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Die Wasserfälle von Slunj

Die Wasserfälle von Slunj

Titel: Die Wasserfälle von Slunj Kostenlos Bücher Online Lesen
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Geschnatter. Im ersten Salon dann begrüßte man den Hausherrn mit Geschrei und Gelächter. „Wie geht’s denn dem Herrn Papa?!“ fragte Gollwitzer und Donald, von der allgemeinen Aufgeräumtheit bereits angesteckt, erwiderte lachend: „Danke, Herr Commercialrat, er liegt im Bett, niest und ärgert sich, daß er nicht hier sein kann.“ Im selben Augenblick erschien es Donald als eine ausgemachte Charakterlosigkeit, daß er den Gollwitzer anlachte; es war im Strudel des allgemeinen heiteren Eintrittes geschehen. Nicht gegenwärtig war ihm, daß in der Altersklasse Gollwitzers und wohl auch schon der seines Vaters, eine schwere Verkühlung doch mehr zu bedeuten hatte als bei einem jungen Mann. Den Commercialrat jedoch überflog jetzt ein Schatten, als er, etwas eindringlicher, weiterfragte: „Hat der Herr Papa starkes Fieber?“ „Nein, das garnicht“, sagte Donald, und hatte sich schon wieder zurückgenommen. Jetzt trug ihn die Strömung der Ankommenden durch den nächsten und übernächsten Raum: sie wurde nur zerteilt von hindurchlaufenden Dienern, die große Tablette mit Champagnerkelchen balancierten und gewissermaßen wachsam darauf sahen, daß jedermann trinke. Man konnte unmöglich auch nur durch Augenblicke mit einem geleerten Glase bleiben oder gar ohne ein solches. Es war Ärger, was Donald veranlaßte, der sonst das Genießen alkoholischer Getränke eigentlich nur der Form halber kannte, als gesellschaftliches Convenü, und den Whisky bloß als väterliche Gepflogenheit, es war Ärger, was ihn veranlaßte, einen ganzen Kelch Champagner hinunter zu trinken. Den nächsten, der gleich da war, stellte er beiseite. Es verhielt sich mit diesem Gollwitzer doch so, daß man nur an ihn anzustreifen brauchte, und schon erlitt man irgendeine Peinlichkeit. Es war, als ziehe er aus jedem Menschen gleich eine mögliche Schwäche hervor, wie ein Pfropfenzieher den Korken aus der Flasche.
    Damit war Donald an’s Ende der Zimmerflucht gelangt. Hier öffnete sich überraschend ein geräumiger Wintergarten.
    Der Zwischenfall mit Gollwitzer (ein solcher war es für den jungen Clayton) hatte ihn noch nicht dahin gelangen lassen, sich den Unterschied der Atmosphäre dieses Hauses gegenüber anderen, die er kannte – welcher schon beim Einströmen der Gäste war fühlbar geworden! – auf die einfachste Art zu erklären: es war das Heim eines reichen Junggesellen, der wohl auch manche Leute nur deshalb einlud, weil sie ihm gerade paßten und ihn amüsierten, nicht aber stets dem Zwange irgendwelcher Zwecke folgend. Mindestens schienen sie hier nicht ausnahmslos vorhanden, sondern durch anderes wattiert und cachiert. Vor allem aber: es gab hier keine Hausfrau, und, was noch entscheidender sein mußte, keine Töchter des Hauses und keine mit ihnen verbundene geschickt oder ungeschickt verfolgte Absicht.
    Im übrigen erkannte Donald auch bald, daß die Menschen hier zum Teil einer Art angehörten, die man in den Wiener Industriellen-Kreisen nicht antraf. Freilich war man auch dort dann und wann einem k. k. Burgschauspieler, einem Universitätsprofessor oder etwa gar einem Maler begegnet, wenn dieser ein bekannter und gefälliger Porträtist war. Hier aber schien fast die Mehrzahl der Anwesenden Lebenszwecken nachzugehen, die man dort, etwa in der Reichsrathstraße, nicht einmal im weiteren Gesichtsfeld hatte. Für Donald war das bald im Vorbeistreifen aus einzelnen Bruchstücken von sehr lebhaften Gesprächen fühlbar geworden, Gespräche, an welchen er garnicht hätte teilnehmen können, mangels jeder Beziehung zum Gegenstande.
    Er ging indessen schon um die starke Palmengruppe inmitten des Wintergartens auf dem feinen Kiese herum und war alsbald allein. Hierher hatte sich niemand verlaufen, niemand hatte damit den Anfang gemacht, obwohl bequeme Korbfauteuils umherstanden, jeder sah nur beim Hineinblick den leeren Raum und hielt sich drinnen in den Zimmern bei den anderen. Zwischen den Bäumen lag ein großes, armtiefes Becken, ein Teich kleinen Formates, klaren Wassers und kiesigen Grunds.
    Donald, während er in den Wasserspiegel sah, erwog ernstlich, sich von hier zu drücken. Er hatte den Hausherrn begrüßt (und mit ihm gesprochen), ebenso ein paar bekannte Gesichter; er war hier gewesen; er konnte gehen; vielleicht noch einmal sich in den Zimmern zeigen?
    Der ,Teich‘ hier war in zwei Segmente geteilt, durch ein sehr anmutig in S-Form biegendes Mäuerchen, aus dessen Mitte ein niedriger aber kräftiger

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