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Die Wasserfälle von Slunj

Die Wasserfälle von Slunj

Titel: Die Wasserfälle von Slunj Kostenlos Bücher Online Lesen
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Zukunft im Werk), ein Fach, über das gerade die Begabten häufig stolperten, weil es ein fast reines Büffel-Fach ist (etwa wie die Pharmakologie bei den Medizinern oder die Quellenkunde bei den Historikern). Donald büffelte umsichtig, wenn es sein mußte, doch, wie es schien, ohne jede Anteilnahme. Nie sprach er von der Hochschule, auch zu seinem Vater nicht, der doch vom gleichen Fache war. Fast ging es Bob mit Donald schon so, wie es einst dem ganz Alten zu Brindley-Hall gegangen war: er wurde, angesichts solcher Undurchsichtigkeit, allmählich zum Werbenden. In der Ferienpraxis, die jetzt nach jedem Semesterschluß im Wiener Werk begann, ließ er Donald vollends freie Hand, wunderte sich aber nicht wenig, als er sah, wie jener die Sache anging: nämlich zunächst offensichtlich nicht mit dem Bestreben, sich einen technologischen Überblick über alle Arbeitsgänge zu verschaffen, sondern vom Handwerklichen her (das hatte Bob Clayton beim ganz Alten in Chifflington nicht so gehalten). Donald lernte an der Drehbank, und danach die Bearbeitung der Bleche, und so immer weiter, und die Montage zuletzt.
    Bob Clayton’s Sorgen um die Zukunft wurden entschieden gemindert, als Donald im Juni 1902 mit dem Diplom eines Maschinenbauers nach Hause kam. Sogleich danach nahm er im Wiener Werk, das er nun schon durch und durch kannte – auch jeden einzelnen Arbeiter – seine Tätigkeit als Betriebs-Ingenieur auf. Donald war damals vierundzwanzig Jahre alt.
    S o besserte sich nach 1902 die Lage zusehends. Man hatte Donald und Chwostik in Wien, die sich gut vertrugen. Der alte Doctor Eptinger war noch aktiv. Robert konnte sich oft durch längere Zeit um das Werk in Chifflington kümmern. Für die Wien betreffenden Entscheidungen gab es ja notfalls das Kabel. In Brindley-Hall wurde Bob Clayton jetzt von Kate betreut, die man zurück verpflanzt hatte. Die alte Cheef war dahingegangen.
    Öfter als vordem ritt er jetzt nach Pompe-House hinüber. Auch er saß jetzt dort, wie einst Harriet, im kleinen braunen Cabinette ihres Oheims, den Bob Clayton von Anfang an naturgemäß wie einen Schwiegervater empfunden hatte. War dieses Zimmer früher eine Art Stützpunkt oder archimedischer Punkt für Harriet gewesen: jetzt wurde es fast das gleiche für ihren verwitweten Mann. Allerdings, es war nicht die Einsamkeit, welche er in Pompe-House suchte. Auch in Brindley-Hall war er jetzt einsam. Brindley-Hall war groß, leer und weitläufig. Hier aber schloß sich die Umgebung besser zusammen, schon gar in diesem braunen Zimmerchen. Man saß hier wie im Innern einer Cigarrenkiste. Hier wurde das Alleinsein zum Genuß. Ein angemessener Genuß. Nun ging’s schon die Fünfzig hinauf. Noch war das Haar unverfärbt. Hier konnte man in Ruhe eine Pfeife rauchen. Der Gärtner war sehr alt geworden, die Frau fast unverändert geblieben. Jedesmal lief sie mit dem Strohwisch heran, wenn ihr Mann den Pritschsattel abnahm. Dann führte er, säbelbeinig, das Pferd hin und her. Clayton hätte schwören mögen, daß er noch immer die gleiche Cricket-Mütze trug wie zu Harriet’s Brautzeit.
    Donald bewährte sich. Nicht nur im Werk. Er hatte sich gleich auf der ersten Orientreise mit Chwostik bewährt. Hier begann das Gebiet der Unsicherheit für Robert Clayton: seit Beirut. Vielleicht hatte diese Unsicherheit sich ein wenig ausgebreitet, auch andere Gebiete ergriffen.... Donald war ein Mensch ohne eigene Ideen. Hielt sich stets exakt auf den Richtlinien, die man ihm gab. Fast so unschätzbar wie Chwostik.
    So saß er hier, Clayton, und rauchte seine gerade Pfeife, die er ganz steil vom Munde hängen ließ, wie das sonst nur eine gebogene macht.
    Die Jahre zwischen dem Ableben seines Vaters und dem Eintreten Donald’s in’s Geschäft hatten ihn stark mitgenommen (äußerlich sah man’s ihm durchaus nicht an). Vielleicht war dies Ganz-auf-sich-gestellt-sein garnicht seine Sache, sein Talent? Wird Donald nicht in die gleiche Lage kommen?
    An diesem Punkte begegnete ihm ein Wunsch, den Harriet in den letzten Jahren oftmals ausgesprochen hatte; und schließlich war daraus eine feste Vereinbarung geworden.
    In Montreal wurde ein Neffe von ihr erzogen – Bob hatte ihn nur als kleinen Buben gesehen – der jetzt dort schon auf einer höheren Schule war. Er hieß Augustus Cunish. In bezug auf ihn war man übereingekommen, daß er zu Wien die letzten zwei Klassen eines österreichischen Gymnasiums und sodann die Technische Hochschule absolvieren sollte, um in die

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