Die Wassermuehle
„Man sollte dem Blödmann für sein Dummgelaber in den Hintern treten!“
„Wem?“, fragte Klaus amüsiert. „Kissel oder Hans-Jürgen?“
„Am besten beiden!“
Klaus fuhr los. „Ich nehme an, Michael hat dich über unseren bedeutungsvollen Einsatz aufgeklärt?“
Dagmar verzog das Gesicht. „Nicht, dass wir uns missverstehen, Frau Streibel. Ich schätze Sie als eine überaus engagierte Beamtin, aber in der letzten Zeit meine ich festgestellt zu haben, dass Sie in Ihrem Auftreten ein wenig ... nun, sagen wir mal, zu leger geworden sind.“
Klaus lachte. „Lass mich raten: Unser Dienststellenleiter hat dir im Hinblick auf die nächste Beurteilungsrunde dringendst anempfohlen, dich meinem schlechten Einfluss zu entziehen.“
„Er glaubt allen Ernstes, wir hätten was miteinander!“
„Ach ja?“
„Ich weiß nicht, was es da zu grinsen gibt.“
„Im Interesse deiner beruflichen Zukunft solltest du vielleicht ...“
„Ich habe die Sache mit der Verfolgungsfahrt richtiggestellt.“
Klaus wurde ernst. „Das war dumm.“
„Ich kann es nicht leiden, wenn andere für meine Fehler verantwortlich gemacht werden.“
„Das ist nicht der Punkt.“
„Doch!“
Klaus bog in die Groß-Hasenbach-Straße ein und hielt vor Maria Westhoffs Haus. „Wenn du in unserem Laden Karriere machen willst, solltest du dir genau überlegen, wem du was wann wie sagst.“
Dagmar stieg aus. „Den Teufel werde ich tun!“
Klaus blickte zum Himmel. „Das sieht nach einem Gewitter aus.“
„Sehr passend.“
„Hast du den Eliminator?“
„Wen?“
„Das Funkgerät. Zum Gespenstervertreiben.“
„Warum kann dich Herr Kissel eigentlich nicht leiden?“, fragte Dagmar, als sie wieder im Streifenwagen saßen. Der Himmel war fast schwarz. Es fing an zu regnen. Klaus schaltete die Scheibenwischer ein. Die Windschutzscheibe verwandelte sich in schlieriges Milchglas. Im Wageninneren breitete sich der Geruch nach Frostschutzmittel aus. „Mistkarre!“
„Ich warte auf eine Antwort.“
Vereinzelt zuckten Blitze. Der Regen wurde stärker. „Ich wohne im falschen Haus.“
„Diese Frau Ecklig kann ja wohl kaum der Grund sein, dass er kein gutes Haar an dir lässt.“
„Tut er das?“
„Er sagt, du seist disziplinlos und hieltest dich nicht an die Vorschriften.“
„Da hat er nicht ganz unrecht, oder?“
„Aber es gibt manchmal gute Gründe, warum man sich nicht an die Vorschriften hält.“
„Mit der Auffassung schaffst du nicht mal die erste Stufe zur Teppichbodenetage.“ Klaus bog vom Großen Biergrund in die Berliner Straße ein. Er zeigte auf das Gebäude der Städtischen Sparkasse. „Das Ding sieht aus wie ein Stück Quarktorte mit Fenstern.“
Dagmar warf ihre Uniformmütze auf den Rücksitz. „Du nimmst mich einfach nicht ernst!“
„Ich lasse dich immerhin ab und zu Auto fahren.“
„Soll ich dir aus Dankbarkeit die Füße küssen?“
„Warte bitte, bis wir drin sind. Damit Hans-Jürgen auch was davon hat.“
„Manchmal bezweifle ich wirklich, ob du ...“
„Das darf doch nicht wahr sein!“
„Was ist?“
„Da vorn! Der Bengel versucht, der alten Dame die Tasche wegzureißen!“
Vor der Fußgängerampel an der Französisch-Reformierten Kirche zerrte ein etwa sechzehnjähriger Junge an der Handtasche einer weißhaarigen Frau, die jedoch nicht daran dachte loszulassen. Stattdessen schlug sie dem Täter ihren Regenschirm auf den Kopf. Als der Junge den Streifenwagen bemerkte, ergriff er die Flucht.
Klaus stoppte und nahm mit Dagmar zusammen die Verfolgung auf. Sie erwischten den verhinderten Räuber im nahegelegenen Büsing-Park. Als sie außer Atem und durchnässt mit dem Festgenommenen zurückkamen, stand der Streifenwagen ordentlich geparkt auf dem Kirchenvorplatz. Die alte Dame stieg aus und spannte ihren Regenschirm auf. Eine Windbö riss ihn ihr fast aus der Hand.
„Prima hawwe Sie des gemacht!“, rief sie gegen den Sturm an. „Ich hab derweil e bissi uff Ihr Audo uffgepasst.“ Sie musterte den Täter mit funkelnden Augen. „Mir alt Fraa die Handdasch klaue wolle, hä?“ Bevor Klaus oder Dagmar reagieren konnten, verpasste sie dem Jungen eine schallende Ohrfeige. „Des haste davon!“
„Na, na! Selbstjustiz ist aber nicht erlaubt“, sagte Klaus mit einem Augenzwinkern.
„Die hatter sich redlich verdient.“ Sie kramte in ihrer Handtasche und hielt Dagmar ihren Personalausweis hin. „Den brauche Sie jetzt, gell?“
„Haben Sie unseren Streifenwagen
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