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Die Wasserfälle von Slunj

Die Wasserfälle von Slunj

Titel: Die Wasserfälle von Slunj Kostenlos Bücher Online Lesen
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zurückgekehrt.
    Dies nehmen wir triumphal vorweg.
    Jedoch nicht ohne einen Hintergedanken. Der Augenblick ist da, wo die Wewerka aus der Komposition hinausgeworfen werden kann (und mit ihr die ganze Adamsgasse; sie ist ausgestorben; liegt sie nicht wie ein verlassener Termitenbau im kalkigen Licht dieses heißen Juli-Nachmittages, mit geschlossenen, blind spiegelnden Fenster-Reihen? Man sieht kein Grün. Nur den Himmel darüber, der von Quellgewölk überzogen ist und die sommerliche Hitze beisammenhält, den Sommer-Kerker der Stadt abschließend mit gewölbter Glocke. Und war denn diese Adamsgasse überhaupt etwas anderes als ein trübes Gewölk, daraus uns Chwostik emportauchte wie Aphrodite aus den Fluten? Chwostik-Aphrodite. / Hm! / Eine durchgegangene Metapher rennt halt, wohin sie will). Aber die Wewerka kann jetzt hinausgeschmissen werden; und damit kommt der Augenblick – ein allzu seltener, ein allzu kurzer! – wo der Romanschreiber nicht an die Eigengesetzlichkeit seiner Figuren gebunden bleibt, sondern zuletzt noch mit diesen machen darf, was er will. Man denke da etwa an den Abschied, der Finy und Feverl erteilt worden ist. Doch diesmal darf von Patschen oder Filzpatschen keine Rede sein! Gönn’ es, oh Leser, dem Autor! Gönn’ ihm den Hochgenuß zweier geradezu ungeheuerlicher Ohrfeigen, durch welche die Wewerka aus dem Buche hier hinaus und blitzartig bis an den Horizont befördert wird, wo sie platzt und grauslich zersprüht.
    Und es soll uns ganz gleichgültig sein, wie sie das jetzt mit Chwostik’s ehemaliger Wohnung macht und dem Mietverhältnis; Münsterer ist für sein Teil in ein solches garnicht mehr eingetreten.
    E r war kein Prachtsoldat, aber für’s Militär, und besonders für die Fußtruppe, gut geeignet. Er marschierte leicht und ausdauernd, und seine natürliche Schrittlänge war gerade jene der Vorschrift (fünfundsiebzig Centimeter); so sind ihm in der Abteilung von Anfang an keine Schwierigkeiten entstanden. Er fiel nicht auf. Die Ausbildung bei der Infanterie kannte damals nicht jene Härten, wie sie etwa bei der Reiterei oder der Pioniertruppe in Übung waren.
    „Die 84er sind ein Indianerstamm, der seine Wigwams im Prater aufgeschlagen hat“ – so begann einst Anton Kuh (enfant terrible der Literatur), der sein Einjährigenjahr bei jenem Stamme absolviert hat, die Schilderung seiner Dienstzeit. Es war freilich arg (und zu Münsterer’s Zeiten nicht minder), weil von jenem platten und resignierten Witze durchzogen, der überall dort auftritt, wo Leute zwangsweise zu den Soldaten kommen, die dort nichts zu suchen haben, und denen also nichts anderes übrig bleibt als einen ewigen Stand – dem man nur aus freier Wahl beitreten kann – zu verwässern, damit er auch für ihresgleichen erträglich werde. So blühte denn der militärische Humor, auf welchen man nicht nur in Österreich stets großen Wert gelegt hat: denn er vernebelt die an sich absurde Situation dieses Kinderzimmers der Erwachsenen.
    Münsterer ließ sich vernebeln. Ein reines Bett, vortreffliche Mahlzeiten und viel Bewegung in frischer Luft – von letzterer hatte er ja vordem wenig genossen! – taten das ihre. In aller Stille hielt er am ein für alle Male Gelernten fest: daß nämlich nur die einer jeweiligen Lage angemessenen Verschärfungen irgendwohin zu führen vermögen. Nach zwei Jahren war er längst Korporal. Nun, es besteht kein Zweifel, daß die Einrichtungen und Dienstvorgänge bei der Post schon damals erheblich komplizierter waren als das Exercieren im Zugs-, Kompanie – oder Bataillonsverbande, das Schießen oder die Vorschriften über Ubication oder Augmentation der Truppe, will sagen, das Unterkunfts – und Bekleidungswesen. Auf viel mehr lief‘s zu jener Zeit nicht hinaus.
    Münsterer hat auch große Manöver mitgemacht, in der Untersteiermark, also schon so etwas wie ein richtiges unstätes Soldatenleben. Die Marschleistungen drückten ihn nicht nieder. Die praktische Fußbekleidung der alten Armee – ein nicht allzu schwerer Schnürschuh und die leichten ,Kommodschuhe‘ für Kantonierungen – der fest und ohne Hin – und Her-Rutschen aufliegende fellbezogene Tornister: diese und andere, aus alter Erfahrung stammende Ausrüstungs-Arten ermöglichten einem bereits geübten Soldaten – Rekruten waren nie unter den Manövertruppen – den gestellten Anforderungen ohne deprimierende Erschöpfung zu genügen. Münsterer konnte sich sogar, im Rahmen taktischer Aufklärung, als

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