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Die Wassermuehle

Die Wassermuehle

Titel: Die Wassermuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikola Hahn
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sein, Hedi beizubringen, dass Sascha zu Sabine ziehen wollte. Aber es wäre Unsinn, wegen der paar Monate bis zu seinem achtzehnten Geburtstag auf einem Umzug in die Mühle zu bestehen.
    Er sah, wie Dagmar sich bemühte, wach zu bleiben, und musste lächeln. Es war lange her, seit er sich so glücklich gefühlt hatte. Am liebsten wäre er einfach auf die Autobahn abgebogen und in den Odenwald gefahren. Stattdessen bestreifte er die Innenstadt. Es waren erstaunlich wenige Leute unterwegs; auch am Funk blieb es ruhig. In der Kaiserstraße hielt er an einer roten Ampel. Vor ihm bog ein grüner Passat Kombi ein. Die rechte Rückleuchte war defekt. Die Ampel sprang um. Er stupste Dagmar an. „Den halten wir mal an.“
    Sie fuhr hoch und rieb sich die Augen. „Was?“
    Klaus lächelte. „Kleine Routinekontrolle. Der gute Mensch vor uns fährt einäugig.“ Er gab das Signal zum Halten. Der Pkw fuhr zum Straßenrand. Klaus stieg aus.
    Dagmar griff nach ihrer Mütze. Das Licht blendete sie, ihr Kopf tat weh.
    Klaus ging zur Fahrerseite des Kombi und öffnete die Tür. Der Fahrer war etwa Mitte dreißig. Er hatte schwarzes Haar und einen Oberlippenbart.
    „Guten Abend. Allgemeine Fahrzeugkontrolle. Stellen Sie bitte den Motor ab und steigen Sie aus.“
    Der Fahrer nickte. Er machte eine Bewegung, als wollte er den Zündschlüssel abziehen. Plötzlich hielt er eine Pistole in der Hand. Klaus kam nicht dazu, nach seiner Waffe zu greifen. Er spürte einen furchtbaren Schlag und dann nichts mehr.

K APITEL 54
    O ffiziell war die Vernissage um achtzehn Uhr beendet, aber mit Geplauder, Sekt und Kanapees blieben ein Damengrüppchen und die Frau mit der Federboa bis fast halb zehn. Hedi tat vom Stehen das Kreuz weh, und ihr Magen knurrte vernehmlich. Wolfgang warf ihr ab und zu einen entschuldigenden Blick zu.
    „Der Kunde ist eben König“, sagte er, als endlich die letzte Besucherin gegangen war.
    Hedi hielt sich ihren Rücken. „Ich könnte eine Kleinigkeit essen.“
    Wolfgang sperrte die Galerie zu. „Eigentlich wollte ich vorher mit dir einen Aperitif in meiner Lieblingsbar nehmen. So was hast du bestimmt noch nicht gesehen: Der Schankraum ist wie ein Gemälde gestaltet, Farben, die flächig aufeinanderprallen, und dazwischen der Tresen in Schokoladenbraun.“
    „Interessant“, sagte Hedi.
    Er lachte. „Entschuldige. Dein Bedarf an Kunst ist vermutlich für heute gedeckt, oder?“
    „Wenn ich jetzt was Alkoholisches trinke, falle ich tot um.“
    „Ich hoffe, bis zu mir nach Hause schaffst du es noch?“
    Hedi nickte und zog fröstelnd die Schultern hoch. Wolfgang legte ihr kommentarlos seinen Mantel um die Schultern. Während der Fahrt rief er Anna an. Was er hörte, schien ihn zu freuen.
    „Hast du sie beauftragt, Pizza zu bestellen?“, fragte Hedi amüsiert, als sie ins Haus gingen. „Oder essen wir die Reste vom Frühstück?“
    Wolfgang schloss die Wohnung auf. „Weder noch.“ Er nahm Hedi den Mantel ab und hängte ihn auf einen Bügel. „Noch ein Minütchen Geduld, ja?“
    Er verschwand im Wohnzimmer. Als er Hedi kurz darauf hereinbat, war der Raum in Kerzenlicht getaucht. Aus den Lautsprechern klang leise Musik, und der Esstisch hinter der Bar war festlich gedeckt. Wolfgang zog ihr einen Stuhl zurück. „Ich habe mir gedacht, wir gestalten den französischen Abend diesmal etwas gemütlicher.“
    Hedi setzte sich. „Aber bitte ohne Château de Maimbray, wenn’s geht.“
    Er hielt ihr eine entkorkte Weinflasche hin. „Ich denke, zu Gigot d'agneau à la provençale passt ein Côtes de Castillon auch besser.“
    „Zu deiner Kenntnis: Ich hatte eine Fünf in Französisch.“
    Er lachte. „Provenzalische Lammkeule. Als Beilage geschmortes Gemüse. Vorher grüne Bohnen in Zitronensauce, hinterher Annas Spezialität: Ziegenkäse mit frischen Kräutern in Olivenöl. Zufrieden?“
    „Ich bin kurz vor dem Verhungern.“
    „Ich auch.“ Er ging zur Tür; als Hedi aufstehen wollte, schüttelte er den Kopf. „Du bleibst gefälligst sitzen und lässt dich einmal in deinem Leben ohne schlechtes Gewissen bedienen!“
    Er brachte abgedeckte Schüsseln und eine Fleischplatte herein. Der feine Duft nach Thymian und Rosmarin ließ Hedi das Wasser im Mund zusammenlaufen. Die Bohnen waren mit gedünsteten Lauchzwiebelringen und Petersilienblättchen garniert und butterzart. Sie hatte kaum den zweiten Bissen zum Mund geführt, als Wolfgangs Handy klingelte.
    „Himmel noch mal! Für heute reicht’s.“ Er nahm das

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