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Die Wasserfälle von Slunj

Die Wasserfälle von Slunj

Titel: Die Wasserfälle von Slunj Kostenlos Bücher Online Lesen
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Milo’s Geschäft gehörte. Aber er hätte sich ein Interesse solcher Art bei Pēpi garnicht vorzustellen vermocht: dennoch bewältigte Chwostik alles, was auf jener Ebene lag, ganz erstklassig. Erstmals – während er hier in der Kajüte beim Essen seinem Vater gegenüber saß – wehte es Milo an, daß es eine Art von Überlegenheit war, was ihn bei Chwostik immer angezogen hatte.
    Sie sprachen über einen möglichen Urlaub im Lauf des nächsten oder übernächsten Jahres, auch einen solchen Milo’s, und daß man ihn gemeinsam verbringen könnte, im kleinen Hause über den Klippen: jetzt, in diesen Augenblicken, wurde es von Milo wirklich erst entdeckt, als ein so lange gehabtes, doch nie recht gesehenes. Wie viele Feriensommer, bis herauf in die Jahre, da er zu Agram schon das Gymnasialstudium abschloß! Welche durch Monate gedehnte Fülle von Zeit! Sie schien in ihrer Geräumigkeit überall Nischen und Winkel zu bieten, sie war von einer ungeheuren Ausführlichkeit und Gelassenheit, wie es eine solche später eigentlich nie mehr gegeben hatte. Das Meer zeigte oft, bei heißem Wetter, eine violette Schwellung gegen den Horizont. Am Strand gab es eine Fülle von brennenden Interessen. An einer einzigen Stelle, links unterhalb des Hauses, war Sand, sonst Klippen. Zwischen diesen gab es die Krebse. Der Sandstrand war höchstens sechs bis acht Meter breit. Die Buben des Italieners von nebenan machten immer neue Entdeckungen; Milo wurde dann eingeweiht, wenn er in die Ferien kam. Sie gingen oft kilometerweit immer oberhalb des felsigen Ufers. Jetzt stand die Mutter wieder über dem Wasser, groß und aufrecht. Die Schiffsglocke schlug an. Man lief mit verminderter Fahrt auf den Dampfersteg von Lindau zu. Der Vater setzte die Kaffeetasse hin, nahm seine Mütze und ging auf die Brücke.
    D ie Wenidoppler hätte es vielleicht nicht gewagt, jenes Nachtkastl, das Chwostik ihr geschenkt hatte, auseinanderzunehmen oder aufzusprengen, wenn sie nicht am Tage vorher im lokalen Teile ihrer Zeitung eine Notiz gelesen hätte, die besagte, daß „der bekannte Gewalt-Täter und Berufs-Verbrecher Vaclav Okrogelnik“ in einem Wirtshause am Hernalsergürtel von dem Anführer einer ihm feindlichen ,Platte‘ (so nennt man noch heute in Wien die Verbrecher-Ringe) niedergestochen worden und auf der Stelle tot geblieben sei.
    Auch in der damaligen Mizzi Nechwatal Leben war jener Vaclav in Erscheinung getreten, zur selben Zeit sogar, als er das Stubenmädchen der Frau Eptinger beglückte, beziehungsweise deren Kammer als Beutelager benutzte. Die Mizzi war sogar durch einige Wochen beinah zur Konkurrentin jenes Mädchens geworden. Vaclav sagte, daß er sich wirklich nichts aus dieser mache, aber er benütze sie jetzt zur sicheren Unterbringung seiner — na, nennen wir es: Effekten. Vaclav neigte allezeit zum Renommieren. Er habe dort, so erzählte er, verschiedenerlei, wovon jene Schneegans bei der Frau Eptinger nichts ahne: und sein sicherstes Versteck sei ihr Nachtkastl. Dort habe er Gold, viel. Mizzi glaubte ihm natürlich nichts davon. Zudem, nach einigen Malen gelegentlichen Herumziehens mit ihm – wobei es zu einer eigentlichen Verbindung jedoch nicht gekommen war – wurde er ihr unheimlich. Im Wurstlprater fanden sich allzu verwegene Gestalten um ihn ein, wenn er mit Mizzi in die Schießbude ging und dort der Reihe nach alle Preise schoss oder wenn sie in einem Biergarten sich niederließen. So kam sie denn schließlich zu keinem Rendezvous mehr; sie mied ihn; fürchtete sich aber dabei. Okrogelnik aber hat sich nie mehr um die Mizzi gekümmert.
    Nicht lange nach deren Verhausmeisterung war das Ehepaar Bachler hier eingezogen (der fesche Herr Doctor zeigte übrigens von Anfang an den Wenidopplers gegenüber die offenste Hand, ähnlich wie jetzt Chwostik). Eine Hausmeisterin weiß alles, manchmal aber doch nicht so ganz genau; zudem war diese da neugebacken (nuper conciergificata). So wußte sie allerdings, woher die junge Frau kam, nicht aber von vornherein, ob eines von den Nachtkastln es wohl sein könnte (obendrein war ja sicher alles erlogen gewesen, oder der Okrogelnik hatte das Geld wieder herausgenommen – so viel aber war ihr bekannt: daß man ihn damals wieder einmal plötzlich verhaftet hatte, glücklicherweise als sie schon nicht mehr mit ihm ging). Beim Abladen der Möbel stand die Wenidoppler natürlich vor dem Haustore, half wohl auch da und dort mit Rat und Tat, als man die Stücke hinauf trug. Welche

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