Die Wassermuehle
Ihnen da auch nicht weiterhelfen.“
Die Frau mit den Jogginghosen zeigte zur Straße. „Ich wohn do drüwwe, unn ich sach Ihne, gestern Awend ...“
„Wo kommen wir denn hin, wenn jeder einfach seinen Mist ablädt, wo es ihm gerade einfällt!“, schimpfte Herr Obermeier.
„Vielleicht liegt beim Straßenverkehrsamt ja ein Antrag auf Genehmigung vor“, sagte Klaus. „Aber das lässt sich erst morgen prüfen.“
Ein weißer Polo bog auf den Parkplatz ein. Am Steuer saß eine junge Frau. Sie parkte neben dem Streifenwagen und stieg aus. Ihr braunes Haar reichte bis zur Taille und ihr Minirock knapp über den Po. Herr Obermeier bekam Stielaugen.
„Da wird sich Gabriele aber freuen, dass sogar die Polizei seine Kunst bewundert“, sagte sie mit einem schelmischen Lächeln zu Klaus.
„Haben Sie etwa dieses Monstrum hier abgestellt?“, fragte die Mutter von Pascal.
Sie schüttelte amüsiert den Kopf. „Nein. Ich kann Ihnen nur sagen, dass es sich um eine Arbeit von Gabriele Renzullo mit dem Titel Provokation Räume handelt.“
„Cool, eh.“ Der gelbhaarige Jugendliche zerdrückte die leere Dose und ließ sie fallen. „Echt krass.“
Klaus sah ihn streng an. „Da drüben steht ein Abfalleimer! Wissen Sie, wie oder wo ich diese Frau Renzullo erreichen kann?“, wandte er sich an die Polofahrerin.
Sie warf ihr Haar über die Schultern und lachte. „Meinen Sie etwa den Bildhauer, Herrn Gabriele Renzullo, Herr Polizist?“
Klaus grinste. „Na gut. Könnten Sie mir zufällig verraten, wo ich Herrn Gabriele Renzullo finde? He!“, rief er dem Gelbhaarigen nach. „Du hast was vergessen!“ Murrend kam der Junge zurück und hob die Dose auf.
„Tut mir leid. Nein“, sagte die Polofahrerin. Sie zupfte an ihrem Rock. „Ist denn das so wichtig?“
Dagmar zückte ihren Notizblock. „Ihre Personalien, bitte.“
„Warum? Habe ich etwas verbrochen?“
„Ihren Namen!“
Sie sah Klaus an. „Und wozu soll das gut sein?“
„Reine Routine“, sagte er lächelnd.
Sie zwinkerte ihm zu. „Meine Telefonnummer auch?“
„Klar! Man weiß ja nie, in welche Richtungen sich unsere Ermittlungen so erstrecken.“
„Provokation Räume. Das Ziel ist jedenfalls erreicht“, sagte Klaus, als sie weiterfuhren.
Dagmar verzog das Gesicht. „Seit wann schwärmst du für moderne Kunst?“
„Das war eine Tatsachenfeststellung. Wir könnten zurückfahren und versuchen herauszufinden, wo der gute Herr Renzullo wohnt.“
„Und die Telefonnummer der langbeinigen Brünetten testen, was?“
„Du hättest ruhig ein bisschen freundlicher zu ihr sein können.“
„Es war widerlich, wie sie dich angemacht hat!“
Klaus grinste. „Ich fand sie nett.“
„Was seid ihr Männer doch armselig! Ein bisschen Hinternwackeln und Wimpernklimpern, und der Verstand setzt aus.“
„Ist dir das Telefonat mit Mallorca so sehr aufs Gemüt geschlagen?“
Dagmar presste die Lippen zusammen und starrte nach draußen. Klaus sah, dass sie den Tränen nahe war. Er fuhr aus der Stadt und bog in einen von Eichen gesäumten Waldweg ein. Auf einer grasbewachsenen Weggabelung hielt er an und stellte den Motor ab. Sie hörten die Vögel singen. Nirgends war ein Mensch zu sehen.
Dagmar setzte ein Lächeln auf. „Fahren wir heute Karnickelstreife?“
Klaus sah sie ernst an. „Ich wollte die ganze Zeit schon mal mit dir darüber reden.“
„Worüber?“
„Mir fällt auf, dass du manchmal ... nun ja, etwas merkwürdig reagierst.“
„Ich weiß nicht, was du meinst.“
„Als du an meinem Geburtstag bei mir warst, die Sache im Bad ...“
„Das tut mir wirklich leid. Ich wollte dich nicht beleidigen.“
Er sah auf seine Hände. „Du hast gesagt, dass dein Vater Trinker war. Und du hasst deine Mutter, weil sie dich mit ihm allein gelassen hat ... War da vielleicht irgendwas?“
„Willst du etwa andeuten, du denkst, mein Vater hätte sich an mir vergangen?“
„Ehrlich gesagt, ich weiß nicht, was ich denken soll.“
„Wenn’s dich beruhigt: Hat er nicht. Zumindest nicht sexuell.“
„Sondern?“
Sie schaute nach draußen. Ein Eichhörnchen huschte über den Weg. „Er war ein liebevoller und geduldiger Vater, ein herzensguter Mensch, und er steckte voller verrückter Ideen. Als wir nicht genügend Geld hatten, um in Urlaub zu fahren, kaufte er ein Zelt und machte mit mir eine zweiwöchige Trekkingtour durch den Reinhardswald. Meine Schulfreundinnen haben mich glühend um ihn beneidet. Sie wussten ja auch nicht, wie er
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