mit ihrer Metapher gab ihm die Frage ein: »Wem wollen Sie zeigen, wo der Hammer hängt?«
    Der Präsident deutete mit dem Finger auf ihn und Davis. »Haben Sie beide sich wieder miteinander bekannt gemacht?«
    »Ich fühle mich wie in einer Familie«, antwortete Malone. »Es ist die pure Liebe. Sehen Sie das auch so, Edwin?«
    Davis schüttelte den Kopf. »Glauben Sie uns, Cotton. Wir wünschten, das hier würde nicht geschehen.«
    Die Tür des Konferenzraums ging auf, und Cassiopeia trat ein. Sie legte ein marineblaues Jackett und eine Kappe ab und brachte feuchtes dunkles Haar zum Vorschein.
    Sie sah so großartig aus wie immer.
    »Dinner und Theater kann man das nicht gerade nennen«, sagte Malone. »Aber wir sind in der Air Force One .«
    Sie lächelte. »Mit dir langweilt man sich nie.«
    »Jetzt, wo alle da sind«, sagte Daniels. »Können wir zum Geschäft kommen?«
    »Was mag das wohl sein?«, fragte Cassiopeia.
    »Ich freue mich auch, Sie wiederzusehen«, bemerkte der Präsident.
    Malone wusste, dass Cassiopeia schon früher einmal mit Daniels zusammengearbeitet hatte – bei einem Gemeinschaftsprojekt mit Stephanie. Die beiden Frauen waren eng befreundet. Sie hatten sich schon zu Lebzeiten von Stephanies verstorbenem Mann Lars gekannt. Daher würde es auch Cassiopeia Sorgen bereiten, dass Stephanie in Schwierigkeiten steckte.
    Cassiopeia zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht, ob das was zum Freuen ist. Man wirft mir vor, einen Mordanschlag auf Sie verübt zu haben. Aber da Sie offensichtlich nicht tot sind, warum sind wir dann überhaupt hier?«
    Daniels’ Gesicht verhärtete sich. »Es geht um nichts Gutes. Überhaupt nichts Gutes.«
    15
    Bath, North Carolina
    Hale ging von Bord der Adventure und schlenderte den Pier entlang. Die Crew war damit beschäftigt, die Slup am Ende des sechzig Meter langen Piers festzumachen. Im Westen ging die Spätsommersonne unter, und die Luft nahm eine vertraute Kühle an. Das ganze Land entlang des Flusses, beinahe zwanzig Quadratmeilen, gehörte dem Commonwealth – die Flächen waren vor Jahrhunderten zwischen den vier Familien aufgeteilt worden, und jede hatte ein gleich großes Stück des Flussufers erhalten. Bath lag ein paar Meilen weiter östlich. Inzwischen war es nur noch ein verschlafenes Nest mit 267 Einwohnern, die überwiegend Wochenendhäuschen und Cottages in Flussnähe besaßen. Von seiner einstigen Bedeutung war nichts geblieben. Das den Hales gehörende Viertel des Geländes war immer makellos gepflegt gewesen. Vier Häuser standen im Wald verstreut, eines für jedes der Hale-Kinder und eines für ihn selbst. Er verbrachte den größten Teil der Zeit hier und nutzte seine Wohnungen in New York, London, Paris und Hongkong nur, wenn es nötig war. Die anderen Familienclans hielten es genauso. So war es seit 1793, als das Commonwealth sich zusammengeschlossen hatte.
    Ein Elektrowagen erwartete ihn, und er fuhr durch Eichen-, Pinien- und Zypressenwäldchen zu sich nach Hause. Das 1883 im Queen-Anne-Style errichtete Herrenhaus wies zahlreiche pittoreske Vorsprünge und eine ausgeprägte Dachsilhouette auf. Balkone und Veranden liefen um das Haus mit seinen zweiundzwanzig Räumen auf drei Geschossen. Die olivgrünen Mauern strahlten charaktervolle Wärme aus, die Dachschind eln waren blassrot und schiefergrau, die Bleiglasfenster schim merten, und die Türen waren mahagonibraun

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