Die Wasserfälle von Slunj
Firma Clayton & Powers als Ingenieur einzutreten. Für gründliche Unterrichtung des Augustus im Deutschen wurde zu Montreal gesorgt; doch besuchte er dort keine rein realwissenschaftliche Anstalt, sondern erlernte auch die alten Sprachen. Deshalb würde es dann in Wien ein sogenanntes ,humanistisches Gymnasium‘ sein müssen. Bob Clayton wußte vom Hörensagen, daß die Ansprüche solcher Schulen in Österreich ziemlich hohe waren; und er verfehlte nicht, dies den Eltern des Augustus in seinen Briefen einzuschärfen; doch ward ihm stets die beruhigende Auskunft, daß der Knabe ausgezeichnet lerne. Eine Ergänzungsprüfung nach Absolvierung des Gymnasiums würde weiterhin, trotz der österreichischen ,Matura‘, für Augustus notwendig sein, da nur Realschüler ohne eine solche Ergänzungsprüfung die Technische Hochschule beziehen konnten. Den Augustus dafür vorzubereiten und dabei zu beraten, wäre dann Donald’s Sache, der ja hierin Erfahrung besaß; jedenfalls aber würde man auf diese Art in etwa sechs Jahren einen jungen Mann aus der Familie als Assistenten im Betriebe haben.
Nun gut. Im Herbst sollte Augustus kommen. Bob Clayton klopfte die Pfeife aus und steckte sie in die Seitentasche seiner Jacke. Es war Zeit, nach Brindley-Hall zu reiten. Kate wartete mit dem Dinner. Er verließ das braungetäfelte Cabinet und ging durch die Halle auf den Vorplatz.
Schon führte der Gärtner das Pferd heran. Der Sattelgurt war bereits angezogen. Einen Augenblick lang, während das Pferd die ersten Schritte tat, den Gürtel von Stille durchbrechend, der hier, wie eben immer, um Pompe-House lag, überlegte Clayton, ob es keinen anderen Weg gäbe, um zur Straße zu gelangen als den Wiesenpfad über den Hügelrücken. Ja, er wollte schon die Zügel anstellen, um das Pferd, das in munterem Schritt vorwärts strebte, anzuhalten. Aber es gab keinen anderen Weg. Clayton legte die Schenkel an und galoppierte kurz über den breiten Hügelrücken bis dorthin, wo die Straße, bei erreichter Höhe, sich nach rechts wandte.
D ie gesellschaftliche Verwurzelung der Claytons in Wien war freilich nicht nur vom Golfclub her gekommen, sondern in weit ausgedehnterem Maße vom Geschäft. Man befand sich ja von Anfang an im Verhältnisse des Abnehmers und Belieferten gegenüber mehreren großen Firmen, nicht zuletzt die Stahlwerke in Ternitz, die Schrauben – und Werkzeugfabriken in Niederösterreich und im Steirischen, von den großen Baufirmen zu schweigen, die ja gleich am Beginne mitgewirkt hatten. Eine noch lebhaftere Quelle von Anschlüssen bildete dann Donald, insbesondere während seiner Jahre auf der Technischen Hochschule. Alles das führte in die schon früher bezeichnete Schichte. Donald gehörte bald zum Comité des ,Technikerballes‘, und später auch zu einer gleichen Vereinigung, welche die Industriellen hatten, um ihre Ballfeste zu arrangieren, wo man auf den mächtigen Büsten der Ballmütter Sammlungen von Schmuckstücken blitzen sehen konnte, die jedenfalls verwirrender waren – weil sie oft garnicht zusammenpaßten – als jene Büsten selbst.
Doch ist die Trennung der Gesellschaftskreise in Wien nie eine strenge oder gar ostentative gewesen. Sie war eher von verborgener aber zäher Art. Das administrative Beamtentum jedenfalls, in welches ja auch der Adel vielfach hineinreichte, fühlte sich doch von der blitzenden Pracht großer und reicher Häuser und ihrer opulenten Veranstaltungen da und dort gar sehr angezogen, und die Väter und Sektionschefs hatten am Ende nichts dagegen, wenn von ihren Söhnen aus diesen Kreisen Töchter heimgeführt wurden, die zumindest eine breitere Krippe gewährleisteten als jene war, an welcher man lebenslang hatte stehen müssen, und obendrein mit Decorum und mit repräsentativen Pflichten.
Solche Väter und Sektionschefs sah man überall. Sie hielten zum Teil auch den Kontakt aufrecht für eben erst heranwachsende Sprößlinge, damit diese dann sogleich in die rechten Kreise und Gleise gleiten konnten.
Die Halle in der Clayton-Villa war immer noch schwach und gedämpft beleuchtet, obwohl man doch jetzt schon elektrisches Licht hatte; hier lebte, in Gestalt von Steh-Lampen auf hohen Messingstielen und mit breiten Schirmen, eine Tradition Harriets fort. Die Galerie oben, von welcher die Türen in die einzelnen Zimmer führten – es gab keine Durchgangsräume, jedes Zimmer hatte seinen eigenen Eingang, wie in einem Hotel – lag fast ganz im Dunklen. (In einem dieser Zimmer, dort
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