Die Wasser des Mars
schien seine Gedanken zu ahnen. »Du glaubst, daß der hier viel ruhiger und friedlicher ist als der, den ich dir eben vorgeführt habe.«
Es war mehr eine Feststellung als eine Frage, und Howard nickte bestätigend.
»Du irrst dich«, wurde er aufgeklärt. »Er ist nicht ruhiger, sondern nur anders. Ich kann dir nicht erklären, wie er es fertiggebracht hat, aber er hat sich ein Organ geschaffen, mit dem er in der Lage ist, aus der Oxidation vorzugsweise organischer Stoffe Energie zu beziehen. Vorausgesetzt, er hat den zur Oxidation erforderlichen Sauerstoff zur Verfügung.«
Howards Kenntnisse reichten aus, um zu verstehen, daß es sich hier um eine Art der Energiegewinnung handelte, wie sie die Natur bei allen tierischen Lebewesen anwandte.
»Und auf welche Weise bringst du ihn zur Ruhe?« fragte er, obwohl er die Antwort bereits ahnte, als er die akkurat abgedichtete Sichtscheibe betrachtete. »Du hältst ihn in einer Stickstoffatmosphäre. Habe ich recht?«
Jeffer Jefferson nickte. »Meine Versuche mit ihm hatten stets etwas Überraschendes. Eigentlich war er schon immer weiter entwickelt als die anderen, aber stell dir meine Verblüffung vor, als er trotz Energieentzugs ausbrach. Ich hatte ihm die Batterien entladen, den Strom abgeschaltet und das Licht entzogen, aber trotzdem ist es ihm gelungen, den Käfig zu verlassen. Es hat lange gedauert, ehe ich ihn wieder hinter Schloß und Riegel hatte, und noch länger brauchte ich, bis ich seine Energiequelle erkannte.«
Jetzt betrachtete Howard den Kyberneten, der mehr von einem Tier als von einer Maschine an sich hatte, mit anderen Augen. Das Ding strahlte eine schläfrige Kraft aus, die plötzlich etwas Bedrohliches in sich barg. »Und wie soll das alles weitergehen?« fragte er.
Jeffer Jefferson aber zuckte die Schultern. »Genau das ist mein Problem, Howard.«
Versonnen betrachtete er den Kyberneten. »Wenn man es genau nimmt, stecke ich eigentlich zur Zeit in einer Sackgasse, aus der ich keinen Ausweg finde.«
Howard bemerkte verwundert, daß Jeffer die Tatsache, nicht recht weiter zu wissen, nicht allzu schwer nahm. Immer noch lächelte Jefferson sein eigenartiges Lächeln, an dem die Augen keinen Anteil hatten.
»Bisher lief alles ausgezeichnet«, plauderte er weiter. »Sie alle machten ihre Entwicklung fast ohne mein Zutun durch. Aber in den letzten Monaten stagniert ihre Evolution. Ihr einziger Trieb scheint ein ungewöhnlicher starker Drang nach Freiheit zu sein, hinter dem ich das Bedürfnis nach neuen Energiequellen vermute. Andere Gründe kann ich mir, nach den Untersuchungsergebnissen zu urteilen, nicht vorstellen.«
Howard horchte den Worten nach, aus denen weder Sorge noch Resignation klang. Er war erstaunt über die Riesenarbeit, die Jeffer in wenigen Jahren geleistet hatte, fand jedoch diese Stagnation nicht verwunderlich. Jeffer hatte, so groß seine Erfolge auch gewesen sein mochten, immer allein gearbeitet, hatte sowohl die schöpferischen wie auch die routinemäßigen Probleme stets im Alleingang gelöst. Bei diesem Arbeitsstil war es einfach zu erwarten, daß er über kurz oder lang an einem toten Punkt anlangte. Das schien jetzt bei Jeffers Forschungen der Fall zu sein. Dabei mußte man anerkennen, daß er verblüffend weit gekommen war. Bei dem Stand, den die Technik und vor allem die Kybernetik erreicht hatten, war das gesamte Gebiet selbst von einem Genie nicht mehr zu überblicken. Alle Welt wußte das und richtete sich danach, schuf Entwicklungsgruppen, Teams oder Kollektive, nur an Jeffer schien dieses Wissen um die Erfordernisse moderner Technologie vorbeigegangen zu sein.
Howard sprach seine Gedanken aus. »Vielleicht solltest du die Leitung der Frisco um ein paar gute Mitarbeiter bitten, Jeffer. Mehrere Köpfe haben mehr und bessere Gedanken als einer allein. Außerdem besteht bei dir die Gefahr, daß du gewissermaßen betriebsblind wirst. Und ob du alle Randgebiete deiner Forschungen überblicken kannst, wage ich bei aller Hochachtung zu bezweifeln.«
Jeffer grinste erneut. »Sehr gut gesprochen!« erklärte er. Dann aber wurde er ernst, und es sah aus, als schrumpfe er in sich zusammen. Sein Gesicht verzog sich plötzlich. »Teamwork, Kollektivarbeit und so weiter und so weiter. Ich kenne diese Tiraden, Howard. Ich habe sie mir mehr als einmal anhören müssen.«
Er nahm die Brille ab und preßte Daumen und Zeigefinger in die Augenwinkel. Abwehrend schüttelte er den Kopf. »Nein, das ist nichts für mich, nichts für
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