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Die Wasser des Mars

Die Wasser des Mars

Titel: Die Wasser des Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frühauf
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in dem ein wüstes Brausen herrschte. Er wußte, der Tod nahte, und seltsamerweise war er froh darüber, daß damit alles zu Ende war.
     
    Vor ihm lag der Saturn wie ein mächtiger Ball, milchigweiß gescheckt wie eine Platte aus weißem Marmor. Die Ränder begannen sich langsam nach oben zu wölben. Neben ihm glitten die Trümmerflächen des inneren Ringes vorbei. Vor kurzer Zeit noch hatte er einen Augenblick lang das Bestreben gespürt, durch die Teilung zu fliegen, sich auf seine hervorragende Manövrierfähigkeit zu verlassen, aber eine kurze Überschlagsrechnung hatte ergeben, daß seine Verfolger dann noch über den äußeren Ring hätten hinwegspringen können. Er mußte sie tiefer locken, näher an den Planeten heran, mußte ihnen den Vorteil nehmen, der sich daraus ergab, daß sie der Hypotenuse eines Dreiecks folgen konnten, dessen Katheten er hatte fliegen müssen und noch flog. Sie hatten sich nicht derart dicht an die Ringe herangewagt, wie es im Programm von ihm vorgesehen war.
    Er orientierte sich nach achtern. Die Verfolger blieben auf seiner Spur, gehorsam senkte ihr Projektil die Nase, mehr und mehr, je näher er der Oberfläche des Saturns kam. Als er den unteren Rand des inneren Ringes ausmachte, leitete er das Wendemanöver ein. Die von ihm errechnete Trajektorie ging bis nahe an die Planetenoberfläche heran. Er mußte das Risiko auf sich nehmen, wollte er ihren zu erwartenden Geschossen entgehen.
    Er streifte die obersten Schwaden der planetaren Atmosphäre, die von der Gravitation der Ringe herausgerissen worden waren. Ein Heulen setzte ein, die Außenflächen erhitzten sich in Sekundenschnelle. Nach kurzer Zeit waren die Stabilisierungsflossen abgeschmolzen, immer wieder huschten riesige Brocken an ihm vorbei. 
    Er sah die zermarterte und mit unzähligen Vulkanen übersäte Oberfläche des Saturns, die sich unter den Ringen entlangzog, eine Oberfläche, die die Spuren eines Jahrmillionen währenden Bombardements trug. Dann trübte sich die Optik, sie hielt den Temperaturen nicht mehr stand. Er zog die Rezeptoren ein, flog blind, und erst, als sich die Geschwindigkeit auf dem ansteigenden Parabelast verminderte, nahm er seine Umgebung wieder wahr.
    Er befand sich auf der anderen Seite. Aber um welchen Preis? Zwar fielen die Außentemperaturen rasch, aber die optischen Signale blieben nach wie vor unscharf. Zweifellos hatten die Visorezeptoren gelitten. Doch das war noch nicht alles. Der Rauschpegel im gesamten elektronischen Bereich war erheblich angestiegen. Er errechnete, daß der zulässige Wert um das Vierfache überschritten wurde. Er hatte das Abenteuer nicht unbeschädigt überstanden.
    Das eigene Beharrungsvermögen trug ihn am inneren Ring empor, immer wieder stabilisierte er seine Lage im Raum mit Hilfe kurzer Korrekturimpulse und fühlte, wie die Fesseln der planetaren Gravitation seinen Steigflug verlangsamten, wie sie ihn in ihren Bann zwangen. Er glich seine Geschwindigkeit der Rotation des Ringes an. In unmittelbarer Nähe klaffte der innere Rand der Cassinischen Teilung.
    Endlich war seine Relativgeschwindigkeit gleich Null. Der Ring schien im Raum zu verharren. Langsam rotierten der Planet und die ihn umgebenden Sterne.
    Er tastete sich an einen der mächtigen Brocken heran und warf einen gravitischen Anker aus. Jetzt war er zu einem Teil des inneren Ringes geworden, zu einem Teil, der denken und handeln konnte. Konnte er das wirklich noch? Oder war er zu einem Wrack geworden?
    Erneut versuchte er den Umfang der Beschädigungen festzustellen, aber das anhaltende Rauschen in der Elektronik behinderte ihn. Die Werte kamen unklar und verwaschen herein. Er mußte sie mehrfach verstärken und durch Rauschfilter laufen lassen, was seine Rechengeschwindigkeit erheblich herabsetzte. Immerhin waren die Antriebe unbeschädigt geblieben. Das bedeutete, daß auch die Gravitationsanlage funktionsfähig war. Die Außenrezeptoren jedoch hatten arg gelitten. Er wußte, daß ihm die Orientierung im Raum schwerfallen würde.
    In einigen der Tausende und aber Tausende Schwingkreise erhoben sich Schaltspitzen über den Rauschpegel. Ein Stromtor öffnete. Jenseits der Teilung geschah etwas. Es paßte nicht in die fein abgestimmten Verhältnisse des kosmischen Gleichklangs. Es dauerte Sekunden, ehe er ermittelt hatte, daß nicht allzuweit von seinem Liegeplatz Partikel zerstrahlt wurden, kleinste Massen kosmischen Staubs, der sich in Jahrmillionen um ein winziges vom Ring entfernt hatte. Er

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