Die Wasser des Mars
Hoffnung mehr. Snider hatte viel zuviel Blut verloren. Schon als Jeffer ihn erreicht hatte, war er ohne Bewußtsein gewesen. Und dann hatte Jeffer auch noch gezögert, sich sofort um ihn zu kümmern. Aus unverständlichen Gründen, wie ihnen später scheinen wollte.
Es war ihnen unmöglich, die Blutung an der Schulter endgültig zu stillen. Der Arm war mit furchtbarer Gewalt herausgerissen worden.
Correga wählte den Rufkode der Zentrale der Frisco Electric und bat um schnellste Hilfe. Etwas Besseres fiel ihnen beiden nicht ein. In der menschenleeren Umgebung der Llanos hätte es viel zu lange gedauert, von einem der verstreut lebenden Farmer Hilfe herbeizuholen.
Am Nachmittag kam Snider für einige Minuten zu sich. »Es ist kein Kybernet mehr, Jeff«, er stöhnte, »es ist ein wildes, reißendes Tier.«
Jeffer mußte die geflüsterten Worte von den Lippen des Sterbenden ablesen, und er widersprach ihm nicht. Er fühlte Verzweiflung. Stumm blickte er in das schnell verfallende Gesicht Earl Sniders, der wieder ohnmächtig war. Gegen Abend starb der Ingenieur, ohne das Bewußtsein wiedererlangt zu haben.
Eine Viertelstunde nach seinem Tod landete der Katastrophenhubschrauber der Frisco Electric. –
Howard Montena hat sich die Geschichte seines ehemaligen Schulfreundes angehört, ohne ihn ein einziges Mal zu unterbrechen. Nein, er fühlt sich nicht mitschuldig an seinem Unglück…
Jetzt schweigt auch Jeffer. Er hat den Kopf gesenkt, seine Schultern zucken, und seine Hände tasten erneut nach dem Magen.
Carlita blickt wieder aus dem Fenster, aber ihre Augen verraten, daß sie weder die Bäume noch das Wasser im Pool sieht. Sie blickt einfach durch ihre Umgebung hindurch. Hinter ihrer Stirn arbeitet es. Schließlich wendet sie langsam den Kopf und fixiert Jeff aufmerksam.
»Und wo ist der Haken bei der Sache?« fragt sie. »Es gibt keinen Grund, einen Wissenschaftler fallenzulassen, weil es bei seinen Experimenten ein Unglück gegeben hat. Immerhin haben Sie die Möglichkeit der Evolution der unbelebten Materie nachgewiesen. Das ist ein technischer und wissenschaftlicher Fortschritt, glauben Sie mir.«
»Es hat einem Menschen das Leben gekostet, Miß!« Jeffers Augen sind leer. Er sieht nicht, daß Carlita den Kopf heftig schüttelt.
»Auch dann nicht, Mister Jefferson!« sagt sie.
»Es ist noch nicht alles. Bis hierher hätte ich das vielleicht alles noch verkraftet, aber das Schlimmste kommt noch.« Jeffer starrt auf den Fußboden. Er scheint nach den richtigen Worten zu suchen.
»Meine Theorie war falsch!« sagt er schließlich. »Ich kann auf diesem Gebiet nicht mehr arbeiten. Und ich werde das Gefühl der Schuld an Earl Sniders Tod nicht mehr los. Ich hätte das Experiment abbrechen sollen, als Correga und Snider behaupteten, Tarzan werde einem Tier immer ähnlicher, aber ich wollte es einfach nicht wahrhaben.«
»Reden Sie sich nichts ein, Jeff! Sie haben die Evolution sich selbst organisierender unbelebter Systeme nachgewiesen. Und Sie haben festgestellt, daß Kyberneten unter bestimmten Bedingungen in der Lage sind, ihren Energiebedarf aus lebender Materie zu decken. Ihre Theorie war also richtig. Und dieser Snider war für sich selbst verantwortlich. Er mußte wissen, daß das, was er tat, gefährlich war.«
Jeffer schüttelte den Kopf. »Nein, Miß, Sie irren sich! Ich habe mit diesem Experiment meine Theorie nicht bestätigt, sondern im Gegenteil bewiesen, daß es keine Evolution der unbelebten Materie geben kann, zumindest keine dafür typische Evolution.«
Bisher hat Howard dem Disput schweigend gelauscht. Er wundert sich ein wenig über Carlitas Engagement, darüber, daß sie Jeff offensichtlich über seine Depression hinweghelfen will. Jetzt aber versteht er kein Wort mehr. Da hat dieser Mann Kyberneten so weit gebracht, daß sie sich selbst optimierten, und nun behauptet er, das alles sei Unsinn. Aber Howard kommt nicht dazu, eine Frage zu stellen. Jeffer hebt die Hand und schneidet ihm das Wort ab. »Bitte, hört mir zu!« sagt er. »Was ich jetzt schildern werde, klingt sehr unwahrscheinlich. Vielleicht werdet ihr mich für wahnsinnig halten…«, wieder wehrt er ab, bevor Howard protestieren kann, »ich weiß, es wird völlig verrückt klingen, aber ich kann es nicht ändern. Es entspricht den Tatsachen. Und auch meine Erklärung dafür ist die einzige, die allen Fakten gerecht wird.«
Wieder benötigt er lange, um sich zu sammeln. Howard sieht, wie sich Carlitas Gesichtsausdruck
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