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Die Wasserfälle von Slunj

Die Wasserfälle von Slunj

Titel: Die Wasserfälle von Slunj Kostenlos Bücher Online Lesen
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etwas rauhe und unvermittelte Art von Reiten und gewiß nicht die richtige Weise, ein Pferd morgens zu bewegen. Donald dachte es jedesmal, wenn er mit seiner Mutter ritt, aber er sagte nichts. Es war ihm gleichgültig. Das Galoppreiten strengte ihn nicht an. So hielt er sich schweigend neben seiner Mutter. Sie war hager geworden mit den Jahren, das Haar angegraut. Am Ende der Allee umritt Harriet, ohne anzuhalten, einen gelben Pavillon aus dem achtzehnten Jahrhundert, der hier stand (damals noch ein Papageienhaus, später ein Restaurant), und sodann galoppierte sie auf der drüberen Reitbahn wieder zurück und ließ das stallzu strebende Pferd rennen, was es rennen mochte. Die Tiere kamen oft dunkel vor Nässe heim.
    Donald scheute nicht diese lieblose Galoppiererei. Wenn er allein im Prater ritt, hielt er’s jedoch ganz anders. Er bummelte. Ein sanfter Trab, ein kurzer Galopp, nicht auf den spritzenden roten Brocken der Gerberlohe, sondern über die gedehnten Wiesen. Er stieg auch ab und führte sein Pferd und drang in den verwachsenen Buschwald der Au ein, ja, er ließ sich nieder, der Pritschsattel lag neben ihm, oder er setzte sich drauf, und ließ das Pferd am langen Zügel ein wenig weiden.
    Es waren andere Arten von Anstrengung, welche Donald scheute und geradezu vermied, letzteres auch auf Anraten des Hausarztes der Schule, der ihn sogar aus der Hockey – und Fußballmannschaft herausgenommen und ihm von zwei Betätigungen dringend abgeraten hatte: vom Laufen auf der Aschenbahn und vom Boxen; am Unterrichte im letzteren teilzunehmen, war ihm von jenem Hausarzt späterhin strikte verboten worden.
    Es war nicht an dem, daß Donald Herzbeschwerden gehabt hätte. Aber ein gewisses Ungenügen wurde von ihm früh gefühlt, auf dem Fußballplatz, wenngleich er niemals im Sturm gespielt hatte, sondern in der Verteidigung, wobei freilich auch hier die Beine was hergeben mußten, bei Durchbrüchen des Gegners etwa, und wenn die Gefahr bestand, daß der Schiedsrichter eines ,offside‘ wegen pfiff.
    Aber, hier zeigte sich früh ein Entscheidendes in Donald’s Artung: er hat sich kaum jemals getrieben gefühlt, ein Ungenügen durch gesteigerte Anstrengung auszugleichen. Ein solcher Drang in der Richtung des größten Widerstandes – der vielfach den Menschen die Lebenskraft verzehrt, welche dann dort fehlt, wo ihre wahren Begabungen liegen würden – ein solcher Teufel des verkehrten und hartnäckigen Wollens ritt ihn nicht. Er ließ den Fußball, er ließ den Hockey-Schläger. Es gab genug wichtige Felder, wo andere hinter ihm Zurückbleiben mußten. Etwa in der Mathematik oder der Darstellenden Geometrie. Auch im Reiten war er ja geschickter als so mancher.
    Des Praters dampfende Au, so nannten wir’s früher: sie war’s, sie mußte von Donald so empfunden werden, am allermeisten des Morgens im Spätsommer. Die Kraft der Sonne hob aus der profunden Feuchte dieser Wald – und Wiesengründe einen vom Aushauch wuchernden Gewächses erfüllten Dunst, der nicht Nebel genannt werden könnte, und doch, wo immer der Sonnenschein sich auf den Boden, auf Baumkronen und Wiesengründe legte, seine Strahlen milchig milderte. Es begann dies schon im Garten und vor dem Hause, auf den Promenade-Wegen längs der Prinzenallee. Es ging diese Aura für Donald eine merkwürdige Verbindung ein mit dem Dufte des zum Frühstück genossenen Tees, aber auch mit dem herben Geruch der Gerberlohe auf den Reitbahnen. Es war wie der Anhauch von einer geheimnisvollen Appetitlichkeit und Reinheit höherer Ordnung, möchte man fast sagen. Und am stärksten konnte das gefühlt werden in der sogenannten Krieau, auf den weiten Wiesen, wo die Golfplätze lagen.
    Hier nun bewegte sich Donald wirklich in der Richtung des geringsten Widerstandes und zudem in der ihm liebsten Gesellschaft: sein Vater und Chwostik. Hier ließ man auch alle Sprachübungen sein und redete englisch. Das nachdenkliche und besonnene Spiel (,Wiesenbillard‘, wie Chwostik sagte), der weite Himmel über den Rasenflächen – dieser schien in unaussprechlicher Weise schon dem hier näheren Hauptstrome der Donau nachzuziehen – die sauberen Schläger, welche man wählte und schwang: dies alles brachte einen Zustand ruhiger und reiner Zufriedenheit herauf, ein Wohlgefühl vom Scheitel bis zur Sohle, das sonst kaum wo zu gewinnen war, stets belebt von den nicht geringen Spannungen und Überraschungen der sportlichen Übung. Nach geendetem Spiel setzte man noch den Akzent eines

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