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Die Wassermuehle

Die Wassermuehle

Titel: Die Wassermuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikola Hahn
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haben wird.“
    „Ach, so ist das!“
    „Was ist wie?“, fragte Wolfgang amüsiert.
    „Du hängst die Bilder einen Tag lang in deine Galerie und rechnest dir aus, dass du sie anschließend für einen Apfel und ein Ei kaufen kannst!“
    „Du hältst nicht allzuviel von mir, oder?“
    Hedi schwieg beschämt. Wie kam sie dazu, ihm Vorwürfe zu machen? Schließlich spielte sie mit gezinkten Karten, und nicht er. Sie war keinen Deut besser als Vivienne! „Bitte entschuldige.“
    Er lächelte. „Die Arbeiten sind gut, und ich bin ziemlich sicher, dass Dr. Siebmann sie kaufen wird. Und zwar zu dem Preis, den ich dir genannt habe. Zufrieden, kleine Giftnudel?“
    „Wolfgang, ich ... muss dir was sagen.“
    Er hob ihr Kinn an und küsste sie. „Spar’s dir auf für nachher. Ich hoffe, ich bin bald zurück.“
    Als er die Wohnung verlassen hatte, schaute Hedi aus dem Fenster. Sie sah ihn über die Straße zu ihrem Bus gehen. Er winkte ihr zu, stieg ein und brauchte tatsächlich nur einen Startversuch. Hedi dachte an Juliette und die alte Mühle, an Klaus, ihre Kinder und an Ellis Worte. Sie war sich noch immer nicht im Klaren darüber, ob ihre Gefühle für Wolfgang Bernsdorf mehr waren als Sympathie. Und ob sie für ihn nicht nur eine flüchtige Liebelei sein würde. Aber ganz gleich, was er in ihr sah und wie dringend sie das Geld brauchte: Es war schäbig, ihn zu belügen.
    Sie nahm die angebrochene Champagnerflasche, ging ins Gästezimmer und setzte sich grübelnd aufs Bett.
    Im Flur war es dunkel, als Wolfgang Bernsdorf zurückkam; unter der Tür des Gästezimmers schimmerte Licht. Er klopfte, aber niemand antwortete. Leise ging er hinein.
    Hedi lag quer über dem Bett und schlief, den Kopf neben einem aufgeschlagenen Buch. Vor dem Bett stand die leere Champagnerflasche.
    Wolfgang strich ihr übers Haar. Sie murmelte irgendetwas, wurde aber nicht wach. Er nahm das Buch weg. Es war ein Band seiner alten Goetheausgabe, zerfleddert und abgegriffen. Als er sah, was sie gelesen hatte, musste er lächeln. Er legte das Buch auf den Nachttisch, holte eine Wolldecke aus dem Schrank und deckte Hedi behutsam zu. Dann hob er die Flasche auf, löschte das Licht und verließ das Zimmer.

K APITEL 51
    M ichael Stamm sortierte lachend einen Stapel Papier. „Es ist unglaublich!“ Er nahm das zuoberst liegende Blatt, eine Kopie eines Anhörbogens für Unfallbeteiligte. Der erste Satz war mit grünem Textmarker angestrichen. „Mein Auto fuhr einfach geradeaus, was in einer Kurve allgemein zum Verlassen der Straße führt. Phänomenal, oder?“
    „Mhm“, sagte Dagmar. Sie sah müde aus.
    „Oder das hier: Der Mopedfahrer, der am Tatort alles miterlebte, hatte meiner Freundin aufrichtig erklärt, dass er seiner Zeugungspflicht unverzüglich nachkommen wird. Und jetzt weigert er sich auf einmal!“
    Hans-Jürgen schob grinsend die ihm zugeteilten Vorgänge in sein Fach zurück. „Vermutlich leidet der Ärmste unter Impotenz.“
    „Sehr witzig!“, sagte Dagmar.
    „Wo steckt eigentlich Kollege Winterfeldt?“, fragte Hans-Jürgen.
    Michael zog ein weiteres Blatt aus seiner Sammlung. „Kommt später. Irgendwas ist mit seinem Sohn. Schon bevor ich ihn anfuhr, war ich davon überzeugt, dass dieser Mann nie die andere Straßenseite erreichen würde. Ich sah ein trauriges Gesicht langsam vorüberschweben, dann schlug der alte Herr auf dem Dach meines Wagens auf. Wenn das nicht literarische Qualitäten hat!“
    „Was machst du mit dem ganzen Kram?“, fragte Dagmar.
    Michael grinste. „Das, was ein anständiger Beamter mit allen DIN-A4-Formaten tut: kopieren, lochen, abheften. Und wenn ich in Pension gehe, schreibe ich ein Buch und werde berühmt.“
    Dagmar nahm eine Akte aus ihrem Fach. „Wovon träumst du noch?“
    „Ein Fußgänger kam plötzlich vom Bürgersteig und verschwand wortlos unter meinem Wagen.“
    Hans-Jürgen lachte. Dagmar verzog das Gesicht.
    „Nicht dein Tag heute, was?“ Das Telefon klingelte. Michael nahm ab. „Viertes Polizeirevier, Stamm, guten Morgen, was kann ich für Sie ...? Ja, hier ist die Polizei in Offenbach. Nein ... Doch, dafür ist die Polizei zuständig, aber Sie haben ... Nein, nicht Offen burg! Offen bach! Am Main, ja! Nein, wir haben kein Telefonverzeichnis von Offenburg. Wenn Sie vielleicht die Auskunft ... Was? Die falsche Nummer? Versuchen Sie’s trotzdem noch mal ... Ich kann Sie nicht verbinden! Sie müssen bitte ... Nein. Bach wie Fluss, nicht Burg wie Schloss. Genau. Also ...

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