Die Wasser des Mars
Jeffer Jefferson. Ich weiß, daß ich ein guter Wissenschaftler bin, Howard. Aber ich weiß auch, daß ich ein schlechter Leiter bin. Es würde nicht lange dauern, und meine Mitarbeiter hätten mich an die Wand gespielt. Was bei ihnen zählt, ist die Leistung, die Leistung, die sich in Cents und Dollars ausdrücken läßt. Und in dieser Beziehung würde mich jedes Schulkind überflügeln. Sie würden sich meine Erfolge unter den Nagel reißen, und ich würde nur arbeiten, arbeiten und arbeiten. Vielleicht würde ich nicht einmal merken, wie ich gemolken werde. Nein, Howard, nicht mit mir.«
Zum erstenmal glaubte Howard Resignation in Jeffers leiser Stimme zu hören. Er versuchte den Freund zu begreifen, aber es fiel ihm schwer. Howard war von jeher ein guter Geschäftsmann gewesen, und es schien ihm unverständlich, daß es Leute gab, denen das Streben nach materiellem Wohlstand fremd war.
Er blickte auf den stumpfgrauen Kyberneten hinter der Glaswand. »Vielleicht ist es ein Fehler, ihnen immer wieder die Energie zu entziehen«, mutmaßte er. Eigentlich sagte er das nur, um das sich langsam hinschleppende Gespräch wieder in Gang zu bringen. Seit er Jeffer den Hinweis mit dem Teamwork gegeben hatte, schien der Kybernetiker nachdenklich geworden zu sein. Sinnend betrachtete er seine Kreaturen. Howard berührte ihn an der Schulter. »Könnte es nicht sein, daß sie sich bei ihrer Sucht nach Energie einfach erschöpfen? Stell sie ihnen in genügender Menge zur Verfügung, Jeffer. Vielleicht zeigt sich dann in ihrem Verhalten etwas Neues.«
Jeffer blickte durch ihn hindurch. Die Brille mit den dicken Gläsern hatte er wieder aufgesetzt. Howard sah, daß er gerötete Augen hatte. »Du redest, wie du es verstehst, Howard«, erwiderte Jeffer. »Es gibt keine Möglichkeit, sie in der Gefangenschaft zu halten, wenn ich ihnen nicht die Energie brutal kontingentiere. Sie würden innerhalb kürzester Frist ausbrechen und das Labor verheeren. Auch hier aus diesem verhältnismäßig gut gebauten Keller würden sie sehr schnell entkommen. Nicht auszudenken, wenn es ihnen gelänge, nach draußen zu fliehen.«
Howard konnte nur schwer begreifen, daß es keine Sicherheitsvorkehrungen gegen die Gefahr eines Ausbruches geben sollte, aber auch hier neigte er dazu, Jeffers Worten zu glauben. »Ich werde mich in den nächsten Tagen intensiv mit Tarzan beschäftigen«, erklärte Jeffer nach einer längeren Pause des Nachdenkens.
Howard lächelte. Die Bezeichnung Tarzan schien ihm symptomatisch für Jeffers Verhältnis zu seinen Schöpfungen.
Später hatten sie in einer kleinen Bar zusammengesessen. Jeffer trug einen teuren Anzug und eine dezente Krawatte. Offensichtlich waren ihm die guten Seiten des materiellen Wohlstandes doch nicht so unbekannt. Er nahm eine Zitronenscheibe in den Mund und schlürfte den Vermouth in kleinen Schlucken. Lange schwiegen sie beide, ehe sich Jeffer aufraffte.
»Siehst du, Howard«, sagte er, »für diese Biester oder eigentlich für das, was bei ihrer Entwicklung abgefallen ist, habe ich einen Preis bekommen, um den sich die Wissenschaftler reißen.«
»Und trotzdem frage ich dich nochmals, Jeff. Was ist dein Ziel? Wohinaus willst du mit ihnen?«
Jeffer runzelte die Brauen, ehe er antwortete. »Und ich entgegne dir nichts anderes als vor etwa einer Stunde. Ich will beweisen, daß auch die unbelebte Natur unter gewissen Bedingungen zu einer Evolution fähig ist. Nicht mehr und nicht weniger!«
»Aber welchen Nutzen hat die Menschheit davon?« Howard bemühte sich, den ehemaligen Schulfreund genau zu beobachten, aber Jeffer starrte gedankenverloren auf die rote Narbe an seinem Handrücken. Schließlich hob er die kurzsichtigen Augen.
»Wem nützt eigentlich die Menschheit?« fragte er leise und blickte an Howard vorbei. »Doch eigentlich nur sich selbst. Sie hat keine andere Aufgabe, als sich selbst zu erhalten, zu vermehren und zu optimieren. In diesen Bereich gehört das, was wir Glück oder Freude nennen, und all das andere, was wir als die Quintessenz unseres Lebens betrachten. Das Leben hat nur eine Aufgabe: zu sein, sich selbst zu erhalten und zu optimieren!«
Jeffer schwieg wieder, und das war gut so. Er hatte ohnehin bereits begonnen, sich zu wiederholen. Howard kannte diese Theorien, die den Sinn des Lebens im Leben selbst suchten, die als einzigen Zweck den Selbstzweck anerkannten. Es behagte ihm keinesfalls, alles um sich herum als nutzlos zu betrachten. Das wäre nach seinem
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