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Die Wasser des Mars

Die Wasser des Mars

Titel: Die Wasser des Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frühauf
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notwendig.
     
     

Kyborg
     
    Der Bildschirm in der Zentralhalle von Baikonur flimmerte in grünlichem Licht. Die mächtige, kaum merklich gewölbte Fläche nahm die gesamte Stirnseite des gewiß nicht kleinen Raumes ein. Aus den Tonträgern des Pultes, an dem Rena Michailowa saß, klang die unnachahmliche Melodie des Weltraumes.
    Das Mädchen warf mit einer schnellen Kopfbewegung das dunkle Haar in den Nacken und konzentrierte sich erneut auf das Durcheinander der Töne. Seit Tagen versuchte sie, aus dem Pfeifen der Radiocepheiden, aus dem Knattern atomarer Sterneruptionen in ungeheurer Entfernung und aus dem auf- und abschwellenden Jaulen der Radiosterne das rhythmische Tacken eines Senders herauszulösen, dessen leise Signale darauf hindeuteten, daß er unmöglich natürlichen Ursprungs sein konnte. Sie hielt die Augen geschlossen, beugte sich weit über das Pult und lauschte angespannt. Dabei drehte sie millimeterweise die Stellknöpfe der Richtanlage für die riesigen Antennen, die ihren Händen auf Winkelsekunden genau folgten.
    Plötzlich stockte sie. Leise, ganz fern, aber doch eindeutig, waren die Zeichen in den Tonträgern. Ohne sich dessen bewußt zu werden, schaltete sie die Aufzeichnungsgeräte ein. Als sie die Augen öffnete, waren auf dem Bildschirm in den hin- und herhuschenden Linien und Kurven kurze, anscheinend in regelmäßigen Abständen auftretende Zacken zu erkennen. Die Konturen dieser Zacken waren zwar verwischt, an ihrem unnatürlichen Ursprung war jedoch nicht zu zweifeln.
    Rena wandte die Blicke nicht vom Schirm, als sie den Rufknopf betätigte und mit schräg gehaltenem Kopf in das Mikrofon rief: »Ich habe die Zeichen wieder, Karel. Sie sind klarer und deutlicher geworden. Die Aufzeichnung läuft, du kannst sofort mit der Auswertung beginnen. Kommst du rüber?«

    Auf dem Bildschirm der Rufanlage tauchte für Sekunden das Gesicht des jungen Mannes mit schmalem Kopf und streng gescheiteltem Haar auf. Seine etwas kurzsichtigen Augen blinzelten hinter einer Brille mit schmalem goldenem Rand. Er nickte dem Mädchen aufgeregt zu. »Natürlich komme ich sofort, Rena. Bitte eine Sekunde! Ich bin gleich drüben. Die Aufzeichnung läuft, sagst du?«
    Ohne eine Antwort auf seine Frage abzuwarten, schaltete er die Verbindung aus. Rena Michailowa lächelte nachsichtig. Typisch Karel Peew. Sie hatte ihm zwar gesagt, daß sie das Aufzeichnungsgerät eingeschaltet habe, und er hatte es ganz bestimmt auch gehört, aber er mußte noch einmal danach fragen. Doch so war Karel Peew nun mal, und Rena wußte nicht, war das Wichtigtuerei oder Unsicherheit.
    Nun kam er mit Riesenschritten in die Halle. Obwohl er es eilig hatte, schloß er die Tür sehr behutsam. Peew trug einen weißen Kittel mit der eingestickten stilisierten Antenne auf der Brusttasche und helle Hosen. Er schob die Brille auf der Nase nach oben und musterte den Bildschirm. Um seinen Mund zuckte es.
    »Ist dir aufgefallen, Rena, daß die Zacken in regelmäßigen Abständen auftreten, daß aber hin und wieder einige dazwischen fehlen?«
    Das Mädchen lächelte immer noch. Natürlich hatte sie längst die eigenartigen Pausen in der Zeichenfolge festgestellt, zumal das in den Kopfhörern deutlicher zu ermitteln war. Sie hatte auch erkannt, daß sich die Zeichen ständig in der gleichen Art wiederholten, hatte die Abstände der Zacken zueinander ermittelt und errechnet, daß die Pausen ganze Vielfache der Zeichenabstände betrugen. »Natürlich habe ich das bemerkt«, sagte sie, »und du wirst es nicht glauben, es hat mir nicht viel Mühe gemacht, das festzustellen.«
    Sie beobachtete Peew von der Seite, aber der hatte die Spitze nicht einmal bemerkt. Manchmal war eben mit Karel überhaupt nichts anzufangen. Dann deutete sie mit dem Kopf zum Schirm: »Sie senden immer genau vier Minuten lang die gleiche Zeichenfolge, und dann ist eine Minute Pause.«
    Jetzt endlich blickte Peew das Mädchen an. »Du sagst ›sie‹? Nach der Art der Zeichen zu urteilen, glaube ich eigentlich mehr an ›es‹, an einen unbemannten Raumkörper.«
    Rena zuckte mit den Schultern. Immer diese Pedanterie. Im Augenblick war es doch noch viel zu zeitig, sich derartige Gedanken zu machen.
    »Und wenn schon«, sagte sie, und in ihrer Stimme war ein klein wenig Schärfe. »Immerhin ist es ein Kontakt mit etwas völlig Fremdem, oder haben deine Ermittlungen ergeben, daß ein von der Erde gestarteter Raumkörper solche Zeichengruppen ausstrahlt?«
    Peew schüttelte den Kopf.

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