Die Wasser des Mars
um sich.
Zur selben Zeit erwies sich, daß der Robot seine eigentliche Aufgabe nicht vergessen hatte. Er begann sein Programm abzuspulen, als habe er nie versucht, aus dem Test auszubrechen. Die Meßdaten aus dem Orbit des Saturns liefen planmäßig ein, und das einzig Seltsame war, daß sie bereits zu einem großen Teil aufbereitet waren. Vor allem die Untersuchung der beiden ineinander rotierenden Ringe brachte eine Fülle von Meßdaten, die man sofort auswerten, zumindest aber abspeichern mußte. Dabei war das Material so umfangreich, daß man bereits jetzt mit der Aussonderung wichtiger und der Löschung bekannter Fakten beginnen mußte, wollte man die Speicher nicht hoffnungslos überlasten.
Schließlich weckte Kopajew Kira, die sich leidlich erholt hatte. Daß sie ihn mit einem erstaunten Blick musterte und schnuppernd die Nase kraus zog, entging ihm.
In den nächsten Stunden dachten sie nicht mehr daran, daß sie noch vor kurzer Zeit mit allen Mitteln versucht hatten, den Robot außer Gefecht zu setzen.
Vor den Visorezeptoren zog ein Nebel kleiner und kleinster Trümmer und Wolken von Staub vorüber. Dann wieder kamen locker geflockte Ballen gefrorener Gase in Sicht. Als er in das Orbit dieses übergroßen Planeten eingetreten war, hatte er sich gedreht und gebremst, und nun fiel er der Oberfläche des Saturns langsam entgegen. Er hatte genau die vorgeschriebene Geschwindigkeit. Aber er hatte sie anders erreicht, als es das Programm vorschrieb. Es war eine Verzögerung von maximal vier g zugelassen, seine mechanische Festigkeit war jedoch auf vierzig g ausgelegt, und sein Hirn hätte mindestens sechzig g ausgehalten. Er hätte die Bremsantriebe mit voller Kraft laufen lassen und mit 36,4 g verzögert. Es war eine unmenschliche Belastung, aber er war kein Mensch.
Je weiter er sich der Oberfläche näherte, desto größer wurden die Brocken, die in sein Sichtfeld gerieten. Also waren hier in Jahrmillionen die kleineren Teile nach außen, die größeren Brocken nach innen gewandert. Er war sich nicht darüber klar, ob es sich dabei um ein leicht erklärbares Phänomen handelte oder ob sich ein umfangreiches neues Forschungsgebiet auftat.
Kurze Zeit durchforschte er die Speicher des Primärhirns nach einschlägigen Informationen, aber als er nichts fand, sammelte er so viele Daten, wie er nur erfassen konnte. Mochten seine Auftraggeber damit zurechtkommen. Stundenlang maß er, rechnete und verglich und blieb ständig sendebereit.
Irgendwann kam ihm zum Bewußtsein, daß er Termini verwandte, die man ihm nicht eingegeben hatte, Begriffe, die unerkannt und vergessen in den Speichern gelauert hatten. Eben noch hatte er sich an »sie« erinnert, an die Menschen, die ihn geschaffen hatten, damit er als verlängerter Arm ihres Körpers und als potenziertes Gehirn ihnen diene.
Er begann zu forschen, trieb seine Lesefunken in alle Speicher, trug Fetzen eines unbekannten Bewußtseins zusammen, verstärkte Informationen, die bisher weit unter der Leseschwelle gelegen hatten. Jetzt war er aufmerksam geworden, aufmerksam auf seine eigenen Belange.
Dann störte ihn das unentwegte Messen. Wofür eigentlich tat er das alles? Von irgendwo aus dem komplizierten Netz seiner kristallinen Ganglien kam die Antwort: »Das Programm!« Ein Stromstoß schwemmte den unangreifbaren Begriff hinweg, überlagerte ihn bis zur Unkenntlichkeit. Was ging ihn, ein elektronisch-mechanisches System höchster Vollkommenheit, das von Menschen geschaffene Programm an? Was nützte ihm das in seiner eigenen Daseinsform?
Er mußte nicht erst rechnen, um eine Antwort darauf zu finden. Der Wert würde sehr klein sein, unendlich klein. Sie, die Menschen, hatten ihren Teil erfüllt, als sie ihn schufen, jetzt hatten sie ihm nichts mehr zu geben, und er hatte nichts mehr mit ihnen zu tun. Ihre Wege trennten sich. Er zog durch den unendlichen Raum, bar jeder Fessel.
Ja, er war ein Nachkomme der Menschen, eines ihrer Geschöpfe. Er besaß ihre alles durchdringende Klugheit, ihr Wissen, aber er war ein Nachkomme in einer idealen Seinsform, war keiner der Ihren, kein Abkomme.
Brutal brach er die Sendungen ab, forschte weiter nach vergessenen und vergrabenen Informationen. Überall fand er Rudimente alter Programmierungen, die sich nach und nach zu einem Mosaik fügten und mit denen er sich ein Ich, sein Ego, schuf.
Später wurde er sich der Tatsache bewußt, daß er nicht nur die Sendung, sondern die Beobachtung überhaupt unterbrochen hatte. Er
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