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Die Wassermuehle

Die Wassermuehle

Titel: Die Wassermuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikola Hahn
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einhundertundzwölf Zentimeter. Der Griff wird durch den Royal Warrant verziert und ...“
    „Ja, prima. Könnten Sie das Ding bitte als Geschenk einpacken?“
    „Weihnachtlich oder neutral?“
    „Neutral.“
    Der Verkäufer wickelte den Brigg in blaues Papier und verzierte ihn mit einer Schleife. „Eine Tüte, gnädige Frau?“
    „Ja.“
    Er gab ihr den Kassenbon. „Fühlen Sie sich nicht wohl?“
    „Sechshundertachtundneunzig Euro ...?“
    „Zahlen Sie mit Karte oder in bar?“, fragte der Verkäufer sanft.
    Hedi kramte in ihrem Portemonnaie. „Du meine Güte! Ich habe meine Diners Club im Wagen liegenlassen. Bin gleich wieder da.“
    * * *
    Als Klaus vom Spätdienst nach Hause kam, arrangierte Hedi Fichtenzweige in einer Keramikvase. Er stieg über mehrere nach Keller riechende Kartons. „Schon zweimal haben die uns das Fahrrad geklaut, aber das Zeug nehmen nicht mal Offenbacher Verzweiflungseinbrecher mit.“
    Hedi sah ihn missmutig an. „Wenn ich gewusst hätte, dass du heute pünktlich kommst, hättest du mir beim Tragen helfen können.“
    Er küsste sie auf die Wange. „Von mir aus kann Weihnachten ausfallen. Und Advent gleich mit.“
    Hedi packte eine Schachtel mit Glaskugeln aus. Klaus grinste. „Wir sollten Christoph-Sebastian für nächste Woche einladen.“
    „Aber sicher. Ich erlaube dem kleinen Hosenscheißer gern, mit dem Hochzeitspräsent meiner Schwiegermama Fußball zu spielen.“
    Klaus sah zu, wie Hedi die Kugeln an den Zweigen befestigte. „Mutters chinesische Bodenvase ist, objektiv betrachtet, kaum hässlicher als goldfarbene Christbaumkugeln.“
    Hedi warf die leere Schachtel auf den Boden. „Deine Mami hat ja auch einen erlesenen Geschmack! Einfach strukturierte Krankenschwestern sind dagegen allenfalls für Kitsch zu begeistern!“
    „Was bist du denn schon wieder so gereizt, hm?“
    „Das Geschenk für deinen Bruder darfst du selber besorgen.“
    „Es kann nicht allzu schwer sein, einen Regenschirm zu kaufen, oder?“
    „Wenn du mal eben ein halbes Monatsgehalt erübrigen kannst: Kein Problem!“
    Klaus fing an zu lachen. „Hat Anette dich etwa in einen dieser Schickimicki-Läden geschickt, in denen schon das Luftholen Geld kostet?“
    „Ich finde das nicht komisch!“
    „Warum lässt du dir eigentlich von ihr so den Schneid abkaufen, hm?“
    Hedi wandte ihm abrupt den Rücken zu und hängte Lametta in die Zweige. „Du hast gesagt, dass ich sie anrufen soll.“
    „Das meine ich nicht.“
    Sie zuckte zusammen, als sie seine Hände spürte. Er küsste sie sanft auf den Hals. „Anette ist nicht viel mehr als ein hübscher Kleiderständer und Bernd ein Opportunist, solange ich ihn kenne. Daran ändert auch die protzigste Villa nichts.“
    Hedi drehte sich zu ihm um. „Tante Juliette hat uns für den ersten Weihnachtsfeiertag zum Essen eingeladen.“
    „Oh. Schön. Wissen es die Kinder schon?“
    „Ich denke nicht daran, sie um Erlaubnis zu fragen.“
    Er spielte mit ihrem Haar. „Und wenn ich Dienst habe?“
    „Du hast keinen.“
    „Nur für den Fall, dass jemand aus der B-Schicht krank wird.“
    „Du willst bloß nicht zu Tante Juliette.“
    „Ich will vermeiden, dass sie sich unnötige Umstände macht. Sie ist nicht mehr die Jüngste.“
    Hedi sah zur Uhr, legte das restliche Lametta beiseite und ging in den Flur. Sie zog ihre Jacke an.
    Klaus kam ihr nach. „Wo willst du hin?“
    „Bin ich dir über alles Rechenschaft schuldig?“
    „Na, sag schon: Welche Laus ist dir noch über die Leber gelaufen, hm?“
    „Als wenn dich das interessieren würde, so selten, wie du zu Hause bist!“
    Er nahm ihre Hände. „Was soll das, Hedi? Ich arbeite nebenbei für Tachnon, damit wir irgendwann aus dieser Kaschemme rauskommen, und du machst mir Vorwürfe.“
    „Hast du mit deiner Mami telefoniert? Hat sie dich endlich davon überzeugt, dass du was Besseres verdienst?“
    Er ließ sie los. „Du warst es, die gesagt hat, dass sie keine Lust hat, länger hier zu wohnen.“
    „Ist das ein Wunder? Die Fenster sind vergammelt, von der Decke rieselt der Putz, und von den Türrahmen blättert die Farbe.“
    „Du übertreibst.“
    „Und du drehst mir jedes Wort im Mund herum.“
    „Mach dich nicht lächerlich.“
    „In diesem Haushalt gibt es nichts zu lachen.“
    „Die Freundschaft mit deiner vornehmen Künstlerin bekommt dir wohl nicht.“
    „Du kannst mich mal!“ Hedi drehte sich um und ging. Dass sie heute ihren Töpferkurs hatte, war ihrem Mann natürlich

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