Die Wassermuehle
Schönberg, Voltaire und andere nie gelebt hätten.
So ein paar grundgelehrte Zitate zieren den ganzen Menschen! (Heinrich Heine, Buch Le Grand)
Die Autorin, im Sommer 2000
E INE S CHACHTEL A LLTAG
Interview mit Nikola Hahn
Thoni Verlag: Die Wassermühle erschien erstmals im Jahr 2000. Im Januar 2013 haben Sie den Roman im Thoni Verlag als eBook herausgegeben. Was bedeutet der Zusatz neu bearbeitete und aktualisierte Ausgabe?
Nikola Hahn: Ursprünglich wollte ich nur die Rechtschreibung an die neuen Regeln anpassen, aber ich stellte erstaunt fest, wie sehr sich die Welt in den vergangenen dreizehn Jahren verändert hat. Ich hatte Die Wassermühle seinerzeit als zeitgenössischen Roman konzipiert, und das wurde dann mein Anspruch beim Überarbeiten: die Geschichte aus dem Alltag von heute zu erzählen. Mit einem bisschen Satzkosmetik war es da leider nicht getan.
Thoni: Das heißt konkret?
N.H.: Dass sich nicht nur gewisse „Modeerscheinungen“ überlebt haben, sondern vor allem die Kommunikationstechnik mittlerweile erheblichen Einfluss auf unser Leben nimmt: Telefone standen noch vor einigen Jahren in der Regel als Festanschluss im Flur oder Wohnzimmer; Handys waren Ende der 1990er Jahre, als ich an der Urfassung der Wassermühle schrieb, zwar hier und da genutzte Zusatzkommunikationsmittel, aber keinesfalls ständiger Begleiter aller Altersgruppen, wie es inzwischen der Fall ist. Auch das Internet war nicht so bestimmend wie heute und die Social Media steckten noch in den Anfängen. Es bedurfte also einiger Überlegungen, meine Geschichte in die Jetztzeit zu überführen. Dazu gehörten auch so profane Dinge wie das vor einem Jahrzehnt noch durchgängig übliche Bezahlen per Scheck, die in der Erstfassung noch munter diskutierte Rechtschreibreform oder das Hochkurbeln von Autoscheiben per Hand. Auch gewisse Abläufe in der polizeilichen Arbeit musste ich überdenken und anpassen.
Thoni: Sie haben also tatsächlich ganze Teile des Romans umgeschrieben?
N.H.: Sagen wir so: Ich habe darauf geachtet, die Logik der Geschichte wiederherzustellen. Zum Glück hat Polizist Klaus eine nervige Mutter, die ihn dazu nötigt, sein Handy öfter mal auszuschalten, wenn er Ruhe haben will. Und in der alten Mühle im tiefsten Odenwald ist der Mobilfunkempfang ohnehin bescheiden. Fensterkurbeln gibt es nur noch in Hedis altersschwachem VW-Bus, und die Beförderungssituation bei der hessischen Polizei hat sich für Klaus insoweit verbessert, dass er inzwischen schon zu Beginn des Romans als Oberkommissar Streife fährt. Was wiederum eine Erklärung nach sich zog, warum ihn der Dienststellenleiter trotzdem nicht leiden kann.
Thoni: Haben Sie die Geschichte darüber hinaus auch inhaltlich bearbeitet?
N.H.: Hier und da waren Anpassungen nötig, weil der zeitliche Bezugsrahmen nicht mehr stimmte. So konnte Klaus mit seinen Kindern nicht mehr, wie noch in der Erstausgabe behauptet, im Foyer des Sheraton- Hotels in Offenbach Wasserball gespielt haben, weil der Umbau vom Parkbad zum Hotel zu lange zurücklag, eben in den 1990er Jahren.
Thoni: Jetzt mal ehrlich: Welcher Leser merkt denn das überhaupt?
N.H. (grinst): Wahrscheinlich keiner. Aber ich bin ja in allen meinen Büchern sehr akribisch mit der Recherche. Und wenn ich historisch belegbare Details nenne, sollten sie auch stimmen. Bei einigen Dingen habe ich mir allerdings bewusst ein bisschen chronologische Freiheit erlaubt. Den Altbau des Offenbacher Stadtkrankenhauses (das übrigens auch bald nicht mehr als solches existieren wird, wenn man den Zeitungsberichten glauben kann) habe ich weiterhin „in Nutzung“, ebenso gewisse etwas ältere, aber durchaus heute noch neckisch klingende Zeitungsberichte. Auch der „aus dem Leben gegriffene“ Dialog von Dragan und Alder von anno 1998 und die malenden Katzen, die in den späten 1990ern eine Zeitlang durch die Medienlandschaft geisterten und mich zu Kättaat inspirierten, haben es in die Neuauflage geschafft.
Thoni: Wenn man die alte Printfassung mit der neuen eBook-Variante vergleicht, fällt auf, dass Sie auch an der Sprache gefeilt und die Dialoge gestrafft haben.
N.H.: Das war eine Arbeit, die mir besondere Freude gemacht hat. Die Erstauflage des Romans wurde damals von einer Außenlektorin ohne Rücksprache mit mir und recht oberflächlich bearbeitet. Es hätten durchaus noch die einen oder anderen Streichungen und Glättungen vorgenommen werden können. Das habe ich nun nachgeholt. Andererseits habe ich aber auch
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