Die Wassermuehle
beiden entscheiden.“
„Wenn ich an deine Jean-Pauls, Claudes und Renés passés denke, finde ich es etwas merkwürdig, dass ausgerechnet du mir jetzt moralisch kommst.“
„Ich hatte sie nacheinander und nicht gleichzeitig!“
„Und zwischendurch noch schnell den knackigen János vom Georgies.“
„Es ist ja wohl ein Unterschied, ob man eine ernsthafte Beziehung anstrebt oder bloß auf ein kleines Abenteuer aus ist.“
„Dann sind wir uns ja einig.“
„Was soll das heißen?“
Hedi bog auf die Autobahnauffahrt ein. „Deine plötzliche Sympathie für meinen Mann ist verdächtig.“ Auf der Autobahn herrschte kaum Verkehr. Hedi fuhr auf die linke Spur und gab Gas.
„Ich will nur verhindern, dass du in dein Unglück rennst“, rief Vivienne gegen den Wind.
„Das ist wirklich nett von dir“, rief Hedi zurück. Der Wind zerzauste ihr Haar, und sie fühlte sich seit Langem einmal wieder rundum wohl.
K APITEL 31
K laus hörte, wie jemand seinen Namen rief. Oder träumte er es bloß? Das Telefon klingelte. Hatte er nicht vorhin den Stecker gezogen? Und das Handy ausgestellt? Hedi würde ohnehin nicht anrufen. Oder doch? Er versuchte aufzustehen. Seine Beine waren schwer wie Blei. Das Klopfen kam aus seinem Kopf. Und von der Wohnungstür. Die Couch stand schief, der Tisch gab nach, das Zimmer schwankte. Draußen ging die Sonne unter. Dabei war eben helllichter Mittag gewesen. Zumindest nahm er das an. Der Jemand vor der Tür war penetrant. Klaus stieß gegen die Tischkante. Er hielt sich am Schrank, dann an der Garderobe fest. Die Luft war zum Schneiden, Schweiß rann ihm übers Gesicht. Er wischte ihn mit der Hand weg.
„Ja, ja, ich komme ja schon“, murmelte er. Der Schlüssel steckte von innen. Die Sicherheitskette war vorgelegt. Ihm fiel ein, dass Sascha verreist war.
„Klaus?“, drang es durch die Tür. „Bist du da?“
Er zog die Kette aus der Verriegelung und schloss auf.
„Mein Gott!“, sagte Dagmar. „Warum meldest du dich nicht?“
Sein Blick glitt über ihr blaues Sommerkleid. „Habe ich gerade, oder? Siehst hübsch aus.“
„Ich wollte dir zum Geburtstag gratulieren“, sagte sie verlegen. „Bist du allein?“
Klaus bemühte sich um ein Grinsen. „Ich feiere im intimsten Kreise. Sozusagen. Leider ist gerade das Bier ausgegangen.“
„Entschuldigung. Ich will nicht weiter stören. Ich dachte nur ...“ Sie drückte ihm eine Flasche Sekt in die Hand. „Ich bringe euch ein bisschen Nachschub vorbei.“
„Nett von dir. Danke.“
„Na ja, ich muss dann mal los. Feiert noch schön.“
„Sicher.“ Die Dielen wurden weich, die Wand war wacklig. Klaus hielt sich am Türrahmen fest.
Dagmar nahm ihm die Flasche ab. „Du solltest dich besser hinsetzen.“ Ihre Stimme war weit weg, drang zu ihm wie durch einen Nebel.
Mit Mühe gelang es ihr, ihn ins Wohnzimmer zu bugsieren. Auf dem Couchtisch standen ein gutes Dutzend leere Bierflaschen und ein überquellender Aschenbecher. Auf dem Boden lagen zerfledderte Zeitungen.
Klaus ließ sich schwerfällig aufs Sofa nieder. „Ich glaube, ich bin kein guter Gastgeber heute.“ Ausdruckslos sah er zu, wie Dagmar die Flaschen einsammelte, den Ascher leerte und das Fenster öffnete. Der Straßenlärm drang bis zum dritten Stock herauf. Die frische Luft tat gut.
Dagmar blieb kopfschüttelnd vor dem Esszimmertisch stehen. „Wo ist dein Sohn?“
„Mit der Freundin am Bodensee“, sagte Klaus schläfrig.
„Und deine Tochter?“
„Verbringt ihre Ferien im Odenwald.“
Dagmar räumte das schmutzige Geschirr zusammen und stellte es in die Spülmaschine. Die harten Brötchen und die zerlaufene Butter warf sie in den Müll. Als sie ins Wohnzimmer zurückkam, war Klaus eingeschlafen. Unter den Zeitungen fand sie zwei zerknüllte Zigarettenschachteln und ein leeres Tablettenröhrchen. Ihr wurde heiß vor Angst. Sie rüttelte Klaus wach.
„Hast du die genommen?“
Er sah sie verwirrt an. Sie hielt ihm das Röhrchen vors Gesicht. „Ob du die Tabletten genommen hast, will ich wissen!“
Er griff sich an den Kopf und stöhnte.
„Verdammt, Klaus! Was machst du für einen Scheiß?“
„Ich konnte nicht schlafen.“
„Wieviel?“
„Zwei.“
„Sicher?“
„Ja.“
Sie glaubte ihm nicht. „Es ist besser, ich rufe einen Arzt.“
„Bist du verrückt?“ Er rappelte sich hoch und nahm ihr das Röhrchen ab. „Ich hab bloß ein bisschen viel getrunken. Geht schon wieder.“
Sie sah, dass seine Hände zitterten. Sein T-Shirt
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