Die Wassermuehle
Herrje! Ich hab’s Ihnen doch gerade ...“
Dagmar ging kopfschüttelnd hinaus. Hans-Jürgen folgte ihr. „Manchmal ist unser Chef wahrlich nicht zu beneiden.“
„Mhm.“
„Schönes Wetter draußen. Was hältst du von einer kleinen Streife?“
Stampe und ein jüngerer Kollege kamen ihnen entgegen. „Na, Hans-Jürgen? So früh schon beim Süßholzraspeln?“, fragte Stampe grinsend.
„Ich führe eine ernsthafte Unterhaltung!“, sagte Hans-Jürgen.
Die beiden verschwanden lachend in der Wache.
„Ich muss noch was schreiben“, sagte Dagmar.
„Wartest du mit dem Rausfahren, bis dein Lieblingskollege kommt?“
„Was soll der Quatsch?“
„Es fällt auf, dass du deine Sympathien ziemlich ungleich verteilst, meine liebe Dagmar.“
„Ich bin nicht deine liebe Dagmar!“
„Ich weiß. Der Platz ist schon vergeben.“
„Du hast sie ja wohl nicht alle!“ Dagmar ging ins Vernehmungszimmer und warf die Tür zu. Das Telefon klingelte. Sie nahm ab.
„Michael hier. Wir haben einen Melder in der Kaiserstraße.“
„Ich komme.“
Hans-Jürgen grinste, als sie zu ihm in den Streifenwagen stieg. „Das nennt man wohl Schicksal.“
„Fahr lieber los!“
„Gemach, gemach. Ein Melder sonntags um diese Uhrzeit? Das kann nur ’ne Fehlzündung sein. Wahrscheinlich hat wieder irgendeine Putze Mist gebaut. Oder dem Filialleiter fiel ein, dass er vor der Beichte noch mal schnell in die Bank muss. Alles schon dagewesen. Falls nicht, sind die Herren Bankräuber sowieso weg, bis wir kommen. Und für den Rest ist die Kripo zuständig.“
Dagmar warf ihm einen wütenden Blick zu. „Ich glaube nicht, dass ich dir erklären muss, warum ich Klaus als Streifenpartner vorziehe, oder?“
„War mal wieder nichts“, sagte Hans-Jürgen zu Michael, als sie zurückkamen. Er hängte den Schlüssel ans Bord.
„Wundert dich das?“ Dagmar füllte das Fahrtenbuch aus und hielt es ihm hin. „Da, unterschreib!“
Hans-Jürgen grinste. „Auch du wirst noch ruhiger werden, Verehrteste. Ich hoffe nur, dass der liebe Klaus nicht vorher an einem Herzinfarkt dahinscheidet.“
„Dummschwätzer!“
„Könntet ihr euren Disput woanders austragen?“ Michael gab Hans-Jürgen eine Mappe. „Nimm das bitte mit nach hinten.“
„Schon wieder Umläufe? Wer soll den ganzen Mist lesen, Chef? Und mein eMail-Fach ist auch ständig voll!“
„Gib her.“ Dagmar nahm ihm die Mappe ab und verließ die Wache.
„Bisschen übereifrig, die junge Dame“, sagte Hans-Jürgen. „Aber appetitlich anzusehen.“ Er griff sich eine Zeitung und verschwand auf der Toilette.
Klaus saß am Computer und füllte ein Formular aus. Dagmar warf die Laufmappe auf den Schreibtisch. Klaus sah auf. „Na? Habt ihr euren Bankräuber gefasst?“
„Ich schwör’s dir: Irgendwann dreh ich dem Kerl den Hals um!“
„Dazu müsstest du ihn erst mal kriegen, oder?“
„Ich meine Hans-Jürgen.“
Klaus grinste. „Du wirst dir von unserem Mikado-Mann doch nicht den Tag verderben lassen?“
„Eine Schnecke ist ein Schnellboot gegen den!“
„Nicht jeder bekommt zum Geburtstag eine Rennbahn geschenkt.“
„Der hat null Bock auf gar nichts!“ Sie schnitt eine Grimasse. „Auch du wirst noch ruhiger werden, Verehrteste! Wie ich dieses gönnerhafte Geschwafel hasse!“
„Na ja, so ganz unrecht hat er nicht, oder?“
„Nimm du ihn noch in Schutz!“
„Ich denke ...“
„Weißt du, was er über dich gesagt hat?“
Klaus drückte die Taste fürs Drucken. „Nein. Es interessiert mich auch nicht.“
„Warum kann er mich nicht wie einen normalen Menschen behandeln?“
„Du hättest erleben sollen, wie er um deine Vorgängerin herumscharwenzelt hat. Ich müsste allerdings lügen, wenn ich behaupten würde, es hätte ihr nicht gefallen.“
„Ich bin aber nicht meine Vorgängerin!“
„Wär’ auch schwerlich möglich. Es sei denn, du glaubst an Seelenwanderung.“
„Du nimmst mich genausowenig ernst wie er!“
„Dass du mich letzte Woche beim Schießen in den Sack gesteckt hast, war ein herber Schlag.“
Dagmar blätterte Lagemeldungen durch. Klaus nahm das Formular aus dem Drucker und meldete sich am Computer ab. „Was ist los, hm?“
„Du bist jahrelang mit Uli Streife gefahren. Niemand hat sich darüber aufgeregt. Und nur, weil ich eine Frau bin ...“
„Ach was. Hans-Jürgen lästert, solange ich ihn kenne. Mich hat er mal Ulis Vorzimmerfräulein genannt. Uli ist ein guter Polizist, und ich habe viel von ihm gelernt. Aber
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