Die Wasser des Mars
richtete die Rezeptoren neu ein, orientierte sie erneut nach achtern, und er stellte fest, daß sie näher gekommen waren. Die Verfolger schienen mit Höchstgeschwindigkeit zu fliegen.
Es kam ihm zum Bewußtsein, daß sie versucht hatten, sich ihm bis auf Schußentfernung zu nähern, daß sie mit einem Richtstrahl nach ihm getastet hatten, dem unweigerlich eine Antimaterieladung gefolgt wäre.
Er schoß einen Impuls durch die Reizleitung zum Sekundärhirn und öffnete das Hauptstromtor des Überlebenssystems. Sekundenbruchteile später brach er aus der vorgeschriebenen Trajektorie aus. Die Saturnringe kippten zur Seite weg: er bewegte sich mit wachsender Geschwindigkeit auf die Oberfläche des Planeten zu. Blitzschnell rechnete er. Ohne seinen Treibstoffverbrauch durch umständliche Manöver allzusehr zu erhöhen, würde er ihnen entrinnen. Treibstoff war für ihn lebenswichtig. Er würde ihnen entkommen mit der Überlegenheit seines kybernetischen Systems, dem sie nichts entgegenzusetzen hatten als ihre schwächlichen Körper.
Sie hatten wieder eine Chance verpaßt. Erst als der Robot seine Sendungen einstellte, entschlossen sie sich erneut zur Vernichtung. Für wenige Stunden war das Gefühl, unbedingt etwas unternehmen zu müssen, durch die Arbeitsfülle angesichts der einlaufenden Meßdaten verdrängt worden. Jetzt saßen sie in ihren Sesseln und atmeten schwer. Der Andruck lastete auf ihnen wie eine Bestie. Und doch schien der Robot ihnen bereits entkommen zu sein.
Etwas äußerst Beunruhigendes war geschehen. Kurz nachdem sie ihre Triebwerke auf Vollschub hinaufgejagt hatten, war das Überlebenssystem des Robots auf Priorität geschaltet worden.
Bei einem Tier würde man sagen, daß es bei einer nahenden Gefahr alle Reflexe ausgeschaltet hat, bis auf die, die ihm ein Überleben sichern, sei es Flucht oder Angriff, Mimikry oder das Aufsuchen eines sicheren Verstecks. Wie aber sollte man das bei einem Robot formulieren? Weit und breit gab es für ihn keine erkennbare Bedrohung. Von seiner geplanten Vernichtung konnte er nichts wissen. Was also hatte ihn veranlaßt, das Überlebenssystem allen anderen überzuordnen?
Trotz der enormen Belastung durch den Andruck der beschleunigten Rakete betrachtete Kopajew angelegentlich die funkelnden Zeichen im Auswerter. Plötzlich stoppte er die Bandkopie. »Er hat vorhin mit über fünfunddreißig g verzögert«, sagte er. »Der Auswerter zeigt an, daß dabei ein Leitungsbündel in der Nähe des Sekundärhirns verschoben worden ist.«
»Und das bedeutet…?« Groningen blickte nicht auf. »Das kann alles mögliche bedeuten. Die Widerstände der Leitungen verändern sich, es kann Induktion auftreten, es kann eine Menge geschehen, von dem wir keine Ahnung haben.«
»Du meinst, er kann durchdrehen?«
»Er hat doch bereits durchgedreht, Peer.« Kopajews Worte klangen ernst, ernster, als man es von ihm gewohnt war.
Groningen verfolgte die Bahn des Robots mit starren Augen. Der Radarschatten näherte sich schnell der Teilung zwischen den beiden Ringen.
»Er wird wie ein rohes Ei zerschellen, wenn er die Geschwindigkeit beibehält«, murmelte er.
Langsam veränderte Kopajew die eigene Trajektorie. Noch war ihre Entfernung zum Saturn groß genug, um die Bahnkurve flacher halten zu können als die des Verfolgten. Weit vor ihnen lag der dunkle Ring der massearmen Zone. Weiter und weiter neigte sich die Nase der Rakete, deren Geschwindigkeit ständig stieg.
Kopajew kniff die Augen zusammen. »Ich glaube nicht, daß er eine Art mechanisches Harakiri begehen wird.«
Groningen befand sich in einem Zwiespalt. Sollte er Kopajews finstere Entschlossenheit bewundern oder sich davor fürchten? Es schien Wahnsinn zu sein, was der Ingenieur tat, seit er die Steuerung übernommen hatte. Andererseits hatte er sich bisher stets als kühler Rechner erwiesen.
»Wir sollten diese irrsinnige Verfolgung abbrechen, Valeri«, protestierte er schwach. »Wir werden ihn nicht einholen. Er hat sich pulverisiert, ehe wir in eine gute Schußposition kommen.«
Kopajew schüttelte den Kopf. »Das wird er nicht tun! Er wird versuchen, die Ringe zu untertauchen, um aus der Gefahrenzone zu kommen. Was bleibt uns übrig, als ihm zu folgen? Wir müssen ihn einfach erwischen. Wir haben keine Wahl.«
Es fiel Gronigen auf, daß Kira in den letzten Minuten kein Wort gesprochen hatte. Er beobachtete sie und sah, daß sie bei Kopajews Bemerkung blaß geworden war. Ihr Gesichtsausdruck gab ihm einen Teil
Weitere Kostenlose Bücher