Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wasserfälle von Slunj

Die Wasserfälle von Slunj

Titel: Die Wasserfälle von Slunj Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Vom Netzwerk:
allen Seiten. Auch die Haushälterin, Mrs. Cheef, war eine gute Frau. Nur vertrug sie sich schlecht mit Kate Thürriegl, wenn diese länger anwesend war, was übrigens nur zwei oder dreimal vorkam, weil der Alte England dann nicht mehr verließ. Von vornherein sah Mrs. Cheef im Erscheinen der Kate einen Eingriff in ihre Rechte: beim alten Herrn, beim kleinen Donald (das ganz besonders!), im Haushalt überhaupt; und weil die Thürriegl doch hier in Chifflington nicht ganz untätig bleiben wollte, wurde es oft wirklich einer.
    Mrs. Cheef ärgerte sich, wenn sie Kate unten am See spielen und singen hörte. Es erschien ihr als Afferei, und als liebedienerisch vor den Marotten des Buben. Daß Donald sonst garkeine hatte und überhaupt keineswegs launisch war, bedachte sie dabei nicht.
    Das Saitenspiel klang lieblich und hallend zwischen den hohen Bäumen des Parks und darüber lag Kate’s ungeschulte und etwas spröde Alt-Mädchen-Stimme (wie ein gesprungener Topf, dachte Mrs. Cheef).
    Die Stimme zog alles hierher, was für Donald fern und doch nah war: die Sonne und den Blätterschatten der ,Prinzenallee‘, das Kinderzimmer und den großen Garten hinter der Villa und den sommers oft dicken und schweren Aushauch der Gewächse am Abend.
    Donald hatte hier eine schöne Stube.
    Brindley-Hall war kein alter adeliger Landsitz, keineswegs; aber doch ein wenig im Stil eines solchen gebaut; vom Großvater.
    In Donald’s Stube stand eine komplette Schulbank, mit Pult. Hier machte er seine Aufgaben. Es war von allem Anfang an reizvoll für Donald gewesen, diesen Sitz einzunehmen. Er lockte zum Lernen. Es schloß beim Lernen gewissermaßen gegen das übrige Zimmer ab, es hielt jede Ablenkung fern. Donald lernte mühelos, wenn er in der Bank vor dem Pult saß.
    Manchmal überhörte ihn der Großvater. Dann mußte Donald in der Bank stehend antworten. Der Großvater fragte genauer und schwieriger als der Lehrer in der Schule. In den Heften entging ihm nicht der kleinste Fehler, sondern er bekam einen dicken roten Strich. Der Alte verbesserte die Prüfungs-Arbeiten, welche er Donald gab, immer in Donald’s Gegenwart, der dabei in seiner Bank sitzen durfte. Wenn der Großvater einen roten Strich machte, tat er das lachend. So ging es, als Donald schon in die höheren Klassen aufgestiegen war. Das Maß der Lernerei wurde für Donald vom Großvater bestimmt. In der Schule zu entsprechen war dem gegenüber leicht.
    Auch sonst war es dort leicht, obgleich der ganz alte Clayton Schwierigkeiten hätte voraus sehen können, und vielleicht auch voraus gesehen hat. Es bestand der Ort zum großen Teil aus Arbeitern seines Werkes, deren Kinder hier zur Schule gingen. Unter ihnen war Donald eine Art Gezeichneter, und mit ihm wohl noch einige andere Buben, Söhne der beiden Betriebsdirektoren, des technischen und des kommerziellen, und dazu noch die Kinder einzelner leitender Werkmeister, diese allerdings in weit geringerem Grade. Hier wäre, solchen Knaben gegenüber, von Seiten ihrer Mitschüler, ein zwischen Scheu und gelegentlich hervorbrechender Feindseligkeit schwankendes Verhalten anzunehmen gewesen. Und sicher war es auch so. Aber diese Spannungen von sehr ernster Art – und für jedes der daran beteiligten Kinder ohne Ausnahme im voraus entscheidend für’s ganze Leben – sie bildeten um Donald herum eine Art Bucht oder Aussparung und berührten ihn nie. Das lag ohne Zweifel an ihm selbst, an seiner innersten Art und seinem äußeren Auftreten. Er vermochte dadurch in der Tat ein Problem für seinen Fall zu lösen, bevor es überhaupt sichtbar wurde. Donald erfuhr nie davon. Er war unbeteiligt und er blieb es; und das, obwohl er ganz offenbar auch fehlerhafte Neigungen hatte, etwa: daß er, wenn es zu einer Rauferei auf dem Schulwege kam – für ihn war dieser übrigens recht weit – immer etwas zu früh und etwas zu hart zuschlug, man könnte sagen, geradezu boxte. Es hätten sich aus solchen, im übrigen seltenen Fällen, schon ernstere Schwierigkeiten einmal ergeben können. Aber sie erfolgten nie.
    Donald blieb unbeteiligt. Das war im Grunde auch des Großvaters Eindruck von ihm, je mehr der Knabe heranwuchs.
    Ein gleiches mußte sogar die Kate Thürriegl erfahren, welche doch stets vermeint hatte, zu Donald einen besonderen Zugang zu besitzen. Bei ihrer zweiten Anwesenheit in Brindley-Hall verschlechterten sich ihre Beziehungen zu der großen und fleischigen Mrs. Cheef – einer Frau von zweiundsiebzig Jahren – fast vom

Weitere Kostenlose Bücher