Die Wassermuehle
„Du erinnerst mich an Christoph-Sebastian. Willst du Butter aufs Brot?“
Klaus nickte und bediente sich. „Wo ist eigentlich deine Künstlerfreundin?“
„Beim Meditieren.“
„Ich vermute eher, sie bettelt die Sterne um Goldtaler an. Oder spielt sie vielleicht heimlich Systemlotto?“
Hedi räumte die Teller in den Schrank. „Könnten wir über etwas anderes reden?“
„Ich war heute Morgen in Frankfurt und habe ein paar Erkundigungen eingezogen.“
„Ich will endlich wissen, wann du gedenkst, hier einzuziehen! Alles andere interessiert mich einen feuchten Kehricht.
Klaus schmierte Butter auf sein Brot. „Eine ziemlich kurzsichtige Betrachtungsweise, findest du nicht?“
„Du schaffst es jedesmal, mir nach spätestens zehn Minuten die Laune zu verderben.“
„Dein Hofhahn schmeckt vorzüglich.“
„Hast du mit Sascha geredet?“
„Er zieht nicht um.“
„Sagst du!“
„Sagt er.“
„Ich werde selbst mit ihm sprechen!“
„Ende der Woche ist er wieder da.“
„Was soll das heißen?“
„Er ist mit seiner Freundin zum Zelten an den Bodensee gefahren.“
„Du lässt unseren Sohn unbeaufsichtigt in Urlaub fahren, ohne mich zu fragen?“
„Du lässt unsere Tochter unbeaufsichtigt mit irgendeinem Typen ins Bett steigen, ohne mich zu fragen.“ Er nahm sich noch ein Stück Fleisch. „Vivienne behauptet, dass diese Frau von Eschenberg ihr gesamtes Vermögen verwaltet, richtig? Ich habe begründete Zweifel sowohl an dem behaupteten Vermögen als auch an der Existenz dieser Frau.“
„Du unterstellst Vivienne, dass sie mich von vorn bis hinten belügt?“, rief Hedi aufgebracht.
„Hedi, bitte! Hör mir doch erst mal zu.“
„Nein, jetzt hörst du mir mal zu: Viviennes Eltern waren so reich, dass sie vor Geld kaum laufen konnten. Auf unsere Schule ging sie nur, weil ihr Vater wollte, dass sein verwöhntes Töchterlein unter sogenannte normale Leute kam. Was ihre Mutter nicht davon abhielt, ihr ein Taschengeld zu geben, von dem meine Familie einen halben Monat lang hätte leben können. Ja, ich glaube auch, dass sie mit dieser Eschenberg keinen guten Griff getan hat. Aber was ihre Eltern ihr hinterlassen haben, dürfte für mindestens zwei Leben reichen. Im Übrigen hat sie mir erst gestern zweitausend Euro gegeben.“ Es waren zwar nur zweihundert gewesen, aber eine kleine Übertreibung konnte sicher nicht schaden, um dieses Thema endlich abzuschließen.
Klaus dachte nicht daran. „Und was ist mit den dreißigtausend von Anette?“
Sie starrte ihn an. „Woher weißt du das?“
„Ich hatte Besuch von Bernd.“
„Damit haben wir laufende Kosten gedeckt.“
Er verzog das Gesicht. „Meinst du etwa die fahrende Zitrone da draußen?“
„Das ist alles, was ich dazu zu sagen habe!“
„Ich ziehe mit dieser Verrückten nicht unter ein Dach. Das ist alles, was ich dazu zu sagen habe.“
„Mach doch, was du willst.“ Hedi legte den Deckel auf den Römertopf und verließ die Küche.
Klaus lief ihr nach. „Warte doch! Wo willst du hin?“
„Spazieren.“
„Darf ich mitgehen?“
Hedi zuckte die Schultern.
„Als die Kinder klein waren, sind wir oft zusammen spazieren gegangen, weißt du noch?“, sagte Klaus lächelnd, als sie den Hof überquerten.
„Du hast jedesmal geflucht, wenn du den Kinderwagen die Treppen hinuntertragen musstest.“
„Es war trotzdem schön, oder?“
„Das ist lange her.“
Hedi schlug den Weg zum Mühlteich ein; Klaus begleitete sie schweigend. Sie roch den würzigen Duft der Kamillen und dachte an Wolfgang. Waren wirklich erst drei Tage vergangen, seit sie mit ihm hier entlanggegangen war? Es kam ihr wie eine Ewigkeit vor. Sie blieb am Ufer stehen und schaute aufs Wasser. Ich glaube, ich habe mich in dich verliebt. Und sie? Hatte sie sich auch in ihn verliebt? In seinen Charme, die spöttischen Augen, in seine Unbekümmertheit, die nicht nach dem Morgen fragte? Wovor hast du Angst? Im Schilf quakte ein Frosch, im Gras zirpten Grillen.
Klaus stellte sich neben sie. „Hier gibt’s bestimmt jede Menge Stechmücken.“
„Dein Sinn für Romantik ist umwerfend.“
Er zeigte zum jenseitigen Ufer. „Da drüben könnte man eine Blockbohlensauna hinbauen.“
„Die Mücken werden sich freuen.“
Er spielte mit ihrem Haar. „Doch nicht im Winter, wenn ich nach einem Saunagang splitterfasernackt in den Teich springe.“
„Soll das etwa heißen, du erwägst, deine Meinung zu ändern?“
„Warum? Ich komme dich gelegentlich im
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