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Die Wassermuehle

Die Wassermuehle

Titel: Die Wassermuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikola Hahn
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Telefon und schaltete es aus. Kurz darauf klingelte der Festanschluss. Wolfgang tat, als hörte er es nicht.
    Hedi sah ihn an. „Und wenn’s was Wichtiges ist?“
    „Es gibt nichts Wichtigeres, als jetzt mit dir in Ruhe zu essen.“
    „Vielleicht ist es für mich?“
    Er stand auf. „Wehe, wenn nicht.“
    Es war Suzanne von Gehlen, und Wolfgangs Gesicht verfinsterte sich. „Warum rufst du nicht deinen Vater an? Ja, gut. Dann bestelle ich dir eben ein Taxi. Was soll das heißen, du weißt nicht genau, wo du bist? Herrgott! Erwartest du, dass ich stundenlang in der Pampa herumkurve? Nein! Es passt mir nicht! Und das weißt du ganz genau! Hör auf zu flennen. Ich komme.“ Er legte auf.
    „Was ist denn?“, fragte Hedi.
    „Die liebe Suzanne hat in einem Acker geparkt und wartet auf Erlösung“, sagte er sarkastisch. „Es würde mich nicht wundern, wenn sie das Theater bloß inszeniert hat, um mir den Abend zu verderben.“
    „Sei nicht ungerecht.“
    „Ungerecht? Du kennst Suzanne nicht!“ Er ging in den Flur und zog seinen Mantel an.
    Hedi folgte ihm. „Ich verspreche dir: Diesmal bin ich noch wach, wenn du wiederkommst.“
    Er strich ihr über die Wange. „Iss was, ja?“
    „Ich glaube nicht, dass ich dem Duft da drin länger als drei Sekunden widerstehen kann.“
    Wolfgang sah sie nachdenklich an. „Eigentlich wollte ich ... Ach, was soll’s.“
    Er ging in sein Schlafzimmer und kam mit einem in Seidenpapier eingeschlagenen Päckchen wieder. „Es wäre schön, wenn’s dir gefiele. Ob du es mir zeigen willst, überlasse ich dir.“
    Neugierig nahm Hedi das Päckchen entgegen. Es war federleicht. „Was soll ich dir denn zeigen?“
    Er lächelte. „Schau halt rein. Ich hoffe, ich bin in spätestens einer Stunde zurück. Bis dann.“
    Hedis Neugier war größer als ihr Hunger. Auf dem Weg zurück ins Wohnzimmer riss sie das Papier ab und öffnete den Karton. Als sie sah, was darin lag, überfiel sie die Erinnerung mit einer Macht, dass sie sich setzen musste.
    Ein doppelsinniges Zahlenspielchen, ein Ausrufezeichen, das Hoffnung gab. Platziert auf den meerblauen Shorts der Titelschönen, gesetzt in gelben Lettern: 6+6 Top-Tipps gegen müde Männer. Wie Sie garantiert neuen Schwung in Ihre Beziehung bringen! Aphrodisische Häppchen und ein rotseidenes Nichts ... Sie hatte sich beim Einkaufen geschämt, die Nachbarin als Babysitter organisiert und eine Stunde lang Schnittchen produziert. Danach verteilte sie Kerzen, legte lauschige Musik auf, wartete und fror. Aber einen Bademantel sollte man ausdrücklich nicht anziehen. Wegen der Überraschung. Und Klaus kam heim und lachte!
    „Wer hat dich denn auf diese verquere Idee gebracht, hm?“
    „Ich denke, Männer stehen auf so was! Aber wenn ich dir nicht mehr gefalle ...“
    Er nahm sie in seine Arme und küsste ihre Tränen weg. „Du Dummerchen. Merkst du denn nicht, wie sehr ich mich nach dir sehne? Der Tod deiner Mutter, die Geburt, deine Traurigkeit ... Ich glaubte, du brauchtest noch Zeit.“
    Sie spürte seine Hände auf ihrer Haut. „Bitte, zieh das aus, ja?“
    Hedi legte das Dessous zurück und schloss die Schachtel. Wenige Worte hätten genügt. Stattdessen hatten sie monatelang unzufrieden nebeneinanderher gelebt, jeder in dem Glauben, es dem anderen schuldig zu sein. Sie sah zur Uhr. Gleich halb elf. Wahrscheinlich fuhr er gerade Streife. Ob er ab und zu an sie dachte? Tränen schossen ihr in die Augen, und plötzlich wusste sie, was sie wollte.

K APITEL 55
    G egen Mitternacht kam Wolfgang zurück. Hedi nahm ihm den Mantel ab und hängte ihn an die Garderobe. „Hast du sie heil nach Hause gebracht?“
    „Ich fresse einen Besen, wenn das keine Absicht war! Warum hast du denn dein Kleid nicht mehr an?“
    „Ich muss mit dir reden.“
    Er folgte ihr ins Wohnzimmer. Die Deckenbeleuchtung brannte, die Kerzen waren gelöscht, Schüsseln und Fleischplatte abgeräumt.
    „Ich habe das Essen für dich warmgestellt“, sagte Hedi. Sie fasste seine Hände. „Bitte, glaube mir. Ich mag dich sehr gern, aber ...“
    „Du willst zu deinem Mann zurück.“
    „Ich war nie wirklich von ihm fort.“
    Er bemühte sich um ein Grinsen. „Tja. Da kann ich wohl nichts machen, oder?“
    „Es tut mir leid, dass ich dir wehtun muss.“
    Er zuckte die Schultern. „Wie sagt man so schön? New game, new luck. Schließlich habe ich einen Ruf zu verteidigen.“
    Hedi ließ ihn los. „Ich hätte nicht herkommen dürfen.“
    Er streichelte ihre Wange.

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