Die Washington-Akte
weiter.
Falls er von hier entkam, dann nur mit Müh und Not.
Wie viele Agenten mochten sich hier befinden? Und wie viel Aufmerksamkeit würden sie auf sich lenken wollen? Nachdem er vier von ihren Leuten erledigt hatte, kannten sie wahrscheinlich keine Hemmungen mehr.
Er beschloss, dass ihm keine Wahl blieb.
Er würde durch die Haupttür verschwinden.
Und zwar schnell.
Wyatt betrat sein Hotelzimmer und packte sofort seine Reisetasche. Er hatte nur wenig Kleidung mitgenommen, da er schon vor langer Zeit gelernt hatte, wie nützlich es war, leicht zu reisen. Er schaltete den Fernseher ein und sah sich mehr von der Berichterstattung über das gescheiterte Attentat an. Der Sender berichtete, Danny Daniels befinde sich an Bord der Air Force One auf dem Rückweg nach Washington.
Zweifellos flog noch ein Passagier mit.
Cotton Malone.
Und das bedeutete: Wenn das Weiße Haus wusste, dass der Jefferson-Code entschlüsselt worden war – und das hatte Carbonell ja nachdrücklich betont –, dann war Malone ebenfalls informiert.
»Zwei Männer sind deinetwegen tot«, hatte Malone zu ihm gesagt.
Die Anhörung war vorbei, das Urteil gesprochen, und zum ersten Mal seit Langem war er arbeitslos.
»Und wie viele Männer sind deinetwegen schon ums Leben gekommen?«
Malone wirkte unbeeindruckt. »Auf jeden Fall keiner, weil ich meine eigene Haut retten wollte.«
Wyatt rammte seinen Gegner gegen die Wand und fuhr ihm mit der Hand an die Kehle. Sonderbarerweise wehrte Malone sich nicht. Stattdessen sah er einfach zurück, ohne jede Angst oder Besorgtheit in den Augen. Wyatts Finger ballten sich zur Faust. Am liebsten hätte er sie Malone ins Gesicht geschlagen. Stattdessen sagte er: »Ich war ein guter Agent.«
»Das ist das Schlimmste an der Sache. Du warst wirklich gut.«
Wyatt packte ihn fester an der Kehle, aber noch immer reagierte Malone nicht. Dieser Mann verstand, mit Angst umzugehen. Er wusste, wie man sie unterdrückt, besiegt und niemals zeigt.
Das würde Wyatt nicht vergessen.
»Es ist vorbei«, sagte Malone. »Du bist erledigt.«
Nein, das stimmt nicht, dachte Wyatt.
Carbonell hatte ihm mit dem größten Vergnügen vom Garver Institute erzählt, ihm dessen Lage beschrieben und die Losung genannt, mit der er reinkommen würde. Sie erklärte, dass ihn dort ein Mann erwarte, und sobald Wyatt den Schlüssel habe, solle er sie kontaktieren.
»Was haben Sie mit dem Schlüssel vor?«, fragte er sie.
»Ich beabsichtige, Stephanie Nelle zu retten.«
Das bezweifelte er. Einer Frau, die einen ihrer eigenen Agenten geopfert hatte, nahm er das nicht ab.
»Wenn Sie diesen Auftrag für mich ausführen, verdoppele ich Ihr Honorar«, sagte sie.
Das war eine Menge Geld für einen Botengang, auf den sie auch einen ihrer eigenen Leute hätte schicken oder den sie, noch besser, sogar selbst hätte erledigen können. Dann begriff er. »Wer wird denn noch da sein?«
Sie zuckte mit den Schultern. »Schwer zu sagen, aber alle wissen Bescheid. Die CIA , die NSA und mehrere andere Geheimdienste, die nicht wollen, dass der Code entschlüsselt wird oder diese Seiten gefunden werden.«
Er war noch immer unentschieden.
Ihre Augen wurden weich. Sie war verdammt attraktiv, und sie wusste es.
»Ich fliege Sie selbst nach Maryland«, sagte sie. »Ein Hubschrauber steht bereit. Unterwegs überweise ich Ihr verdoppeltes Honorar auf jedes beliebige Konto in Übersee, das Sie mir nennen. Nehmen Sie den Auftrag an?«
Sie kannte seine Schwäche. Warum auch nicht. Geld war schließlich Geld.
»Einen kleinen Bonus gibt es noch obendrein«, bemerkte sie. »Cotton Malone befindet sich an Bord der Air Force One. Da ich dem Weißen Haus besagte Information übermittelt habe, wird er wohl ebenfalls in Maryland sein.« Sie lächelte. »Vielleicht wird ja jemand das zu Ende bringen, was Sie heute begonnen haben.«
Vielleicht, dachte er.
Knox trat aus dem Lift in die Lobby des Helmsley Park Lane. Obwohl es schon gegen halb zehn Uhr abends ging, wimmelte es hier glücklicherweise von Gästen. Er musterte prüfend die Gesichter, ob jemand ihm Probleme machen würde, spürte aber nichts Auffälliges. Die Einkaufstüte in der einen Hand, ging er ruhig zum Ausgang. Die andere Hand hatte er in seine Jackentasche geschoben, wo der Revolver steckte. Notfalls würde er sich den Weg nach draußen freischießen.
Er trat auf die Central Park South hinaus.
Auf dem Bürgersteig wuselten noch mehr erregte Passanten herum, und er folgte dem Strom zur
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